Dank großer SpendeRösrather Freikirche hat nun eine eigene Kirche in Overath

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Froh stehen sie vor ihrer neuen Kirche: (v.l.) Ralf Malisch, Pastor Andreas Siemens und Bernhard Happel. Für 600 000 Euro konnte ihre freikirchliche Gemeinde das Gebäude der evangelischen Kirchengemeinde Overath abkaufen.

Froh stehen sie vor ihrer neuen Kirche: (v.l.) Ralf Malisch, Pastor Andreas Siemens und Bernhard Happel. Für 600 000 Euro konnte ihre freikirchliche Gemeinde das Gebäude der evangelischen Kirchengemeinde Overath abkaufen.

Overath/Rösrath – Es war kein leichter Weg für Ralf Malisch, Pastor Andreas Siemens, Bernhard Happel und die übrigen Mitglieder der „Evangeliumsgemeinde für Rösrath“: Der Weg, der sie von ihrem kleinen Versammlungsraum, einem alten Schulpavillon im Freiherr-vom-Stein-Schulzentrum in Rösrath, vor zwei Jahren zuerst beinahe in die Obdachlosigkeit, dann aber in eine Kirche im benachbarten Overath geführt hat – zuerst als Untermieter, jetzt auch als Eigentümer.

Kommenden Sonntag feiert die kleine Gemeinde, die sich inzwischen in „Freikirche Overath“ umbenannt hat, die Einweihung ihrer Kirche. Das Bauwerk, errichtet Mitte der 1960er-Jahre, war seit Jahrzehnten als evangelische Friedenskirche von Neichen bekannt. Es ist eine beinahe biblische Geschichte. Traurig für die bisherigen Hausherren, die sich kleiner setzen mussten, weil die großen Kirchen schrumpfen, aber eine frohe Botschaft für die Freikirchler. Pastor Siemens hat sie für seine Gemeinde aufgeschrieben, mit religiöser Inbrunst und vielen Bibelzitaten. Jetzt erzählt er sie auch der breiten Öffentlichkeit, gottesfürchtig und augenzwinkernd-humorvoll zugleich, und damit kann er auch kirchenferne Menschen anrühren.

Miete für Gemeindehaus in Rösrath wurde gekündigt

Ihre kleines Gemeindehaus in Rösrath haben die 40 Gemeindemitglieder vor zwei Jahren keineswegs freiwillig verlassen, vielmehr hatte ihnen die Stadt Rösrath die Kündigung ins Haus geschickt. Im Zusammenhang mit der sich zuspitzenden Flüchtlingskrise brauchte die Stadt 2015 dringend Raum, um Menschen darin unterzubringen . „Wir hatten immer ein gutes Verhältnis zur Rösrather Stadtverwaltung. Der Bürgermeister mochte uns“, erinnert sich Siemens. Aber der Verwaltungschef befand sich in der Klemme.

Ganz schnell musste der Auszug am Ende gehen, und Licht am Horizont gab es zunächst nicht. Würde die 40-köpfige Gemeinde obdachlos werden? Gottesdienste im Wald feiern müssen wie einst die Christen in der Sowjetunion? Würde die Gemeinde zerfallen? Siemens: „Wir haben in der Zeit viel gebetet, wir haben gefragt: »Gott, was machst Du?«“

Am 31. Oktober 2015 musste die Gemeinde ihre bisherige Bleibe verlassen. Eine Tag davor hatte der Pastor eine gute Idee. Beziehungsweise, so sagt er es selbst, gab ihm Gott einen wunderbaren Gedanken, indem er ihn an etwas erinnerte: „Gott sagt in Hebräer 11,6, dass wir ihm nur mit Glauben gefallen können.“ Und so schlug Siemens seiner Gemeinde vor, dass „wir ein Einweihungsfest planen, ohne zu wissen, wo wir einen Raum dafür bekommen.“

Schlechte Erfahrungen an anderen Orten gemacht

Zur sportlichen Herausforderung wurde dieser gottgefällige Plan dadurch, dass das Fest schon am 14. November stattfinden sollte – ohne dass die Gemeinde einen blassen Schimmer hatte, wie sie das stemmen sollte.

Knapp zwei Jahre später, an einem Freitagabend im September 2017, sitzen Siemens, Happel und Malisch mit einem Redakteur der Lokalzeitung zusammen und erzählen ihre Geschichte. Im vormaligen Jugendraum gibt es Kaffee und einen leckeren Schokoladenkuchen, den die Frau des Pastors gebacken hat. In anderen Räumen arbeiten Handwerker. Mit der Einladung zum Gespräch haben die Freikirchler lange gewartet. Schlechte Erfahrungen von Glaubensbrüdern im Umgang mit Medien andernorts hätten ihn vorsichtig werden lassen, sagt Siemens. Doch am Ende haben sich die Freikirchler dazu entschieden, die Overather wissen zu lassen, wer sie sind.

An diesem Freitagabend fragt Pastor Siemens mit Bezug auf seinen Einweihungsplan aus dem Oktober 2015: „Ist es Verzweiflung oder ist es Glaube, in einer Situation, in der uns das Wasser bis zum Hals stand, so zu sprechen?“ Denn seine Gemeinde hätte schließlich auch antworten können: »Andreas, du hast ja einen an der Waffel.«“

Kirche konnte durch Spende gekauft werden

Das hat sie aber nicht, und danach ging alles Schlag auf Schlag: Ein Freund aus Hoffnungsthal gab ihm den Rat, bei der evangelischen Kirche in Overath anzufragen, ob sie dort unterkommen könnten, Gesagt, getan. Einen Tag vor dem Auszug teilte ihm die Pfarrerin der Friedenskirche, Martina Palm-Gerhards, mit, dass das Presbyterium grünes Licht gegeben habe, und so klappte es auch mit dem „im Gebet mit dem Herrn abgesprochen“ Plan mit der Einweihungsfeuer am 14. November 2015. Siemens: „Irgendwie liebt unser Herr es, wenn uns das Wasser bis zum Halse steigt, um unseren Glauben zu prüfen.“

Schlag auf Schlag ging es weiter: Ein Architekt forderte Siemens auf: „Kaufen Sie doch die Kirche.“ Da die Gemeinde aber gerade einmal zehn Prozent des geforderten Kaufpreises von 700.000 Euro aufbringen konnte, wurde das erst einmal nichts. Auch die 350.000 Euro, die die Freikirchler schließlich anboten, waren zu wenig.

Als dann stattdessen ein öffentliches Bieterverfahren bereits begonnen hatte, meldete sich ein 86-jähriger Bekannter, den Siemens seit 16 Jahren nicht mehr gesehen hatte, am Telefon und überraschte ihn mit den Worten: „Gott hat mir im Leben viel Geld geschenkt, und er hat mir aufs Herz gelegt, ihm etwas davon zurückzugeben.“ Da sich das „Etwas“ auf 300.000 Euro belief, erhöhte die Gemeinde ihr Angebot auf 600.000 Euro und bekam den Zuschlag. Die restliche Finanzierungslücke konnte durch weitere Spenden fast gedeckt werden, den letzten Rest, die Nebenkosten, übernahm nach einem einstimmigen Presbyteriumsbeschluss die Evangelische Kirchengemeinde Overath. Siemens: „So sehr war ihnen daran gelegen, dass das Gotteshaus bei Christen bleibt.“

Die öffentliche Einweihungsfeier am kommenden Sonntag, 8. Oktober, 10.30 Uhr, steht unter dem Motto „Kirche im neuen Licht“.

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