Die Stadt habe bei der Bewertung die persönliche Situation des Eigentümers übersehen: Seine Mutter wohne in dem Haus.
UrteilStadt Overath muss über Duldung eines Schwarzbaus nachdenken

Die Stadt muss die Lebensumstände eines Anwohners der Schwarzbauten in der Klef neu bewerten.
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Was wiegt mehr: geltendes Recht umzusetzen oder die Lebensgrundlage von Privatpersonen zu erhalten? Mit dieser Frage sah sich die Stadt Overath vor gut drei Jahren konfrontiert und sie kommt auch jetzt wieder auf.
Damals sind nach 25 Jahren die Duldungsvereinbarungen von zwölf Häusern in der Klef ausgelaufen, die dort seit den 1930er Jahren entstanden waren. Das Problem: Für die Gebäude oder Erweiterungsbauten auf den Grundstücken liegen keine Baugenehmigungen vor (wir berichteten). Damit sind sie illegal gebaut worden. Das sei das erste Mal 1998 aufgefallen und schon damals sei klar gewesen, dass es keine Möglichkeit gibt, die Bauten zu legalisieren. Die einzige Möglichkeit, die Bewohnerinnen und Bewohner nicht aus ihren Häusern zu werfen, sei eine Duldung gewesen. Die hatte die damalige Stadtverwaltung gleich über 25 Jahre ausgestellt.
Stadt Overath berücksichtigt persönliche Umstände
Duldungsvereinbarungen über mehr als 20 Jahre seien juristisch äußerst ungewöhnlich, sagte der Erste Beigeordnete Thorsten Steinwartz. Schon vor drei Jahren seien er und Bürgermeister Christoph Nicodemus (parteilos) über diesen Zeitraum gestolpert. Da die Stadt verpflichtet sei, geltendes Recht einzuhalten, habe sie 2022 jeden einzelnen Fall geprüft und geschaut, „wo nach unserem Dafürhalten eine weitere Duldung möglich ist“, schilderte Steinwartz.
Das habe von wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Faktoren abgehangen. Die Entscheidung, wer sein Haus wann abreißen muss, hätten sich Steinwartz und Nicodemus nicht einfach gemacht: „Wir haben viele schwierige Gespräche geführt. Es macht keinem hier Spaß, über die Lebensgrundlagen der Menschen zu entscheiden“, sagte der Beigeordnete. So haben einige Eigentümer eine weitere Duldung über rund zehn Jahre erhalten. Wenn diese ausgelaufen ist, müssen die Bewohner ihre Häuser auf eigene Kosten abreißen.
40.000 Euro Sicherheit für Abriss der Schwarzbauten
Etwas kurios mutet eine Klausel im Duldungsvertrag an, auch wenn der Hintergrund einleuchtet: Damit die Allgemeinheit nicht auf den Kosten für den Abriss sitzenbleibt, falls sie vor Ablauf des Vertrags sterben, mussten die Eigentümer rund 40.000 Euro als Sicherheit hinterlegen. Damit entfällt für die Bewohner, die ihre Häuser teilweise als Altersvorsorge gebaut hatten, nicht nur diese finanzielle Sicherheit, sie gehen sogar mit einem Minus aus der Sache hinaus.
Steinwartz verstehe, dass dies eine unbefriedigende Lösung für die Anwohnenden ist. Auf der anderen Seite müsse die Stadt aber auch alle Bürgerinnen und Bürger gleich behandeln. „Wenn wir bei den einen ein Auge zudrücken und die Häuser ohne Baugenehmigung akzeptieren, fragen sich die übrigen Einwohner auch, wieso sie sich an alle Vorgaben halten müssen und andere nicht“, meinte er.
Overath hat nicht alle Anwohnenden gleich behandelt
Gleichbehandlung habe hingegen aber bei der Beurteilung eines Anwohners der Klef gefehlt. Das hat ein Richter des Kölner Verwaltungsgerichts jetzt entschieden. Der Betroffene, der selbst für ein Gespräch mit dieser Zeitung nicht zur Verfügung stand, hatte sich wegen mehrerer Häuser in der Siedlung mit der Stadt vor Gericht auseinandergesetzt. Das Gericht habe bestätigt, dass zwei der Gebäude illegal sind und auch nachträglich keine Baugenehmigung bekommen können. Allerdings müsse der Anwohner nur eins von ihnen in den nächsten sechs Monaten abreißen, berichtete Steinwartz.
Im Fall des zweiten Hauses habe die Verwaltung die persönlichen Umstände des Eigentümers nicht ausreichend berücksichtigt. In diesem lebe nämlich die über 80-jährige kranke Mutter des Klägers. Da die Verwaltung bei ähnlichen Schicksalen in der Nachbarschaft einer weiteren Duldung zugestimmt hat, müsse sie auch in diesem Fall darüber nachdenken, den Schwarzbau für eine begrenzte Zeit weiterhin zu dulden. „Was wir in diesem Fall tun können, müssen wir besprechen, wenn das Urteil schriftlich bei uns eingegangen ist“, sagte Steinwartz. Er rechne damit, dass es in den nächsten ein bis zwei Wochen zugestellt wird.
Auch der Anwalt des Betroffenen gab gegenüber dieser Zeitung kein ausführliches Statement zum Ausgang der Verhandlung ab, bewertete das Ergebnis aber als teilweisen Erfolg.
Ein Nachbar aus der Klef äußerte sich gegenüber der Redaktion allerdings zu dem Prozess. Das Gericht habe früh festgelegt, dass gleiches Recht für alle gelten sollte und der Betroffene habe kein vergleichbares Angebot bekommen, wie Anwohnende in ähnlichen Situationen. Der Nachbar meinte: „Zu dem Prozess hätte es daher gar nicht kommen müssen.“