TierschutzEin Herz für Rinder

Kühe suchen einen Paten.
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Overath – Sie heißen Dolly, Elli, Erika oder Oceana. Sie sind einigen Menschen ans Herz gewachsen. Dabei haben sie keinen besonderen Nutzwert mehr, jedenfalls nicht lebend. Das ist bei Kühen gemeinhin ein Problem. Was mal eine zuverlässige Milchkuh war, landet in solchen Fällen meist im Schlachthof. Doch Dolly, Elli und ihren zwei Dutzend Artgenossinnen scheint dieses Schicksal erspart zu bleiben. Die „Kuhrettung Rhein-Berg“ hat sich ihrer angenommen und bei Landwirt Matthias Müller aus dem kleinen Nest Falkemich bei Overath offene Türen eingerannt.
Die Milchwirtschaft, die Müller jahrelang betrieben hat, lohnt sich nicht mehr. Schuld ist der Milchpreis, der so tief im Keller ist, dass nicht mehr kostendeckend gearbeitet werden kann. Müller, der längst auf Pferdepension umgesattelt hat, hätte seine Kühe an einen örtlichen Viehhändler verkaufen und einen fünfstelligen Betrag dafür bekommen können.
Die Muttertiere sind seit Sommer 2011 nicht mehr gedeckt worden und geben keine Milch mehr. Doch so einfach geht das alles nicht. „Da sind Emotionen im Spiel. Der Bauer ist ein netter Mensch. Er hat sich an die Kühe gewöhnt, kennt ihre Eigenarten und ihren Charakter“, sagt Helga Lammerich aus Siegburg. Sie ist über das Internet auf den Fall aufmerksam geworden und darf sich jetzt Patin nennen. Denn mit zehn Euro im Monat ist man schon dabei. Auch wenn das Patenkind dann vier Beine hat und niemals Tante sagen wird, sondern höchstens „Muh“.
Die „Kuhrettung Rhein-Berg“ umfasst Tierschützer, Freunde und Nachbarn gleichermaßen. Es sind sehr mitfühlende Menschen, die den Kühen gerne ein schönes Leben ermöglichen möchten, bis sie vielleicht an Altersschwäche sterben. Oder an einer anderen natürlichen Todesursache – jedenfalls nicht durch den Schlachter.
Anke Heublein aus Overath, die 1. Vorsitzende der Kuhretter, hat das Ziel, alle Müllerschen Kühe vor dem Schlachthof zu bewahren: „Es wäre furchtbar, wenn wir eine Auswahl treffen müssten, weil wir nicht alle Tiere halten können.“ Man will sich auch jedes Jahr einmal zum Hoffest treffen. Der Internet-Auftritt der Kuhfreunde ist allerliebst. Mit Hilfe des Bauern Matthias Müller beziehungsweise seines Sohnes wird jede Kuh mit Bild und Charakter-Eigenschaften vorgestellt. Netti zum Beispiel sei „eine besonders neugierige Kuh, die einem gerne nachläuft“. Oder Omama, „die Mutter von Onni und Ria“: Sie ist eine sehr reinliche Kuh, die im Stall oft die Kratzbürste benutzt. Wer es gerne etwas wilder mag, kann auch Pate von Oceana werden: „Sie ist die verrückteste Kuh des Stalls und sehr verfressen.“
Als „Lebenshof“ für die Tiere soll weiterhin ihr jetziges Domizil in Falkemich dienen. Es sei der erste Schutzhof dieser Art in NRW, sagt die Vorsitzende. Eine Patenschaft beinhalte auch regelmäßige Informationen über die Tiere per Internet, ein Besuchsrecht auf dem Hof und eine Urkunde „auf Wunsch mit Foto“. Die Tierschützer rechnen mit Kosten von 100 Euro pro Monat und Kuh für Futter und Pflege. Bauer Matthias Müller findet die Aktion wunderbar: „Ich habe genug Platz für Pferde und Kühe und hätte es nur schwer übers Herz gebracht, auch nur eines der Tiere wegzugeben. Irgendwie gehören sie doch zur Familie.“ www.kuhrettung.de