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Polizei-MascheRösratherin rettet 40.000 Euro in letzter Minute vor Betrug

Lesezeit 4 Minuten
Die 86-jährige Gundula G. telefoniert an ihrem Schreibtisch.

Gundula G. ist beinahe einem Schockanruf zum Opfer gefallen.

Falsche Polizisten jagten die 86-jährige Gundula G. durch Rösrath bis nach Köln-Porz, um an das Geld zu kommen.

Es ist kalt draußen, als bei Gundula G. (Name geändert) das Telefon klingelt. Angeblich ist die Polizei am Hörer: „Ihr Sohn hat einen schweren Verkehrsunfall verursacht, bei dem ist ein Kind verletzt worden. Haben sie Bargeld zuhause?“ Tatsächlich hat Gundula G. 40.000 Euro zuhause und fährt mit ihrem Auto los, um ihren Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren. Der Gedanke, dass es sich um eine Betrugsmasche handeln könnte, kommt ihr erst kurz vor der Übergabe. „Das war das Schlimmste, was mir je passiert ist“, sagt die 86-jährige Rösratherin.

Fälle wie diese, bei denen insbesondere Senioren betrogen werden, häufen sich seit Jahren. Erst vor rund einer Woche ist eine ähnliche Situation einem Seniorenehepaar aus Bergisch Gladbach widerfahren, sie übergaben Wertgegenstände im sechsstelligen Bereich an die falschen Polizisten. „Wenn ich von jemand anderem diese Geschichte höre, ist es leichter, den Betrug zu erkennen“, erklärt Gundula G. „Doch wenn es einem selbst passiert…“

Ich war wie in einem Tunnel. Ich dachte nur: Mein Sohn hat nicht mal einen Führerschein, wie ist dieser Unfall nur passiert?
Gundula G., Betrugsopfer

Aber alles auf Anfang: Der Anruf, der Gundula G. fast 40.000 Euro, die sie für die Renovierung ihres Badezimmers nutzen wollte, gekostet hätte, kam im Januar dieses Jahres. Am Telefon meldete sich ein vermeintlicher Polizist, der ihr von einem Verkehrsunfall berichtete. „Er sagte, mein Sohn hätte ein dreijähriges Kind angefahren und es hätte eine Überlebenschance von 30 Prozent. Da wurde mir ganz anders“, sagt sie. Die Rösratherin sollte dem Mann ihre Handynummer geben und, sobald er sie anruft, auf keinen Fall auflegen. Gesagt und tatsächlich getan. Dann verlangte der Polizist Geld von der Seniorin und schickte sie zu ihrem Auto. „Das Geld sollte an eine Anwaltskanzlei namens Meier gezahlt werden, damit mein Sohn nicht ins Gefängnis muss“, sagt die 86-Jährige. Warum ihr bei der Geschichte nicht mulmig wurde? „Ich war wie in einem Tunnel. Ich dachte nur: Mein Sohn hat nicht mal einen Führerschein, wie ist dieser Unfall nur passiert?“

Zu einem Übergabeort sollte sie die 40.000 Euro bringen, die sie zuhause aufbewahrt hatte. Dafür schickte der Anrufer sie zunächst quer durch Königsforst, erzählte ihr, das angefahrene Kind habe im OP einen Herzstillstand gehabt. Gundula G., so erzählt sie es, habe noch nie so viel Angst und Sorge verspürt. „Ich zittere noch heute, wenn ich darüber spreche.“

Nach dreieinhalb Stunden war die Hetzjagd vorbei

Die Hetzjagd führte sie bis nach Porz, wo sie orientierungslos umherfuhr. „Ich wusste überhaupt nicht mehr, wo ich bin.“ Die ganze Zeit sprach sie mit dem vermeintlichen Polizisten, sollte weiterhin nicht auflegen. Erst als sie einen weiteren Anruf erhält, wird ihr so langsam klar, was vor sich geht. „Ich stand irgendwo in Porz und da ruft mich die Anwaltskanzlei Jonson an. Und ich dachte mir: Moment mal, hießen die nicht eben noch Meier? In der Sekunde ist mir ein Licht aufgegangen.“

Gundula G. legte auf und rief sofort ihren Sohn an. Der sagte ihr, es habe keinen Unfall gegeben und sie solle sofort „da abhauen“, bevor die Betrüger sie ausrauben. Er habe laut der Rösratherin noch die Polizei in Porz angerufen, die hätten jedoch keinen Polizisten zur Verfügung gehabt. „Es wusste ja auch niemand, wo ich bin. Auch ich selbst nicht. Ich habe trotzdem auf meinen Sohn gehört und bin einfach losgefahren“, sagt die 86-Jährige.

Ich kann nur sagen: Wenn Sie jemand anruft und sagt, sie sollen auf keinen Fall auflegen, dann müssen sie sofort auflegen. Lassen Sie sich nicht auf die ein.
Gundula G., Betrugsopfer

Sie sei „glücklicherweise“ bei einem ihr bekannten Möbelgeschäft vorbeigekommen. Auf dem Parkplatz habe sie dann auf ihre Familie gewartet. Ihr Sohn, ihre Nichte und ihre Enkel hätten sie dort abgeholt. Die Übergabe war nach dreieinhalb Stunden geplatzt. Wieder zuhause, alarmierte Gundula G. die Polizei vor Ort. Die hätten festgestellt, dass einige der Nummern, von denen aus die Rösratherin Anweisungen erhalten hatte, auch aus dem Ausland kamen. Nachverfolgen konnte sie die Polizei laut Gundula G. nicht, das Verfahren sei eingestellt worden.

„Heute würde mir so etwas nicht noch einmal passieren“, sagt die Rösratherin. Ihrer Meinung nach fehle es noch immer an Aufklärung. Auch, weil es oft die Älteren treffe, die noch im Telefonbuch ständen. „Ich kann nur sagen: Wenn Sie jemand anruft und sagt, sie sollen auf keinen Fall auflegen, dann müssen sie sofort auflegen. Lassen Sie sich nicht auf die ein.“