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ParteitagGrüne erfinden sich neu

Lesezeit 4 Minuten

Der neue Vorstand der Grünen (von links): Beisitzerin Martina Büttgen, Parteisprecherin Saskia Hirsch, Kassierer Paul Handeck, Parteisprecher Ewald Wienand und Beisitzer Tom Schnauder.

Bedburg – Gut zwei Monate vor der Kommunalwahl haben die Bedburger Grünen nicht nur ihre Kandidaten für den Stadtrat nominiert, sondern sich quasi selber neu erfunden: Auf einem denkwürdigen Parteitag in der Kindertagesstätte Pusteblume in Lipp wählten die Mitglieder, die der Partei überwiegend erst kürzlich beigetreten sind, neben den Wahlbewerbern auch einen komplett neuen Ortsverbandsvorstand. Keinen Platz mehr gab es für Partei-Urgestein Michael Zöphel. Ein überraschendes Comeback feierte hingegen dessen alter Widersacher Jochen vom Berg.

Die Direktkandidaten der Bedburger Grünen für die Stadtratswahl am 25. Mai:

Rath/Gommershoven: Paul Handeck; Kirdorf: Dorothee Wevers-vom Berg; Blerichen I: Jochen vom Berg; Blerichen II: Janinia Pier-Sekul; Bedburg I: Jürgen Czekala; Bedburg II: Gabriela Leibl; Bedburg III und Broich: Hans Dieter Nyga; Bedburg IV und Teile von Lipp: Janne Niclas Wienand; Lipp/Millendorf: Kirstin Köcher; Kaster I: Ruprecht Stempell; Kaster II: Volker Hamacher; Kaster III: Stefanie Hager; Kaster IV: Lilly Stempell; Königshoven I: Saskia Hirsch; Königshoven II und Pütz: Martina Büttgen; Kirch-/Grottenherten I: Beatrix Wienand, Kirch-/Grottenherten II: Ewald Wienand; Kirch-/Kleintroisdorf: Thomas Schnauder.

Zöphel, der die Grünen jahrelang fast im Alleingang über Wasser gehalten, sorgte gleich zu Beginn für den Paukenschlag des Nachmittages: Bevor die Mitgliedschaft ihn ausbooten konnte, verließ Zöphel enttäuscht die Versammlung und sprach anschließend von einer „eher feindlichen als freundlichen Übernahme.“

Was war passiert? Zöphel, der seit 1999 bei den Bedburger Grünen Ortsverband mitmischt, fungiert derzeit noch als Einzelvertreter im Stadtrat und leitete bis vorgestern auch den kleinen Ortsverband. Vorstandswahlen hatte es allerdings seit 2009 aus Mangel an Interessenten nicht mehr gegeben. Mit kaum einem halben Dutzend Mitstreitern sorgte Zöphel dafür, dass die Grünen präsent blieben.

Im Spätsommer 2012 begann sich das Blatt zu wenden: Aktivisten der Bürgerinitiative Generation Bedburg, die gegen die Ausdehnung des Gewerbegebietes Mühlenerft in Richtung Alt-Kaster kämpfen, entdeckten die Grünen für sich. Nach und nach traten mehrere Anhänger der Generation Bedburg in den Ortsverband ein, und auch einige Alt-Grüne kehrten zurück, so dass die Partei wieder 13 Mitglieder zählt. Zunächst schien sich das Miteinander aus alt und neu gut zu entwickeln. Doch dann taten sich Gräben auf. Das gipfelte darin, dass die neue Mehrheit Zöphel den in Aussicht gestellten vorderen Listenplatz für die Stadtratswahl doch nicht mehr zustehen wollte.

Als ihm dann auch noch eröffnet wurde, dass statt seiner ausgerechnet Jochen vom Berg weit oben kandidieren soll, war für Zöphel das Maß voll. Denn mit vom Berg, der in den 1980er Jahren zu den ersten Grünen in Bedburg gehörte, hat Zöphel schon manches Sträußchen ausgefochten. Der Zwist endete mit vom Bergs Parteiaustritt. Eine Wiederaufnahme hat der Kreisverband abgelehnt. So ist vom Berg momentan parteilos, hat aber einen weiteren Antrag auf Wiederaufnahme gestellt: „Ich hoffe, es klappt, denn ich bin richtig heiß darauf, wieder Politik zu machen.“

Zöphel, der sich nun aus der Bedburger Lokalpolitik zurückziehen will, wirft dem neuen Team“ hingegen wörtlich „Unterwanderung“ vor: „ Ich habe meine Zweifel, dass alle diese Neu-Mitglieder wirklich Grüne aus Überzeugung sind.“ Das sieht die Kreisvorsitzende Anna Stenz anders. „Wir haben gemeinsam am grünen Wahlprogramm für Bedburg gearbeitet und dabei gute Ergebnisse erzielt. Auf mich machen die neuen Mitglieder durchaus den Eindruck, dass sich mit den Grundsätzen der Grünen identifizieren.“

Pure Harmonie

So herrschte denn auch pure Harmonie, nachdem Zöphel gegangen war. Einstimmig wurde die 38-jährige Architektin Saskia Hirsch – Generation-Bedburg-Aktivistin aus Alt-Kaster und Grünen-Parteimitglied seit September 2012 – zur neuen Ortsverbandssprecherin gewählt. Gleichberechtiger Sprecher ist der 56-jährige Krankenpfleger Ewald Wienand aus Kirchherten, ein 2013 wieder eingetretener Ur-Grüner aus den 1980er Jahren. Zum Kassierer wurde Paul Handeck gewählt, als Beisitzer fungieren Martina Büttgen und Tom Schnauder.

Anschließend wurden die 18 Direktwahlbezirke für den Stadtrat problemlos mit Kandidaten besetzt (siehe Infobox). Tatsächlich in den Rat einziehen können die Grünen aber wohl nur über die Reserveliste. „Drei Plätze im neuen Rat wären eine optimales Ergebnis“, sagt Gabriela Leibl. Die 48-jährige Kommunikationsexpertin aus Alt-Kaster, bisher vor allem als Sprecherin der Generation Bedburg bekannt, ist Spitzenkandidatin der Bedburger Grünen für die Stadtratswahl – und das, obwohl sie erst seit Februar Parteimitglied ist und keine Erfahrung in kommunalpolitischer Gremienarbeit vorweisen kann. Auf den weiteren Plätzen der Reserveliste treten Jochen vom Berg, Ruprecht Stempell, Paul Handeck und Janina Pier-Sekul an.

Als Bürgermeister-Kandidaten haben die Grünen wie angekündigt SPD-Mann Sascha Solbach gewählt.