Auch um die Festnahme von Tätern ging es für die Einsatzkräfte des Planspiels. Vom Einsatz in einem Club haben sie kurz vorher erfahren.
Gegen MenschenhandelPolizei, Ermittler und NGOs proben in Brühl die Rettung von Opfern

Wenige Sekunden nach dem Zugriff auf den Dirty Little Secret Club haben die Einsatzkräfte mutmaßliche Verbrecher und ihre Opfer festgesetzt.
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Mit gezogenen Schusswaffen dringen Einsatzkräfte der Polizei durch die Tür in den Dirty Little Secrets Club ein. Es dauert nur wenige Sekunden bis die laute Barmusik verstummt. Im farbigen Schummerlicht drücken wenig später Polizeibeamte in schwerer Montur mutmaßliche Verbrecher des internationalen Menschenhandels gegen die Wände.
Brühl: Einsatz in einem Club
Im Flur und einem Hinterzimmer mit einem Bett haben sie Frauen festgesetzt, die hier möglicherweise der Prostitution nachgehen. In die eingefrorene Szene im Nachtklub dürfen am Freitagvormittag Kamerateams und Reporter auf Einladung der Moderatorin Christine Reinig folgen, um Aufnahmen vom Geschehen zu machen.
Ermittler der Kriminalpolizei, Sozialarbeiter und Mitarbeiter von NGOs betreten wenig später den Klub. Ihnen geht es um Beweissicherung und darum, möglichen Opfern Schutz und Obhut zu gewähren. Vom bevorstehenden Einsatz im Club haben die Einsatzkräfte des Planspiels erst eine Viertelstunde vorher in der Kommandozentrale erfahren, besetzt mit internationalen Ermittlern.

Schauspieler aus Italien bereiteten sich auf ihr Rollenspiel bei der Großübung vor.
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Auf Rollen als Opfer und Kriminelle hätten sich Schauspieler, Studenten an der Universität in Padua, wochenlang vorbereitet, schildert Shawn Kohl, der Direktor des European Anti-Trafficking Program, EATP. Echt hingegen seien Polizeibeamte, Ermittler, Staatsanwälte, Anwälte, Mitarbeitende von Migrationsbehörden und Arbeitsinspektoren, Sozialarbeiterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen.
Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 20 Nationen folgten eine Woche lang einem rund 150-seitigen Drehbuch zu einer internationalen Übung zur Bekämpfung des Menschenhandels. Ziel der Übung sei beispielsweise eine schnelle Identifizierung der Opfer, erläutert Shawn Kohl. Bei einer Razzia würden die Leute nicht auf Polizeibeamte zukommen, mit den Worten, sie seien die Täter oder aber die Opfer.
Brühl: Signale erkennen
Dementsprechend seien die Räumlichkeiten im LAFP NRW, dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW, eingerichtet. Er zeigt sorgfältig in Szene gesetzte Unterkünfte von Arbeitern einer Autowaschstraße, mit mehr oder weniger subtilen Hinweisen auf die Stellung ihrer Bewohner. Die Signale müssen Einsatzkräfte erkennen lernen, so Kohl.
In anderen Räumen geht es um den Umgang mit Krisensituationen der oftmals traumatisierten Opfern des Menschenhandels. In einer Kommandozentrale arbeiten viele am Fortgang des Rollenspiels. Hier trifft man beispielsweise auf die Isländerin Alda Johannsdottir, als eine der Autorinnen des Scripts.
Caroline Busse, Ermittlerin von der Kriminalpolizei in Düsseldorf, erhofft sich vor allem den Aufbau von Vertrauen in ein internationales Netzwerk von Kollegen. Das könne am Ende entscheidend sein, um den Opfern ein angemessenes Verfahren zuteil kommen zu lassen, und ihnen vielleicht ein neues Leben zu ermöglichen, so Busse.
Auf 2,2 Millionen schätzen Jean-Benoit Manhes, der stellvertretende Koordinator der OSZE zur Bekämpfung des Menschenhandels, und Shawn Kohl die Zahl der Opfer des Menschenhandels in Europa, der vor allem zwischen dem Westen und dem Osten über Länder wie Polen, Rumänien und Bulgarien stattfinde. Menschen, die in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen landeten oder der Prostitution. Weltweit erfasse der Global Slavery Index 30 Millionen betroffene Menschen, sagt Kohl.

