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Privat vegan, im Job mit FleischBrühler Koch über Zwiespalt in Kölner Sterne-Küche

Lesezeit 4 Minuten
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Jacob Christensen macht eine Ausbildung im „Ox&Klee“.

  • Jacob Christensen wird im Kölner Sterne-Restaurant „Ox & Klee“ zum Koch ausgebildet.
  • Bis zum Beginn seiner Ausbildung lebte und ernährte sich der 20-Jährige vegan.
  • Jetzt tüftelt er aus, wie man Röstaromen mit und ohne Fleisch zum Geschmackserlebnis macht.

Köln/Brühl – „Was ist Geschmack? Was macht ihn aus? Wie kombiniere ich Elemente, damit sie komplett harmonieren?“ Das alles sind Fragen, mit denen sich Jacob Christensen gerne beschäftigt. Der 20-Jährige stammt gebürtig aus Brühl und befindet sich im dritten Jahr seiner Ausbildung zum Koch im Kölner Sterne-Restaurant „Ox & Klee“. Privat hat er sich bis zum Beginn seiner Ausbildung zwei Jahre lang vegan ernährt und nur Lebensmittel auf pflanzlicher Basis gegessen.

Seine Ausbildung beinhaltet aber natürlich auch die Zubereitung von Fleischgerichten, ebenso von Gerichten mit Ei- und Milchprodukten, die er abschmecken und verfeinern muss. Wie verträgt sich das?

Jacob Christensen: „Ich wollte alles unter einen Hut kriegen.“

„Bis zu meiner Ausbildung habe ich komplett vegan gelebt, aber habe dann für mich entschieden, dass ich alles unter einen Hut kriegen möchte,“ sagt der Neu-Kölner. Er meint damit die Ausbildung in einem Zwei-Sterne-Restaurant, das „nicht vegan ist und wo es Fleisch gibt“, und seine Moralvorstellungen. Denn die pflanzliche Ernährung findet er aus ethischer Perspektive durchaus richtig.

So hat sich der Kochanwärter dazu entschieden, zu Hause pflanzlich zu kochen und einzukaufen. Aber auf der Arbeit oder wenn er draußen mit Freunden unterwegs ist und Essen geht, isst er auch Fleisch und andere tierische Produkte. „Ich glaube, dass diese Unterteilung in verschiedene Lager wie Veganer, Vegetarier, Flexitarier et cetera, vielleicht auf den ersten Blick sinnvoll ist, aber eigentlich nur Hürden baut.“

Konfrontationskurs sei nicht zielführend

Das Thema liegt ihm sehr am Herzen. Er hat sich jahrelang mit Veganismus, Ernährungsweisen, Gesundheit, Lebensmitteln und der gesellschaftlichen Debatte darüber beschäftigt. „Es ist mir sehr wichtig, wie ich mich zu dem Thema äußere. Und es ist schwer, sich zu positionieren, weil die Diskussion auf beiden Seiten sehr geladen ist,“ erklärt er.

Als er während der Schulzeit durch seine Schwester zu der pflanzlichen Ernährung kam, sei er selbst auch oft noch sehr stark auf Konfrontationskurs gegangen. Er habe versucht, Freunde und Bekannte von veganer Ernährung zu überzeugen. „Moralkeule“ nennt er das selbstkritisch. Heute sieht er es anders, zumal er selbst nicht mehr rein vegan isst. „Ich möchte doch von allen Seiten mit rationalen Gründen verstanden werden und von anderen Perspektiven lernen.“

Nachwuchskoch gewann städtische Meisterschaften

„Die Entscheidung, Koch zu werden, habe ich irgendwie Hals über Kopf getroffen“, sagt er und lacht. Er sei da einfach so reingerutscht, erzählt der 20-Jährige. Er sei kurz vor dem Abi sehr sportbegeistert gewesen und habe sich dadurch mehr mit Gesundheit, Ernährung und Lebensmitteln beschäftigt. „Früher konnte ich vielleicht gerade so Nudeln mit Tomatensoße kochen. Doch dann merkte ich, dass Kochen mir richtig Spaß macht.“

Inzwischen macht es ihm so viel Spaß, dass er nicht nur mit seiner Ausbildung sehr glücklich ist, sondern auch die städtischen Meisterschaften der Nachwuchsköche in Köln im vergangenen Jahr gewonnen hat. Was ihn umtreibt, ist die Erfahrung mit dem Geschmack. „Die Leute lieben Fleisch einfach oder Sachen, die mit Käse überbacken sind. Das ist einfach so, und ich liebe es ja auch. So eine Ente mit einer geilen Soße als Hauptgang ist fast unschlagbar.“ Und deshalb will der junge Koch lernen, was Geschmack eigentlich ist, was ihn ausmacht und das so gut er kann den Menschen näherbringen.

Bei der Fleischzubereitung gehe es nicht nur um das einfache Kochen

„Ich musste mir beim veganen Kochen anfangs erstmal überlegen, wie mache ich dieses Gericht jetzt lecker, wenn ich nicht ein halbes Kilo Gouda drüber kippen kann, um das zu überbacken. “ Natürlich könne er aus Soja, Eiweißen und verschiedenen Zutaten ein Steak nachbauen. Doch bei der Fleischzubereitung gehe es nicht nur um das einfache Kochen. „Fleisch wird oft richtig schön angebraten, da kommen dann die Röstaromen her, da kommt was Rauchiges rein. Das Fleisch hat Fett. Und das ist alles Geschmack.“

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Aber all das gebe es in der pflanzlichen Küche auch, Fleischersatzprodukte seien nicht immer nötig. Zwiebeln könne man anrösten, mit Rotwein braten und mit Wasser kochen, bis man eine dunkle, sehr intensive Zwiebelbrühe habe, die ebenso etwas röstiges, vollmundiges im Geschmack habe. „Es ist dann sozusagen »nur« eine Soße, aber die schmeckt einfach gut. Und das ist das, was ich meine, was auch Fleisch bei der Zubereitung hat, das ist dieses »Lecker«.“

Es gehe ihm um Textur, um Geruch, um das Aussehen, Haptik, das Kauen und die gesamte Kombination, die kreiere Geschmack, dann noch das präzise Würzen, Anrichten, Garnieren et voilà. Ein Geschmackserlebnis, das mit und ohne Fleisch funktioniere.

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