Im dritten AnlaufErftstädter radelt mit Foto eines verstorbenen Freundes zum Nordkap

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Ein Fahrrad steht an einer Bank in einer weitläufigen Landschaft.

Peter Doebel genoss in der endlosen Weite Skandinaviens das Alleinsein und die grandiosen Ausblicke.

3800 Kilometer bis zum Nordkap hat Peter Doebel auf dem Fahrrad zurückgelegt. Im Gepäck hatte er ein Foto seines verstorbenen Freundes.

Durchhalten. Nicht aufgeben. Und wenn es nicht klappt, noch einmal versuchen. Peter Doebel ist Ausdauersportler. Drei Anläufe hat der Bliesheimer gebraucht, um mit dem Fahrrad zum Nordkap zu kommen. In diesem Sommer hat es geklappt: 3800 Kilometer ist er allein ans Ziel seiner Träume geradelt.

Vor 23 Jahren ist er immerhin bis Trondheim gekommen, bevor er „aus mehreren Gründen“ aufgeben musste. Vor 20 Jahren endete die Fahrt mit einem Freund bei Narvik: „Unser Urlaub war zu Ende, wir hatten einfach keine Zeit mehr.“ Ein Problem, das sich jetzt nicht mehr stellt. Der 61-Jährige, der Techniker bei der Telekom war, ist in der passiven Phase seiner Altersteilzeit angekommen, sprich: er arbeitet nicht mehr.

Routenplanung mit dem Lineal

Also hat er in diesem Sommer sein Fahrrad beladen. Mit Packtaschen vorn und hinten und einem Motorradkoffer auf dem Gepäckträger. Da kamen die Esswaren und vor allem der Kaffee hinein, aber auch ein Campingstuhl. Während die Reifen die ganze Strecke durchgehalten haben, gab es ausgerechnet mit der Box auf dem Gepäckträger Probleme. Aber keine, die sich nicht mit Kabelbinder hätten lösen lassen. Die Routenplanung sei ganz einfach gewesen, erzählt Peter Doebel.

Er breitete eine große Landkarte aus und legte ein Lineal drauf. Für die erste Etappe verband er so Bliesheim und Rostock mit einer geraden Linie. Der kürzeste Weg ist nicht immer der bequemste: Nachdem er bei Wesseling mit der Fähre über den Rhein gesetzt hatte, ging es durchs Sauerland und durchs Eggegebirge. Rund 100 Kilometer pro Tag legte er zurück, durch Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen. Möglichst geradeaus und gewissermaßen ins Blaue.

Ein Mann steht am Nordkap mit einem Foto in den Händen.

Ein Bild seines verstorbenen Freundes hatte der Erftstädter mit ans Nordkap genommen.

Denn er hatte keine Unterkünfte gebucht.„Gegen Mittag bin ich immer ein bisschen unruhig geworden“, erzählt er. Er habe zwar ein kleines Zelt dabeigehabt, es aber möglichst wenig nutzen wollen. Die Lust auf Camping verging ihm vollends, als eines Nachts gleich neben ihm Unbekannte größere Mengen Müll verbrannten.

Erftstädter erlebt „furchterregend große“ Rentiere in Schweden

Doch intensiver als die Erinnerungen an unerfreuliche Begebenheiten sind die an die beeindruckende Natur. Die endlosen, unberührten Wälder, die vielen Seen. Und die Tiere, die den Weg des Radlers kreuzten. Erstaunlich viele Füchse seien über die Straße gelaufen, sagt Peter Doebel.

Die Rentiere in Schweden seien furchterregend groß gewesen, die norwegischen deutlich kleiner. „Einmal sah ich einen Elch über die Straße trollen.“ Die Reise bescherte dem Erftstädter auch andere tierische Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass man nachts nie das Zelt öffnen sollte — außer, wenn es nebenan brennt —, sonst kommen die Mücken rein.

Die wird man tagsüber am besten los, wenn man schneller als 20 Stundenkilometer fährt. Das Tempo halten die kleinen Plagegeister nicht durch. Buckelige Schotterwege, eine 40 Kilometer lange Baustelle, ein Tunnel unter dem Meeresspiegel mit neun Prozent Steigung gehörten zu den Herausforderungen der Tour.

Gewissermaßen zur Belohnung gab es dann immer wieder einsame Kilometer in grüner Landschaft, atemberaubende Panoramen und einen Delfin, den der Radfahrer von einer Anhöhe aus beobachten konnte. Sechs Wochen ohne Begleitung, mit meist nur flüchtigen Begegnungen — ist das nicht doch ganz schön einsam?

Rückweg mit dem Schiff

Peter Doebel zählt die Vorteile auf: Man könne das Tempo selbst bestimmen, brauche keine Rücksicht auf die Kondition anderer zu nehmen. Und ganz allein war er dann ja doch nicht. Er hatte ein Foto des Freundes dabei, mit dem er vor 20 Jahren in Narvik gestrandet war und der mittlerweile verstorben ist: „So ist er doch noch zum Nordkap gekommen.“

Der Rückweg war schließlich deutlich bequemer und gleichzeitig schneller. Mit dem Schiff war Peter Doebel fünf Tage bis Bergen unterwegs. Das Radfahren konnte er aber selbst dabei nicht lassen: „Zum Glück war an Bord ein Fitnessraum.“ Da ist er dann zweimal am Tag in den Sattel gestiegen, für jeweils 15 Kilometer. Schließlich will er fit sein für die nächste große Fahrt.

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