„Nein“ zum VereinssterbenFußballkreis-Vorsitzende trotz Pandemie optimistisch

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Im kommenden Jahr will Doris Mager erneut für den Vorsitz im Fußballkreis Euskirchen kandidieren und hofft dabei auf eine breite Unterstützung aus den Vereinen.

Im kommenden Jahr will Doris Mager erneut für den Vorsitz im Fußballkreis Euskirchen kandidieren und hofft dabei auf eine breite Unterstützung aus den Vereinen.

Kreis Euskirchen/Erftstadt – Doris Mager kümmert sich als Vorsitzende des Fußballkreises Euskirchen auch um Vereine aus der Erftstadt. Wir sprachen mit ihr über die aktuell schwierige Situation im Amateurfußball und über ihre ganz persönlichen Ziele.

Sie sind Mutter, und ihre Familie ist fußballverrückt. Wie sehr vermissen Sie die Sportplatzbesuche?

Mager: Die Sportplatzbesuche fehlen mir natürlich sehr. Alleine wenn ich überlege, wie viele Jahrzehnte ich schon auf den Sportplätzen im Kreis unterwegs war – egal ob zu Beginn als Zuschauerin oder jetzt als Kreisvorsitzende. Ich vermisse neben dem sportlichen Wettkampf besonders das Drumherum. Seien es Gespräche mit Vereinsverantwortlichen, Spielern, Zuschauern oder den Trainern. Das alles fehlt mir unglaublich. Zumal der Fußball bei uns zu Hause sonst eigentlich das ganze Wochenende bestimmt. Es ist Gesetz, dass wenn Fußball ansteht, auch Fußball gespielt wird. Da kann die Oma Geburtstag haben oder Kirmes im Dorf sein.

Wie bewerten Sie die Tatsache, dass auch Kinder den Fußballplätzen fernbleiben müssen und ihnen jetzt fast ein Jahr ihr Hobby fehlt?

Das macht mich einfach unglaublich traurig. Den Kindern fehlt ja nicht nur der Fußball selbst, sondern die ganzen privaten Einschränkungen haben ja zur Folge, dass die Kinder ihre Freunde nicht sehen können. Das macht alles sehr einsam. Ich denke auch, dass die Kinder am meisten unter der ganzen Situation leiden. Ich fürchte jetzt schon die Spätfolgen, die das Ganze nach sich ziehen wird. Den Kids wurde ein Jahr ihrer Entwicklung genommen. Umso dankbarer bin ich für den Einsatz der Landesverbände für ein geregeltes Training für die Kinder unter der Anleitung ihres Trainers, einfach, um ihnen auch wieder ein Stück Normalität zurückzugeben.

Wie schätzen Sie die Gesamtsituation ein? Wann können wir wieder mit Fußball im Kreis Euskirchen rechnen?

Das ist eine ganz schwierige Frage, auf die ich auch keine zufriedenstellende Antwort geben kann. Wir sind als Verband, aber auch hier im Fußballkreis Euskirchen, an die politischen Entscheidungen gebunden. Diese hängen wiederum von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab. Daher ist es schwierig, verlässliche Aussagen zum Spielbetrieb zu treffen. Wir haben unseren Vereinen fünf Grundsätze zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs genannt, die ihnen zumindest ein Stück weit Planungssicherheit geben konnten.

Zwei der fünf Grundsätze zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs waren die Beendigung der Hinrunde vor Juli sowie das Ausspielen der Pokalwettbewerbe. Halten Sie das für realistisch?

Fest steht, dass bis zum 18. April die Senioren und älteren Junioren nicht in gewohnter Mannschaftsstärke trainieren dürfen. Auch halte ich es für unrealistisch, dass wir vom 19. April an einen uneingeschränkten Trainingsbetrieb haben werden. Dieser ist meiner Meinung nach das Hauptkriterium, um überhaupt von einer Wiederaufnahme des Wettkampfbetriebs zu sprechen. Klar ist: Je länger es dauert, bis wir wieder „normal trainieren“ können, desto unwahrscheinlicher wird die Austragung von Pflichtspielen.

Zur Person

Doris Mager ist Bankkauffrau, gebürtige Bad Münstereifelerin und dem Kreis Euskirchen über den Fußball hinaus seit jeher verbunden. Denn bevor Mager, die ihr Abitur 1985 am St.-Angela-Gymnasium abschloss und für den Fußballkreis Euskirchen tätig wurde, machte sie ihre Ausbildung bei der Raiffeisenbank Euskirchen. Dann ist sie zu Raiffeisenbank Vorgebirge. 2004 schied sie familiärbedingt aus ihrem Beruf aus.

Im Ehrenamt engagiert sich Doris Mager ebenfalls seit dem Jahr 2004 in ihrem Heimatverein SC Fortuna Kirchheim. Für den Fußballkreis Euskirchen arbeitete die verheiratete 55-jährige Mutter seit 2013 zunächst für drei Jahre im Kreisjugendsportgericht, bevor sie 2016 zur stellvertretenden Vorsitzenden des Fußballkreises ernannt wurde. Seit 2019 ist Mager die erste Vorsitzende des Fußballkreis Euskirchens.

Als Vorsitzende des Fußballkreises Euskirchen ist Doris Mager auch für die Klubs aus der Erftstadt zuständig, die sich bei der Umgestaltung des Verbands nicht dem Fußballkreis Rhein-Erft angeschlossen haben, der derzeit von Heinz Feind geführt wird. Neben Germania Lechenich kicken unter anderem Frauen, Senioren und Jugendliche vom VfB Blessem, Bliesheimer BC, SC Dirmerzheim und VfL Erp im Nachbarkreis. (moz)

Wie steht es um die Vereine? Kommen die alle durch die Pandemie?

Ich glaube schon, dass ein Großteil der Vereine die Krise gut überstehen wird. Der eine besser, der andere schlechter – das ist gar keine Frage. Das hängt dann aber auch mit den internen Strukturen der jeweiligen Vereine zusammen. Eine pauschale Aussage dahingehend zu treffen, ist eher schwierig. Ich denke aber, dass die Vereine ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Mitgliedern pflegen und diese sich auch stark mit den Vereinen identifizieren. Das Ganze hat sich für uns auch in direkten Gesprächen mit den Klubs bestätigt. Von daher bin ich guter Hoffnung, dass es die Vereine des Fußballkreises Euskirchen kaum geschwächt aus der Krise schaffen werden.

Also machen Sie sich keine Sorgen um Vereinssterben?

Stand jetzt geben das neben den Gesprächen auch die statistischen Umfragen nicht her, nein. Sicherlich gibt es eine Gefahr, dass sich während der spielfreien Zeit einige Akteure anders orientieren. Aber so rosig sehen die Alternativen abgesehen von Joggen und Fahrradfahren ja auch nicht aus. Ich glaube, der Großteil kann es kaum erwarten, endlich wieder auf die Plätze zu kommen und mit den Mannschaftskollegen zusammen zu spielen. Davon abgesehen wollen wir in Zusammenarbeit mit dem FVM, sobald es geht, auch unsere Service-Leistungen, wie zum Beispiel die tiefergehende Vereinsberatung, intensivieren. Und auch schon während der Pandemie haben wir Online-Seminare in Form von Videokonferenzen als Unterstützung angeboten und tun dies weiterhin. Spieler backen oder aus der Erde stampfen kann ich aber nicht.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für den Fußball und dafür, sich darüber hinaus auch ehrenamtlich zu engagieren?

Zum Fußball gekommen bin ich durch die Beziehung zu meinem Mann, der vor 30 Jahren schon Fußball gespielt hat. Die richtige Initialzündung kam dann nach 2002, als mein Sohn angefangen hat zu kicken. Daraus hat sich dann über die Jahre und einfach aus Liebe zum Kind diese ehrenamtliche Arbeit entwickelt. Vor allem der gemeinsame Bau des Vereinsheim in Kirchheim und generell dieses Gefühl, gemeinsam etwas zu bewegen, gefällt mir sehr gut.

Wie ging es weiter?

Der Kontakt zum Fußballkreis ist auf sehr witzige Weise zustande gekommen. Und zwar habe ich die Frau des ehemaligen Kreisvorsitzenden Hubert Jung in einem Italienischkurs in der Volkshochschule kennengelernt. Nach wenigen Gesprächen hat er mich dann gefragt, ob ich nicht für den Kreis in der Jugendspruchkammer arbeiten möchte. Und vor den Kreistagswahlen 2016 hat er mich dann gebeten, seine Vertreterin zu werden. Das war also alles nicht geplant, hat mich aber sehr gereizt.

Sie sind die erste Frau in der Position als Vorsitzende eines Fußballkreises im FVM-Gebiet. Gab es Gegenwind?

Es war damals schon eher unüblich, dass Frauen in diesen Positionen arbeiten – besonders im Fußball. Ich kann mich noch an einige Gespräche mit Staffelleitern zu Beginn erinnern. Wenn man da als Frau angerufen hat, stieß man erstmal auf große Verwunderung. Aber das hat sich natürlich im Laufe der Jahre komplett geändert. Ich fühle mich auch einfach geehrt, dass man mir so viel Vertrauen geschenkt und mich in den Kreis geholt hat. Denn das zeigt mir, wie sehr meine Arbeit im Ehrenamt und mein Engagement geschätzt werden. Und dann ist es letztendlich egal, ob die Arbeit eine Frau oder ein Mann macht. Hauptsache, sie ist gut.

Dennoch gestalten sich Ihre Wochenenden jetzt auch gezwungenermaßen anders als in normalen Zeiten?

Die Wochenenden sind aktuell extrem langweilig. Der größte Unterschied ist das verspätete und ausgiebigere Frühstück am Sonntag. Als Trainer von der zweiten Mannschaft in Kirchheim muss mein Mann eigentlich schon um 11 Uhr aus der Tür sein. Jetzt fangen wir ohne Uhr im Nacken häufig erst um diese Zeit an zu frühstücken. Und dann klar das Übliche: Sport gucken im Fernsehen und nachmittags spazierengehen. Tradition war hierbei aber immer, vorher oder nachher am Sportplatz vorbeizuschauen, denn das Vereinsheim in Kirchheim ist wie ein zweites Wohnzimmer für mich.

Langfristig gibt es aber kein Hobby, das Fußball ersetzen könnte?

Nein, auf keinen Fall. Auch ohne dass ich je Fußball selbst gespielt habe, bin ich Fußballerin durch und durch. Seit ich durch meinen Mann die Sportart Fußball lieben gelernt habe, kann ich mir nichts anderes vorstellen. Zumal ich die Hoffnung auch nicht aufgeben werde, bald auf dem Sportplatz zurück zu sein.

Wie schauen Sie auf Ihre Amtszeit zurück, in der pandemiebedingt ein Jahr kein Fußball gespielt wurde?

Ich hätte natürlich liebend gerne eine andere Amtszeit gehabt. Nach der Wahl 2019 konnte ich die Tätigkeit aber ja erstmal voll ausüben. Ich habe immer gesagt, dass ich für die Vereine da sein möchte, und das lebe ich auch weiterhin. Ein bisschen mehr Zeit auf den Sportplätzen hätte ich mir jedenfalls schon gewünscht. Genug zu tun gab es aber dennoch, und ich wurde anders gefordert. Es gab besonders im Frühjahr des vergangenen Jahres Wochen, in denen ich jeden Tag entweder mit Verbandsfunktionären oder Kollegen aus dem Kreisvorstand über Videokonferenzen im ständigen Austausch war. Meine ursprünglichen Ziele für die Amtszeit sind natürlich zwischenzeitlich in den Hintergrund gerückt. Beispielsweise liegen Pläne für ein Netzwerk für Frauen im Sport-Ehrenamt in der Schublade, mit dem ich einen gemeinsamen Austausch mit anderen Frauen innerhalb von ehrenamtlichen Positionen im Kreis fördern möchte. Auch wenn ich damit aufgrund der Pandemie derzeit noch etwas ausgebremst wurde, werden wir das bald angehen.

Ihre Amtszeit endet im nächsten Jahr, werden Sie erneut kandidieren?

Ja. Und ich hoffe natürlich, dass mir die Vereine dafür auch weiterhin ihr Vertrauen aussprechen und mich wiederwählen. Ich glaube, es gibt noch genug Aspekte, die wir im Fußballkreis Euskirchen bewegen und auch noch verbessern können. Ich bin guten Mutes, dass wir den Fußball im Kreis weiterhin attraktiv gestalten können.

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Was wird das erste sein, das Sie machen werden, wenn im Kreis Euskirchen wieder Fußball gespielt wird?

Ich werde nach Kirchheim auf den Sportplatz gehen und mit Begeisterung ein Spiel unserer Junioren oder Senioren gucken. Es wird aber natürlich nicht nur bei dem Sportplatzbesuch in Kirchheim bleiben, auch wenn das meine fußballerische Heimat ist. Ich freue mich einfach darauf, wenn der Ball wieder rollt und ich auch auf viele neue Sportplätze im Kreis, die ich noch nicht gesehen habe, gehen kann. Und darauf, endlich wieder vielen Fußballfreunde am Sportplatz zu begegnen.

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