Momentaufnahme um 12 UhrAm Hürther Busbahnhof fließen auch schon mal Tränen

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Der architektonisch aufwendige Busbahnhof ist 95 Meter lang und neun Meter breit, er wurde 2003 gebaut. 

  • In unserer Sommerserie machen wir Momentaufnahmen in der Region.
  • Wir besuchen in den Ferien belebte und einsame Orte – und beobachten, was dort geschieht.

Hürth – Die erste große Liebe ist wunderbar. Aber manchmal auch ganz schrecklich. So wie gerade bei der 16-jährigen Lillian aus Köln, die mit Tränen in den Augen auf einer Wartebank am Hürther Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) sitzt und die Welt nicht mehr versteht.

Eigentlich wollte sie im Hürth-Park nur spontan eine zu große Hose umtauschen und danach mit Freundinnen ins Schwimmbad. Doch dann hat sie ihren zwei Jahre älteren Freund in einem Pizzaimbiss im Einkaufszentrum gesehen – mit einem Mädchen aus der Parallelklasse.

Freund beim Knutschen am Hürther Busbahnhof erwischt

„Knutschend, ekelhaft“, sagt sie verzweifelt und muss wieder weinen. Jetzt will sie nur noch schnell nach Hause und wartet sehnsüchtig auf den Bus, der sie von dem Ort des Verrats wegbringt. 

Zur Mittagsstunde muss der unglückliche Teenager da immerhin nicht lange warten: Wie in einem Bienenstock geht es am ZOB zu. Aus den unterschiedlichsten Richtungen fahren die Busse im Minutentakt den Bahnhof an, ein kurzer Halt zum Ein- und Aussteigen und weiter geht es. Danach herrscht erst einmal Stille, keine Wartenden, keine Busse – bis zur nächsten Einflugzeit.

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Einmal in jeder Stunde stoppt der Busfahrer Erdal Altintas auf seinen Touren am Busbahnhof an der Theresienhöhe.

An ein Flughafenterminal erinnert auch die beeindruckende Architektur des 2003 in Betrieb genommenen ZOB: Frei in den Raum auf Teleskopstützen gestellt schwebt ein 95 Meter langer Aluminiumkörper in Ellipsenform über den neun Meter breiten Bahnsteig.

An der Oberseite ist das Dach mit Glas- und Blech verkleidet, an der Unterseite lässt ein transparentes Stahlgewebe die Technik und die Beleuchtung, die farblich veränderbar ist, erkennen. Auf großen Monitoren werden die Abfahrtszeiten der Busse angezeigt, an 16 Haltestellen können die Passagiere ein- und aussteigen.

Freundschaft geschlossen

Die betriebsame Hektik genießt der Busfahrer Erdal Altintas bei einem kurzen Stopp: „Hier ist es sehr schön“, sagt er mit einem gelassenen Lächeln, „ich komme jede Stunde einmal hier hin.“

Dass der ZOB zu einem seiner Lieblingsplätze geworden ist, hat sicherlich auch mit Arthur Oushan zu tun: Er steht inmitten eines kleinen, mit bunten Lichterketten geschmückten Kiosks am Ende des Bahnhofs und bietet neben Snacks, Zeitungen, Süßigkeiten, Kaffee, Eis und Zigaretten auch gute Laune an.

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Seit zehn Jahren führt Arthur Oushan mit seiner Frau den kleinen Kiosk am Busbahnhof.

Ein paar neckende Worte und einen freundschaftlichen Klaps mit Altintas, dann muss dieser auch schon wieder in seinen Bus springen, um den Fahrplan einzuhalten.

Seit zehn Jahren betreibt Oushan den Kiosk, der wie ein kleines, gelandetes Ufo wirkt, und ein überraschendes großes Angebot bereithält. Von 6.30 bis 20 Uhr wechselt er sich mit seiner Frau im Dienst ab: „Verkaufsschlager sind leider Zigaretten, die werden am meisten nachgefragt, das verstehe ich nicht“, bedauert der Kioskbesitzer, der selbst überzeugter Nichtraucher ist.

Für Lillian, die mittlerweile aufgeregt mit einer Freundin telefoniert und wütend Schimpfwörter in ihr Handy spricht, geht es nun weiter. Ihr Bus hält, sie springt rein und fährt davon – hoffentlich in eine sorgenfreiere Zukunft.

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