Angeklagter log tränenreichEx-Freundin sagt im Prozess um Hürther Giftmorde aus

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Am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht Köln sagten die erste Ehefrau und eine Ex-Freundin des Angeklagten als Zeugen aus.

Hürth/Köln – Mit Spannung war der zweite Verhandlungstag im Thallium-Prozess erwartet worden. Denn die erste Ehefrau und eine Ex-Freundin des Angeklagten kamen zu Wort. Der angeklagte Hürther steht unter dem Verdacht, zwei seiner Partnerinnen, eine davon war schwanger, und einer Angehörigen das Schwermetall Thallium verabreicht zu haben. Jetzt muss er sich wegen zweifachen Mordes, versuchten Mordes und versuchten Schwangerschaftsabbruchs vor Gericht verantworten. Ein Motiv für die grausamen Taten blieb bisher im Dunkeln, denn der Angeklagte schweigt.

Zeugen sollen helfen, die psychische Verfassung des Angeklagten zu erfassen

Bei seiner Verhaftung hatte er die Vorwürfe noch empört von sich gewiesen und immer wieder mit Nachdruck betont, wie sehr er seine verstorbene Ehefrau und die aktuelle Lebenspartnerin liebe, die damals ein Kind von ihm erwartete. Jetzt versucht das Kölner Landgericht, mit Zeugen aus dem Umfeld des Krankenpflegers, sich ein Bild über seine psychische Verfassung zu machen.

Die erste Ehefrau und gelernte Altenpflegerin war 22 Jahre alt, als sie den Angeklagten 2010 übers Internet kennenlernte, da war der damals 30-Jährige gerade mit seiner Ausbildung zum Krankenpfleger fertig. Schon beim ersten Treffen war es um die 22-Jährige geschehen: „Ich habe ihn gesehen und es hat gepasst.“ Bereits drei Monate später zogen die beiden zusammen, ein Jahr später war die Hochzeit, zwei Jahre darauf dann die Trennung, die Scheidung erfolgte 2014, auf ihre Initiative hin. Seine lapidare Reaktion, als sie die Trennung ansprach, habe gelautet: „Ist ok.“

Ex-Frau hat Hürther als „ausgesprochen geizig“ in Erinnerung

Ein Beziehungsmuster, das sich bei dem Hürther wie ein roter Faden durch sämtliche Partnerschaften zieht. Sie habe kaum ihre Sachen aus der Wohnung geschafft, da sei schon die nächste Frau eingezogen: „Er hat mich einfach ausgetauscht“, schilderte die Zeugin. Allerdings sagte die heute zweifache Mutter auch: „Es gab keinen Rosenkrieg und auf beiden Seiten keinen Kinderwunsch.“

Man sei viel gereist, die Flitterwochen habe man in Mexiko verbracht. Sie beschrieb ihren Ex-Mann als „rationalen, nicht emotionalen Menschen“. Und sie habe ihn als „ausgesprochen geizig“ in Erinnerung. Er habe die Ein- und Ausgaben im Haushalt per Exceltabelle kontrolliert.

Nach Tod der Ehefrau „sehr entspannt und abgeklärt“

Irritiert zeigte sich die Altenpflegerin vom Verhalten ihres früheren Mannes, als sie ihm am Telefon 2020 ihr Beileid zum Tod der zweiten Ehefrau, die vom Angeklagten tödlich vergiftet worden sein soll, bekunden wollte: „Er war sehr entspannt und abgeklärt. Und hatte bereits eine neue Freundin.“

Auf ihr Drängen hin hatte das Paar sich wiederholt Haustiere angeschafft. „Wir hatten vier Hasen. Die sind kurz hintereinander verreckt.“ Damals habe sie sich nicht viel dabei gedacht, „heute frage ich mich, ob er da unschöne Dinge gemacht hat“.

Die zweite Zeugin, die gestern vor Gericht gehört wurde, ist heute 39 Jahre alt und hatte den Angeklagten ebenfalls im Internet kennengelernt, weil sie im August 2013 einen Tanzpartner suchte und der Krankenpfleger als Amateur-Tänzer offenbar die perfekte Wahl war. Die beiden verliebten sich, Ende 2013 zog sie zu ihm. „Er war anfangs sehr aufmerksam und hat sich sehr um mich bemüht.“

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Später registrierte die Verwaltungsangestellte mehr „destruktive, manipulative Charakterzüge“. Ihrem Kinderwunsch hielt er seine Zeugungsunfähigkeit nach einer urologischen Operation entgegen, was nachweislich gelogen war. Nach dem angeblichen Eingriff war er tränenüberströmt zusammengebrochen. „So hab ich noch nie einen Mann weinen gesehen“, erinnerte sich die Ex-Freundin kopfschüttelnd an diese Lüge. Der Prozess wird am 21. Oktober fortgesetzt.

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