Der 20-jährige Unfallfahrer soll ein Mädchen fahrlässig getötet und sechs weitere Menschen fahrlässig verletzt haben. Er schweigt zu den Vorwürfen.
Nach tödlichem Unfall in HürthZustand des Schulbetreuers nach wie vor „sehr kritisch“ – Autofahrer schweigt

An der Unfallstelle an der Ampel Frechener Straße/Theresienhöhe erinnern Blumen, Kerzen, Teddybären, Fotos und Briefe der Mitschüler an das Schicksal des tödlich zehnjährigen Mädchens.
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Der Zustand des Betreuers (25), der am Mittwoch (4. Juni) bei einem Verkehrsunfall auf der Frechener Straße in Hürth lebensgefährlich verletzt worden ist, ist nach wie vor „sehr kritisch“. Dies teilte der Kölner Staatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Gegen den 20-jährigen BMW-Fahrer wird nach dem Tod eines zehnjährigen Mädchens am Freitag (6. Juni) derweil wegen fahrlässiger Tötung, sechsfacher fahrlässiger Körperverletzung sowie wegen Straßenverkehrsdelikten ermittelt. Nach Angaben von Zeugen war er bei Rot über die Ampel gefahren, die Viertklässler der nahe gelegenen Carl-Orff-Grundschule mit ihren Lehrerinnen und Betreuern überquerten.
Es gehört zu Arbeit der Ermittlungsbehörden, keine denklogische Möglichkeit auszuschließen
Bremer versichert, dass es keine Anzeichen dafür gebe, dass der Mann vorsätzlich in die Schülergruppe gefahren ist. Es gehöre aber auch zur Arbeit der Ermittlungsbehörden, „keine denklogische Möglichkeit auszuschließen“.
Seinen Angaben zufolge hat die Staatsanwaltschaft die Obduktion des verstorbenen Mädchens in Auftrag gegeben. Die Polizei hat derweil einen Sachverständigen beauftragt, den Unfall zu rekonstruieren und ein Gutachten zu erstellen. Der Wagen des 20-Jährigen war ebenso sichergestellt worden wie dessen Mobiltelefon und Führerschein. Womit zugleich beantwortet ist, ob der 20-Jährige trotz diverser voriger Verkehrsdelikte im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. In seiner Strafakte finden sich unter anderem Einträge wegen Fahrerflucht.

Zahlreiche Rettungskräfte kümmerten sich um die Verletzten. Polizisten sicherten Unfallspuren.
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Die Staatsanwaltschaft hat zudem ein chemisch-toxikologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Es soll untersuchen, ob der 20-Jährige Drogen genommen hatte. Ein erster Bluttest auf der Polizeiwache hatte keinen Hinweis darauf oder auf Alkohol ergeben. Ein Labortest kann aber Substanzen zutage fördern, die die Polizei mit ihren Möglichkeiten nicht erkennen kann.
Hürth: Polizei prüft Post von jemandem, der behauptet, er sei der Unfallfahrer
Nach Bremers Angaben schweigt der 20-Jährige, der sich von einem Anwalt vertreten lässt, bislang. Dies spricht gegen die Echtheit eines Posts in verschiedenen Hürther Facebookgruppen, worin sich jemand als Unfallfahrer bezeichnet. Darin heißt es: „Ich möchte mich bei jedem Beteiligten entschuldigen. Es war nicht meine Absicht. Ich habe versucht, was ich konnte, aber ich konnte nichts mehr machen. (...) Es vergeht keine Sekunde, in der ich nicht an den Unfall denke. Diese Bilder gehen mir nicht aus dem Kopf.“ Und weiter: „An jeden, der Hass gegen mich hat: Ich verstehe eure Wut. (...) Niemand von euch Außenstehenden weiß, was wirklich passiert ist, und jegliche Gerüchte und Spekulationen darüber sind mehr als fehl am Platze.“
Die Polizei hat Kenntnis von diesem Post und prüft die Angelegenheit.
Die Kreisverwaltung in Bergheim kündigt unterdessen eine „sachliche und fundierte Aufarbeitung“ des Unfalls an. Ziel müsse sein, Schritte zu prüfen, die die Verkehrssicherheit erhöhen können. Die Unfallkommission des Kreises werde sich an diesem Freitag an der Frechener Straße ein Bild machen.
Wir hoffen weiterhin auf eine positive medizinische Entwicklung des schwer verletzten Betreuers und wünschen ihm viel Kraft für seinen Genesungsweg
Sie wird von Vertreterinnen und Vertretern von Kreis, Polizei, Stadt Hürth, der Bezirksregierung und von Straßen NRW gebildet. Dabei werde es auch um die Frage gehen, ob die Straße zu einer 30er-Zone werden kann. Ob eine solche Maßnahme rechtlich zulässig und fachlich geboten ist, müsse erörtert werden, teilte ein Sprecher der Kreisverwaltung auf Anfrage mit.: „Eine Anordnung ist nur unter besonderen Voraussetzungen durch den zuständigen Straßenbaulastträger, das Land Nordrhein-Westfalen, möglich.“ Dies liege nicht im Verantwortungsbereich des Rhein-Erft-Kreises.
Initiatoren einer Open Petition fordern ein solches Tempolimit. Seit Freitag haben sich knapp 6500 Menschen dieser Forderung angeschlossen. Der Sprecher von Landrat Frank Rock (CDU) betont, dass der Kreuzungsbereich Frechener Straße/Theresienhöhe aus verkehrlicher Sicht bisher unauffällig gewesen sei. Es handele sich nicht um eine Unfallhäufungsstelle. Der Bereich werde täglich von mehreren Tausend Fahrzeugen sowie zahlreichen Fußgängerinnen, Fußgängern und Radfahrenden genutzt, ohne dass bislang sicherheitsrelevante Auffälligkeiten bekannt geworden seien.
Rock sagte gestern in einem Statement: „Der tragische Unfall erschüttert uns nach wie vor. Wir hoffen weiterhin auf eine positive medizinische Entwicklung des schwer verletzten Betreuers und wünschen ihm viel Kraft für seinen Genesungsweg.“ Auch den betroffenen Kindern gelte die volle Unterstützung – sie benötigten nun besondere Fürsorge, bei der die schulpsychologische Beratung tatkräftig zur Seite stehe.