Es ging gar nicht um das GeldPulheimer berichtet vom steinigen Weg aus der Spielsucht

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Zwölf Jahre lang hat die Spielsucht das Leben des 36 Jahre alten Pulheimers bestimmt.

Zwölf Jahre lang hat die Spielsucht das Leben des 36 Jahre alten Pulheimers bestimmt.

Pulheim/Brühl – „Es fühlt sich an wie eine ständige Achterbahnfahrt“, sagt M. und schüttelt den Kopf. „Diesen Rausch und diese Glücksgefühle wollte ich immer wieder erleben“. Zwölf Jahre lang bestimmte die Spielsucht das Leben des Pulheimers und brachte ihn an den Rand des Abgrunds. Familie und Freunde bekamen davon lange Zeit nichts mit.

Heute kann der 36 Jahre alte IT-Spezialist über seine Sucht sprechen. Die Auseinandersetzung ist Teil seiner Therapie geworden. Wie konnte er sich so in seiner Sucht verlieren? „Das habe ich mich auch immer gefragt“, antwortet der 36-Jährige. Schon als Kind habe er eine Affinität zu bunten Lichtern verspürt, das habe er in den Spielhallen wiedergefunden. Aber vor allem sei es wohl die Einsamkeit und innere Leere gewesen, die ihn in die Sucht getrieben hätten. M. ist Single und lebt allein. Als seine Freunde heirateten und Familien gründeten, wurde es immer stiller um ihn. Selbstzweifel kamen auf, die Sucht hielt schleichend Einzug.

„Das war der Himmel für mich“

Es fing ganz harmlos an, in seinem Stammlokal am Spielautomaten. Dort erlebte er zum ersten Mal dieses Glücksgefühl, das ihn seinen Alltag vergessen ließ. Schnell sei er in eine Spielhalle gewechselt, und als er dort 1000 Euro gewonnen habe, sei es endgültig um ihn geschehen gewesen. „Das war der Himmel für mich“, erinnert er sich. „Das wollte ich immer wieder erleben.“ Dabei sei es ihm gar nicht um Geld gegangen. Geld wurde erst später zum Problem, als die Verschuldung sein Kartenhaus aus Lügen und Heimlichtuerei zum Einsturz brachte.

Den Alltag vergessen wollen viele Spieler an der Automaten.

Den Alltag vergessen wollen viele Spieler an der Automaten.

Doch zunächst genoss er die Atmosphäre in der Spielhalle. „Die sind total freundlich da drin“, sagt er. „»Wie schön, dass du wieder da bist«, sagten sie immer und brachten mir mein Lieblingsgetränk.“ Das Auto habe er stets weit weg geparkt. „Die perfekte Fassade. Manchmal habe ich mich im Büro krank gemeldet, nur um zehn, zwölf Stunden bis in die Nacht hinein zu spielen. Ich war wie im Rauschzustand.“

Geständnis vor den Eltern, Hilfe in Brühl

Und in diesem Zustand habe er über die Jahre mehr als 70.000 Euro verspielt. Erst sein Erspartes, dann nahm er Kredite auf. Irgendwann ging es nicht mehr weiter und er gestand seinen Eltern die Sucht ein. „Das war meine Rettung“, sagt M. „Die Spielsucht hatte auch in meinem Kopf schon etwas kaputt gemacht. Ich konnte kaum noch etwas empfinden, die Glücksgefühle hielten nicht mehr an.“

M. wandte sich an die Suchttherapeutin Jeanette Wolff in Brühl und begann mit einer Therapie. Dann ließ er sich in allen Spielhallen im Umkreis sperren. „Das war ein riesiger Verwaltungsaufwand und ging auch nur für ein Jahr“, sagt er. Mittlerweile macht er die dritte Therapie, gilt als „trockener Spieler“.

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Nach einem Jahr Abstinenz hat er seine Eltern zum Essen eingeladen. „Heute sind es 374 Tage ohne Glücksspiel“, sagt M. „Im Moment gibt für mich keinen Grund mehr, zu spielen. Ich bin wohl auf dem besten Weg, von der Spielsucht loszukommen.“

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