„Eine Katastrophe"Pulheimer Familie nimmt Geflüchtete im eigenen Haus auf

Lesezeit 3 Minuten
Sie engagieren sich für Menschen aus der Ukraine: Tatjana und Vitali Veclici und ihr Sohn Dennis aus Sinnersdorf haben noch enge Kontakte in ihr altes Heimatland.

Sie engagieren sich für Menschen aus der Ukraine: Tatjana und Vitali Veclici und ihr Sohn Dennis aus Sinnersdorf haben noch enge Kontakte in ihr altes Heimatland.

Pulheim-Sinnersdorf – Tatjana Veclici (37) ist eine starke Frau. Doch wenn sie an ihre Familie in der Ukraine denkt, kämpft sie mit den Tränen. „Es ist eine Katastrophe“, sagt sie. „Niemals hätte ich gedacht, dass es so weit kommen wird.“ Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe sofort alle Verwandten angerufen und angeboten, nach Pulheim zu kommen.

Enge Kontakte zur Familie in der Heimat

Tatjana Veclici und ihr Ehemann Vitali sind zusammen in Zamostia in der Westukraine zur Schule gegangen, vor sieben Jahren beschlossen sie, gemeinsam nach Deutschland auszuwandern. Die beiden haben zwei Söhne. Ihre Familie in der Heimat besuchen sie regelmäßig, wenigstens zweimal im Jahr.

„An Weihnachten und Silvester waren wir noch in Czernowitz, da war alles noch in Ordnung“, erinnert sich Tatjana Veclici. „An Krieg hätten wir nie gedacht.“

Der Krieg rückt immer näher

Czernowitz sei eine Stadt ähnlich wie Bergheim, sagt Tatjana. Ihre Eltern haben einen Bauernhof nahe der rumänischen Grenze, die Mutter hilft als Krankenschwester, wo sie nur kann. Bis jetzt sei dort alles soweit ruhig, aber der Krieg rücke immer näher. „Nur 150 Kilometer entfernt werden schon die Städte bombardiert“, erklärt sie voller Sorge.

„Die Bewohner in der Umgebung haben bereits alle Ortsschilder entfernt, damit die russischen Truppen nicht wissen, wo genau sie sich befinden.“

Geflüchtete im eigenen Haus in Pulheim aufgenommen

Die Hälfte der Ukrainer habe Verwandte in Russland. Ihre Oma lebe dort, ihr Vater stamme aus Sibirien. „Jetzt soll die ganze Welt sehen, was Putin mit uns macht. Aber es sehr ist gefährlich, in Russland zu demonstrieren“, sagt Tatjana Veclici. Sie frage sich unentwegt, was sie nur tun könne. Nun hilft sie tatkräftig Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.

Gerade habe eine Familie vier Tage in ihrem Haus in Sinnersdorf gewohnt, ehe sie nach Köln-Ossendorf in eine Unterkunft umgezogen sei. Fast täglich besucht sie die Flüchtlinge dort, hilft bei Behördengängen, übersetzt und versucht, die Medikamente zu bekommen, die dringend benötigt werden.

Mit einem Hilfstransport an die polnisch-ukrainische Grenze

Auf die Frage, wie es der Familie gehe zuckt Tatjana Veclici mit den Schultern „Sie sind in Sicherheit, und sie sind alle zusammen. Das ist das Wichtigste.“ Sie hätten ihr ein Foto von der Flucht gezeigt, berichtet Tatjana Veclici. Darauf war das Auto zu sehen, acht Schüsse seien von russischen Truppen abgefeuert worden. „Es waren zwei Kinder in dem Auto“, sagt sie. „Wie durch ein Wunder haben alle überlebt.“

Ihr Ehemann Vitali Veclici war gerade mit einem Hilfstransport an der polnisch-ukrainischen Grenze. „So viele Frauen, so viele Kinder. Polizisten mit Babys auf dem Arm, die Psychologen werden so dringend gebraucht.“

Nächste Woche zieht wahrscheinlich wieder eine ukrainische Familie bei ihnen in Pulheim ein. Bis dahin packt Tatjana Veclici medizinische Notfalltaschen, die sie einem Transporter für ukrainische Soldaten mitgibt. Die gelernte Apothekerin zählt auf: „Wundspray, Mullbinden, Pflaster, Brandsalbe, alles für die Erstversorgung. Ich hoffe inständig, dass sie sie nie brauchen werden.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Es werde aber noch mehr Material benötigt. Wer Hinweise geben könne, „wo wir noch mehr solcher Notfalltaschen herbekommen, soll sich bitte bei mir melden“. Bei aller Verzweiflung und Angst um ihre Angehörigen „bin ich so dankbar für all die Unterstützung aus Deutschland und ganz Europa“. Wer helfen möchte, erreicht Tanja Veclici unter 01575/8542691.

KStA abonnieren