Liberale setzen nach den schlechten Wahlergebnissen auf einen Neuanfang mit einem alten Bekannten. 2021 schien dessen politische Karriere am Ende.
Ex-Parteichef löst Pohlmann abFDP will mit Bombis im Kreistag zurück in die Spur finden

Da war die liberale Welt noch in Ordnung. Im Oktober 2024 zeigte sich das Spitzenpersonal für die anstehenden Wahlen optimistisch (v.l.): Ralph Bombis, Dr. Christian Pohlmann, Stefan Westerschulze und Karin Ostendorf.
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Die FDP hat personelle Konsequenzen aus ihrem schwachen Abschneiden bei der Kommunalwahl im September gezogen. An der Spitze einer neuen, mit den Freien Wählern (FW) gebildeten Fraktion im Kreistag steht nicht der bisherige Fraktions- und Kreisvorsitzende Dr. Christian Pohlmann, sondern Ralph Bombis. Pohlmann führte die Fraktion 13 Jahre lang. Er werde sich künftig verstärkt anderen Aufgaben widmen, heißt es in einer Mitteilung von FDP und FW. Ein Statement Pohlmanns fehlt darin.
Nach einer rund dreijährigen Auszeit hatte Bombis im Oktober 2024 erfolgreich einen ersten Schritt für sein Comeback unternommen. Seine Partei unterstützte seine Bewerbung für Listenplatz 3 bei der Kreistagswahl. 2021 hatte er den FDP-Vorsitz abgegeben und sich aus der politischen Arbeit zurückgezogen. Damals hieß es, der Geschäftsführer und Leiter von drei Senioreneinrichtungen habe sich und Familienangehörige im Januar 2021 unberechtigt gegen Corona impfen lassen, als der noch knappe Impfstoff bevorzugt für Senioren und Rettungskräfte reserviert war.
Mit seiner Prognose für die Kommunal- und Kreistagswahl irrte Pohlmann
Im Gespräch räumte Bombis seinerzeit ein, er habe sich und seine Frau impfen lassen, die genau wie er täglich im Altenheim unterwegs sei, und das nach Impfungen von Senioren des Hauses aus dem Rest einer angebrochenen Ampulle, die ansonsten unbrauchbar geworden wäre. Er habe im darauf folgenden „Shitstorm“ wenig schöne Dinge erlebt, räumte bei sich selbst aber auch „Fehler in der Kommunikation“ ein.
Nun soll er die Liberalen im Kreistag zurück in die Erfolgsspur führen. Mit 3,5 Prozent (1,7 Prozentpunkte Verlust) der Stimmen hatten sie nur noch drei Mandate errungen und sind nur noch sechststärkste Kraft. Auch ein Tiefschlag für den Spitzenkandidaten Pohlmann – nach den herben Verlusten bei der Bundestagswahl im Februar hatte er gesagt, noch geringer könne der Zuspruch der Wähler im Herbst nicht sinken. Mit fünf Prozent Stimmen aus der Stammwählerschaft werde die FDP ihre Arbeit im Kreishaus sicher weiterführen können.
Wir arbeiten bisher mit den beiden Fraktionen von FDP und FW gut zusammen
Der Kerpener sollte unrecht behalten. 14 Tage nach dem desaströsen Wahlabend, der den Liberalen auch in allen zehn Rathäusern ein niederschmetterndes Ergebnis brachte, wurde die Kritik an Pohlmann intern nicht geringer. Nachdem er selbst bei der Bürgermeisterwahl in Kerpen unter ferner liefen gelandet war, freute er sich bei der Stichwahl überschwänglich über den Sieg des SPD-Kandidaten Thomas Jurczyk. Der hatte gegen den CDU-Mann Harald Stingl die Oberhand behalten.
Ein Foto, das Pohlmann und Jurczyk im Freudentaumel zeigt, kam bei führenden Christdemokraten im Rhein-Erft-Kreis nicht gut an: Schließlich besteht die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen im Kreistag seit 1999. Einer der Stabilisatoren war in der Ära vor Pohlmann eben Bombis. Vertreter aller drei Parteien haben nach der Wahl im September angekündigt, ihr Bündnis fortführen zu wollen. CDU und Grüne haben allerdings auch ohne die Liberalen eine Mehrheit – wenn auch eine hauchdünne.

Brachte dieses Foto Pohlmann (r.) endgültig zu Fall? Der Liberale gratulierte Thomas Jurczyk (SPD) zur Bürgermeisterwahl in Kerpen.
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Bombis, der ehemalige Landtagsabgeordnete aus Erftstadt, führt die neue Fraktion im Kreistag künftig mit David Held von den Freien Wählern. Auch er war nicht der Spitzenkandidat, sondern Karl Heinz Spielmanns. Die FW gehörten im September wie die FDP zu den Verlierern. Sie büßten 1,2 Prozentpunkte der Stimmen ein und kamen nur noch auf 2,2 Prozent. In der neuen gemeinsamen Fraktion wollen beide ihre Kräfte bündeln. In einer Mitteilung heißt es: Es „entsteht eine neue politische Kraft, die liberale und unabhängige Perspektiven vereint und die Zukunft des Rhein-Erft-Kreis aktiv gestalten will“.
Die Wahrheit ist: FDP und FW brauchen einander
Mit drei beziehungsweise zwei Sitzen im Kreistag in Bergheim steht weder FDP noch FW Fraktionsstatus zu. Dafür sind mindestens vier Mandate erforderlich. Das Gremium hat insgesamt 84 Sitze.
Eine erste Reaktion zur neu gebildeten Fraktion kommt von der SPD. Deren Fraktionsvorsitzender Dierk Timm sagte auf Anfrage dieser Redaktion: „Wir arbeiten bisher mit den beiden Fraktionen von FDP und FW gut zusammen und werden das sicherlich auch zukünftig mit der neuen, gemeinsamen Fraktion. Dem neuen Fraktionsvorsitzenden Ralph Bombis gratuliere ich.“
