JubiläumDen Alltag ins Radio geholt

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Radio-Erft-Moderatorin Heike Spitzley sorgt morgens und nachmittags für gute Stimmung bei den Hörern.

Radio-Erft-Moderatorin Heike Spitzley sorgt morgens und nachmittags für gute Stimmung bei den Hörern.

Wesseling – „On Airft“. So hieß sie, die erste Sendung. Nach Jahren der Vorbereitungen gelang im November 1992 der Start, wenn auch etwas holprig. Vieles funktionierte noch nicht. „Manchmal war gar nichts zu hören“, erinnern sich die Mitarbeiter der ersten Stunde. Stromausfälle über Wochen machten dem jungen Team zu schaffen.

Die Erfolgsgeschichte von Radio Erft konnten derartige Zwischenfälle aber offenbar nicht stoppen. Was mit einer Sendezeit von drei Stunden begann, ist inzwischen auf acht Stunden täglich angewachsen. „Damit gehören wir zu den Größten in Nordrhein-Westfalen“, sagt Chefredakteur Andreas Houska. Freitagabend feiert Radio Erft mit geladenen Gästen den 20. Geburtstag im Bergheimer Medio.

Der Mann der ersten Stunde hieß Peter Siebert. Vor 20 Jahren verantwortete der heute 58-Jährige die erste Sendung. Bis die aber über den Äther ging, hatte der erste Chefredakteur des Senders alle Hände voll zu tun. Es haperte mit der Freigabe der Frequenzen durch die Telekom. Immerhin: Es gab zwei Studios, ganz oben im Hürth-Park, „mit einem schönen Ausblick über den Kreis bis hin zum Kölner Dom“, erinnert sich Siebert.

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Aber: „Der Chefredakteur war der einzige Mitarbeiter.“ Der inzwischen verstorbene damalige Vorsitzende der Veranstaltergemeinschaft von Radio Erft, Werner Lehmann, habe ihm 50 Bewerbungen älteren Datums in die Hand gedrückt und erklärt, dort sei möglicherweise noch jemand dabei, den man einstellen könne. Schnell wurde Siebert klar: Die meisten Bewerbungen sind obsolet, die Leute hatten längst woanders einen Job gefunden. Jetzt nutzte Siebert seine Kontakte und heuerte einen Kollegen aus frühen Radio-Tagen in Mettmann an: Er wurde später der erste Redakteur.

Im Oktober wuchs das Team um die Assistentinnen Heike Naujoks-Witt und Brigitte Steinborn. Mit drei Redakteuren zur Probe ging die Mannschaft ans Werk. Vom ersten Tag an wurde drei Stunden gesendet, die Morgensendung übernahm noch Radio Köln. Während Mitglieder der Veranstaltergemeinschaft vor dem Studio die Korken knallen ließen, moderierte Dirk Hemmerling die erste Sendung. Gast im Studio war, wie sollte es anders sein, der damalige Landrat Klaus Lennartz (SPD).

In der folgenden Zeit hatte Siebert zwei Probleme: das Personal zu halten und professioneller zu werden. Viele der Radio-Macher wechselten zum WDR oder zu anderen Sendern, was im Nachhinein als Kompliment für den jungen Sender gewertet wird. Nicht alles, was über den Äther lief, war astrein. „Mit der Recherche haperte es noch, aber wir wollten bekannt werden und den Kreis kennenlernen. Der journalistische Anspruch wuchs, aber wir mussten aus personellen Gründen Abstriche machen.“ Um im Kreis bekannt zu werden, holte das Team Vereine ins Studio, die sich in der Sendung „Clubhaus“ präsentieren konnten. Die Pionierphase mit „vielen Ideen und keinerlei Erfahrung“ überstand der Sender unbeschadet. „Die Professionalität kam übers Tun“, sagt Siebert.

Und mit ihr der Erfolg. Schon nach wenigen Jahren stand der Sender an der Spitze, gewann nicht nur Radiopreise, sondern wurde Marktführer. Rund 160 000 Hörer schalteten auch in diesem Jahr Tag für Tag Radio Erft ein. Damit ist der Sender mit 26,8 Prozent Quotensieger im Kreis vor seinen Mitbewerbern Eins Live (21,6 Prozent) und WDR 2 (17,2 Prozent).

Peter Siebert, der den Sender vor zehn Jahren verließ: „Wir haben eine Nische besetzt. Der Alltag fand im Radio nicht statt, das war neu. Und das Lokale war identifikationsstiftend. Und zwar ohne provinziell zu sein.“

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