PraxisaufgabeTierarzt in Wesseling findet keine Nachfolger

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Auf dem Foto sind Tierarzt Malte Frank Kubinetz und seine Assistentin Bianca Meinke zu sehen. Sie untersuchen Labrador Apollo.

Labrador Apollo zeigt keine Scheu bei der Untersuchung durch Herrchen Malte Franz Kubinetz und dessen Assistentin Bianca Meinke.

Mehr als 40 Jahre war Malte Franz Kubinetz für seine Patienten da. Gerne hätte er eine Nachfolgelösung präsentiert. Woran dies scheitert. 

Ende September schließt Malte Franz Kubinetz seine Tierarztpraxis im Herzen Wesselings gleich neben einer Tierfutterfiliale. Ende Oktober will er die leer geräumte Tierarztpraxis in den angemieteten Räumen Am Westring besenrein dem Vermieter übergeben.

Eine Nachfolge für seine Kleintierpraxis hatte er von Herbst 2022 bis Juli 2023 ergebnislos gesucht, sagte der Tierarzt. Anfang der 1980er Jahre war er als erster in Wesseling ansässiger Tierarzt noch von der damaligen Vize-Bürgermeisterin Marianne Andreas begrüßt worden.

Ein „gutes Auskommen vom ersten Tag an“ habe er mit seiner Arbeit gehabt, schildert der 65-jährige. 600 bis 700 Kunden habe er jährlich betreut – mit rund 14.000 Behandlungen, die Hälfte der Patienten Katzen, dazu Hunde, Meerschweinchen und Kaninchen.

Es gab nur zwei Interessentinnen, die die Praxis übernehmen wollten

Eine modern ausgestattete Praxis mit Stammkunden und eingearbeitetem Personal hätten potenzielle Nachfolger oder Nachfolgerinnen übernehmen können. In sechs Räumen halte er Wartezimmer, Behandlungsraum, einen OP-Raum mit digitalen Röntgengeräten für Zähne und Körper seiner Patienten sowie Aufwachraum, Apotheke, Labor und Toiletten vor.

Auf dem Foto ist der Tierarzt an seinem Röntgengerät zu sehen.

Ein digitales Röntgengerät für Körper und Zähne gehören zur Ausstattung.

Nur zwei Interessentinnen hatte Malte Franz Kubinetz gezählt. Eine junge Frau fürchtete, nach einem Probetag, sich im Vollterminsystem auf der Basis einer 35-Stunden-Woche nicht mehr um ihren schulpflichtigen Sohn kümmern zu können. Eine weitere Tierärztin, die die Praxisräume als Ergänzung zu ihrem Tierarztbus suchte, entschuldigte sich, den Fulltimejob vielleicht nicht leisten zu können, sollte ihre einzige Angestellte oder sie selbst einmal erkranken.

Die Arbeitskultur heutiger Selbstständiger habe sich im Unterschied zur Boomergeneration, zu der er sich zähle, wohl verändert, vermutet der 65-jährige Tierarzt. Er selbst habe damals als alleinerziehender Vater in der Praxis gestanden, erzählt er, das Baby habe er in einem Winkel in einem Laufställchen dabei gehabt. Um dem Sohn die Flasche zu geben, habe er eben die Tätigkeit in der Praxis unterbrochen, genauso wenn er heute selbst den Arzt oder Frisör besuche.

3500 Tiere musste er von ihrem Leiden befreien

Freilich, der Schritt in die Selbstständigkeit solle nicht leichtfertig gefällt werden, die Verantwortung und der Verwaltungsaufwand seien hoch. Bisweilen befänden sich Arbeitszeiten am Samstag oder im Notdienst außerhalb der Komfortzone. Auch die Aufgabe eines jeden Tierarztes, Tiere in den Tod zu begleiten, sei nichts für schwache Nerven. Etwa 3500 seiner Patienten habe er mit Beruhigungsmitteln töten müssen, dies sei einer der Gründe, warum er jetzt aufhöre, so Kubinetz.

Auch wenn er die heutige Verteilung von ungefähr 20 Tierärzten in seinem Einzugsgebiet Köln-Süd, Bonn-Nord, Brühl und in Wesseling mit zwei zusätzlichen Kollegen als üppig im Vergleich zu den 1980er Jahren ansehe — freie Plätze für die Tiere seiner Kunden habe er dort nicht gefunden. Nur eine Praxis habe sich bereit erklärt, etwa 20 seiner Patienten aufzunehmen.

Tierschützer fürchten keinen Engpass bei der Abdeckung mit Tierärzten

Die Leiterin des Tierheimes in Bergheim, Heike Bergmann, sieht auf Anfrage die Versorgung der Tierhalter mit Tierärzten im Rhein-Erft-Kreis als gedeckt an. Schließungen kleinerer Tierarztpraxen in den Ortschaften zum Trotz, eröffneten immer wieder neue Praxen. Allein bei der Versorgung mit Tierkliniken sehe sie Probleme. Die hätten zunehmen mit Fachkräftemangel zu kämpfen. Die Stommelner Tierklinik sei derzeit die einzige im Kreis.

Wie er die Tage verbringen will, wenn er ohne „sein Wohnzimmer“ auskommen muss, wie er seine Praxis nennt, weiß Kubinetz noch nicht, „ich habe keinen Plan“. Gemeinsam mit seiner Frau Bettina Tanneberger und dem erst drei Monate alten Labrador Apollo ist er aus Wesseling aufs Land gezogen.

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