Schöffen gesuchtWesselinger erklärt, warum ihm die Arbeit als Laienrichter wichtig ist

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Ein Mann mit einem Notizbuch in der Hand sitzt auf einer Bank.

Romeo Nürnberg (43) ist Schöffe am Jugendgericht in Brühl.

Im Kreis werden derzeit Schöffen dringend gesucht. Ein ehrenamtlicher Richter hat erzählt, was ihm an dieser Aufgabe gefällt.

Sie sind die Richter ohne Roben: Schöffen. „Unsere Stimme ist genauso gewichtig wie die der Richter“, sagt Romeo Nürnberg (43). Der Wesselinger ist Erzieher, Vater eines Kindes und ehrenamtlicher Richter am Jugendgericht in Brühl. „Immer zwei Schöffen sitzen bei den Verhandlungen im Gericht“, sagt er. Theoretisch könnten die beiden Schöffen sogar den Richter überstimmen.

Nürnberg ist 2018 dem Aufruf der Kommunen gefolgt und hat sich für das Ehrenamt beworben. 2019 ist er zum Schöffen ernannt worden. Eine Legislaturperiode dauert vier Jahre. Sein erster Fall habe gerade eine Stunde gedauert – der längste ging über fünf Verhandlungstage, an denen er einmal sogar zehn Stunden im Gericht saß.

Abgründe menschlicher Seelen

„Es ist ein schönes und sehr wichtiges Ehrenamt, das einem aber auch die Grenzen der Justiz aufzeigt“, sagt er. Denn öfter hätten er und auch verschiedene Richter die jungen Straftäter gerne härter bestraft, doch der Rechtsrahmen habe es einfach nicht zugelassen. Obwohl er teils in tiefe Abgründe menschlicher Seelen schauen musste, hat ihm das Ehrenamt bisher vor allen Dingen Freude bereitet. „Die Demokratie lebt doch vom Mitmachen und Mitgestalten. Als Bürger und Demokrat fühle ich mich deswegen auch verpflichtet, mich einzubringen“, erklärt er seine Motivation.

Ein Mann mit einem Notizbuch in der Hand sitzt auf einem Sessel.

Der Schöffe Romeo Nürnberg findet sein Ehrenamt schön und wichtig.

In den vergangenen vier Jahren habe er die gesamte Palette an Straftaten erlebt, von Erpressung und Raub über Körperverletzung und Drogen bis zur Freiheitsberaubung, ausgeübt zumeist von Jugendlichen im Alter von 14 bis 21 Jahren. Je nach Entwicklungsstand seien die Straftäter aber auch schon mal älter.

Manche Fälle bleiben im Gedächtnis

Unvergessen bleibt ihm der Fall einer Körperverletzung, bei dem ein junger Mensch sein Gegenüber so sehr geschädigt hatte, dass dieser wohl sein ganzes weiteres Leben darunter leiden wird. Der Angeklagte gab an, das Opfer habe ihn respektlos behandelt, meinte damit aber, dass sein Gegenüber keine Angst vor ihm gezeigt habe.

„Der Täter ist daraufhin ausgerastet und hat diesen völlig gesunden und kompletten Menschen einfach kaputt gemacht – und das lässt sich auch nie mehr reparieren“, sagt Nürnberg. Das Opfer habe viele Monate im Krankenhaus gelegen, musste die Ausbildung abbrechen, ist jetzt auf Hilfe im Alltag angewiesen und hat bis heute Ängste vor fremden Menschen.

Einige wenige Täter habe er auch mehrfach in seiner bisherigen Amtszeit auf der Anklagebank sitzen gehabt. Dabei sei ihm vor allen Dingen die immer gleiche Ausrede für ihr Handeln aufgefallen. „Die allermeisten Jugendlichen sahen wir jedoch nie wieder, die leisteten reumütig ihre Sozialstunden ab und hüten sich seitdem davor, noch einmal mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten“, sagt Nürnberg. Und das stimmt ihn zuversichtlich.

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