„Ein Ritt auf der Rasierklinge“Wesselings Kämmerin mahnt zu Haushaltsdisziplin

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Das Rathaus in Wesseling

Wesseling – „Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge“, sagte Wesselings Kämmerin Karolin Beloch am Dienstagabend, als sie im Stadtrat den Haushaltsentwurf für 2022/23 vorstellte. Denn Wesseling droht die Haushaltssicherung.

Schon für den Haushalt 2021 gab es keine guten Nachrichten. Vor allem aufgrund weggebrochener Gewerbesteuereinnahmen hatte Beloch zu strikter Haushaltsdisziplin geraten. Diese Mahnung besteht auch jetzt weiter, und die Kämmerin fand eindringliche Worte. „Heute droht uns die Haushaltssicherung“, begann die Kämmerin ihre Rede. „Daran lässt sich nichts schönreden und schon gar nichts schönrechnen.“

Puffer ist spätestens 2024 aufgebraucht

Denn die Ausgleichsrücklage, der Puffer, mit dem die Stadt das Minus im Haushalt ausgleiche, reiche noch für 2022 und 2023. Ab 2024 werde sie jedoch aufgebraucht sein. Grund dafür seien Einbrüche der Gewerbesteuer von zuvor rund 67 Millionen Euro auf 30 Millionen in 2022 und 32 Millionen Euro in 2023 sowie stark steigende Stromkosten von 1,3 Millionen Euro.

Kämmerin Karolin Beloch

Kämmerin Karolin Beloch

Außerdem fielen die Kosten für den Kita-Ausbau, hohe Mieten für provisorische Bauten von Schulen und Kitas, wachsende Bauunterhaltungskosten und ein Mehrbedarf bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe von 1,6 Millionen Euro schwer ins Gewicht. Deshalb habe Beloch bereits einige Konsolidierungsmaßnahmen aufgenommen, um einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorzulegen.

Ausgleichsmaßnahmen gibt es bereits jetzt

Dafür nötig seien vorrangig zwei Punkte, so die Kämmerin: Die Grundsteuer B, die alle Haus- und Grundbesitzer trifft, werde um 100 Punkte auf 595 erhöht. Dadurch könne die Stadt 1,4 Millionen Euro mehr einnehmen.

Zahlen und Corona-Isolierung

Der Doppelhaushalt für 2022/23 hat für die beiden Jahre ein Volumen von insgesamt rund 281,2 Millionen Euro.

Für 2022 rechnet Wesseling dank der vom Land geschaffenen „Corona-Isolation“, mit der es möglich ist, Haushaltsbelastungen „herauszurechnen“, die durch die Pandemie verursacht wurden, mit einem Defizit von 11,7 Millionen Euro und für 2023 mit 7,5 Millionen. Ohne diese Möglichkeit der Herausrechnung wäre der Haushalt für 2022/23 mit insgesamt rund 92,4 Millionen Euro im Minus. Ab 2025 muss die Stadt diese Isolierungsbeträge mit 2,8 Millionen Euro pro Jahr abschreiben. (at)

Außerdem sehe der Haushaltsentwurf eine Kürzung der Betriebskostenzuschüsse an die Sondervermögen Kita und Sport um jeweils eine Million Euro vor. Beim Sondervermögen Kultur reduziert sich der Zuschuss um etwa 500.000 Euro, bei Wald und Park um 250.000 Euro. Große Investitionsprojekte, betonte Beloch, dürften allerdings „trotz und wegen der aktuellen Haushaltssituation“ auf keinen Fall in Frage gestellt werden. Denn um in Zukunft Geld zu sparen, müsse jetzt dringend investiert werden.

Große Projekte trotzdem weiter verfolgen

Zu den Projekten gehören unter anderem die Neubauten der Feuerwache und des Schulcampus, für die zusammen rund 160 Millionen Euro Investitionskosten in den kommenden Jahren veranschlagt sind. „Konsolidierungsmaßnahmen tun weh“, sagte Karolin Beloch nachdrücklich. „Das tun sie jetzt, aber das werden sie um ein Vielfaches tun, wenn wir keine absolute Haushaltsdisziplin halten und dann 2024 ins Haushaltssicherungskonzept rutschen.“

Träte die Haushaltssicherung in Kraft, müsste die Stadt Wesseling ein Sparkonzept unter kommunaler Aufsicht vorlegen, das aufzeigt, wie der Haushalt innerhalb der kommenden Jahre ausgeglichen werden kann.

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Zu jedem Antrag werde sie in den Ausschüssen Stellung nehmen, beendete Beloch ihre Rede. „Und zu jedem Antrag, der konsumtive Ausgaben oder Investitionen mit ungewissen Folgekosten auslöst, werde ich Ihnen sagen, dass ich nicht empfehlen kann, für diesen Antrag zu stimmen.“

Der Rat will den Haushalt am 24. Mai beschließen.

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