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Magische Grenze von 1000Mucher müssen mit höheren Grundsteuern rechnen

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Der Erweiterungsbau für die Grundschule Klosterstraße, für den ursprünglich acht Millionen Euro im Haushaltsplanentwurf standen, wird erneut verschoben.

Der Erweiterungsbau für die Grundschule Klosterstraße, für den ursprünglich acht Millionen Euro im Haushaltsplanentwurf standen, wird erneut verschoben.

Die Mucher müssen mit höheren Grundsteuern rechnen. Diese fielen aber geringer aus als vorgesehen, sagte der Kämmerer bei der Haushaltseinbringung.

Jeder kennt Preise wie 9,90 Euro, hört sich halt viel billiger an als zehn. So ähnlich wirkt die mögliche und wahrscheinliche Grundsteuererhöhung in Much. Man bleibe mit 990 Prozent „unter der magischen Grenze von 1000“, sagte Kämmerer Christopher Salaske in der Sitzung des Gemeinderats.

Derzeit liegt der Hebesatz bei 890. Abstrakte Zahlen. Was die 100 Prozentpunkte plus konkret für den Einzelnen bedeuten, kann sich jeder selbst ausrechnen beim Blick in seinen Bescheid. Bei einem Messbetrag von 100 beispielsweise für ein Einfamilienhaus macht das statt derzeit 890 dann 990 Euro, 100 Euro mehr pro Jahr. Auch wer zur Miete wohnt, wird zur Kasse gebeten, der Vermieter darf die Grundsteuer umlegen.        

Much hat neues Feuerwehrhaus und Grundschulausbau verschoben

Doch auch mit dem Aufschlag, der bislang nur ein Vorschlag der Verwaltung ist und noch politisch vom neu gewählten Rat beschlossen werden muss, steckt die Gemeinde weiterhin in der Klemme, erläuterte der Kämmerer. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen, das Eigenkapital sei bis 2028 aufgebraucht, mit einer Altschuldenhilfe für die Kommunen bis 2030.  

„So kann es nicht weitergehen“, sagte Salaske. Statt einer Haushaltsrede wolle er es bei einem Appell belassen. Die Verwaltung habe zum Beispiel bei den Investitionsvorhaben schon drastisch gekürzt, sagte der scheidende Bürgermeister Norbert Büscher. Waren bei der ersten Einbringung des Haushalts noch Ausgaben von 51 Millionen vorgesehen, gehe es jetzt noch um 18,4 Millionen bis zum Jahr 2029.

Eingeplant seien nur noch die Anbauten für die Grundschule Marienfeld, der derzeit errichtet werden, sowie notwendige Infrastrukturvorhaben. Im Doppelhaushalt 2025/2026 war noch ein Grundsteuerhebesatz von „weit mehr als 1000 Prozent“ vorgesehen gewesen (es waren 1950, d. Red.), da dies nicht mehrheitsfähig gewesen wäre, wurde der Entwurf zurückgezogen.

Sonst haben wir hier Zustände wie bei der Deutschen Bahn oder bei den Autobahnbrücken
Christopher Salaske, Kämmerer von Much

Seitdem befindet sich die Gemeinde in der vorläufigen Haushaltssicherung, das heißt, der Kreis als Kommunalaufsicht muss Ausgaben bewilligen. Eine Pleitekommune müsse ihre Selbständigkeit vollends aufgeben, das könne niemand wollen, so der Kämmerer. Der neue Rat müsse „gemeinsam den Mut finden, die eine oder andere unliebsame Entscheidung zu treffen“.  

Im Moment heißt die Devise aufschieben: Das Feuerwehrhaus, das schon länger am Sportplatz an der B 56 neu gebaut werden soll, wird in naher Zukunft wohl ebenso nicht verwirklicht wie der Umbau der Grundschule Klosterstraße.

Der aktuelle Rat hatte sich für die teuerste der drei vorgestellten Varianten entschieden. Doch selbst die Billigste steht auf dem Prüfstand. Denkbar wäre angesichts der Raumnot ja auch eine Dependance im alten „Schülchen“ für die ersten Klassen, eine Idee, die Büscher im Gespräch mit der Redaktion äußerte. Das Gebäude war einst schon einmal für den Unterricht genutzt worden.        

In den vergangenen Wahlperioden seien viele Dinge entstanden, so der scheidende Bürgermeister: Anbauten am Schulzentrum, Kindergärten, wir haben in die Zukunft investiert. Büscher wünschte den neu gewählten Ratsmitgliedern eine gute Hand bei den Beratungen: „Es wird nicht einfacher.“ 

Es sei kein Geheimnis, dass über Nacht kein ausgeglichener Haushalt zu schaffen sei, sagte der Kämmerer. Ein allzu strikter Sparkurs aber gehe auf Dauer nicht: „Sonst haben wir hier Zustände wie bei der Deutschen Bahn oder bei den Autobahnbrücken.“   

Die Politik habe nun die Aufgabe, eine Prioritätenliste für die investiven Kreditaufnahmen aufzustellen. Auch die Bürger können Anregungen zum Haushaltsplanentwurf machen, der ab Sonntag, 9. November, online einsehbar ist. Der Plan und die Liste werden in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstag, 27. November, vorberaten.

Der Haushalt soll am Dienstag, 16. Dezember, im Gemeinderat beschlossen werden. Spätestens dann weiß jeder Bürger, wie hoch die Grundsteuererhöhung ausfallen wird.     


Spitzenreiter Niederkassel

Spitzenreiter bei der Grundsteuer im Rhein-Sieg-Kreis ist aktuell Niederkassel mit 1010 Prozent. Eitorf und Windeck liegen bei 960, Hennef bei 882, Neunkirchen-Seelscheid bei 793, Siegburg bei 790,   Lohmar bei 782, Troisdorf bei 535 Prozent. Um seine jährliche Belastung zu errechnen, muss der Steuerzahler den in der Kommune gültigen Hebesatz mit dem Messbetrag für seine Immobilie multiplizieren.