Amtsgericht SiegburgFreikirche kauft Winterscheider Mühle

Seit der Betreiber in die Insolvenz ging, steht das ehemalige Hotel „Winterscheider Mühle“ leer. Der Zahn der Zeit aber auch ungebetene Gäste schaden der Substanz und damit dem Wert des Hauses.
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Ruppichteroth – Die Befangenheit ist auf beiden Seiten spürbar. David Kopp, Andreas Wittenberg, Valentin Jäger und Stefan Gembljok sitzen vor dem Gemeinderat und müssen erst einmal durchatmen. Er habe noch nie vor einem derartigen Gremium gesprochen, erklärt Wittenberg fast entschuldigend. Dann stellt der Hennefer mit ruhigen Worten die Glaubensgemeinschaft vor, der er und seine Begleiter angehören: Die Evangeliums-Christengemeinde Hennef. Dass sie seit 1982 existiert, dass die meisten der rund 300 Mitglieder Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion sind, dass sie 1992 ein Gemeindezentrum an der Frankfurter Straße in Hennef gebaut haben und dass dieses mittlerweile aus allen Nähten platzt.
Drei Anläufe zur Versteigerung
Um neuen Raum zu gewinnen, hat die Gemeinschaft, die als eingetragener Verein auftritt, die Winterscheider Mühle gekauft. Das einst weithin renommierte Hotel-Restaurant steht seit 2008 leer. Drei Anläufe zur Zwangsversteigerung hatte es gegeben, drei mal war für die Hauptgläubigerin, die Kreissparkasse Köln, zu wenig geboten worden. Nun musste der Zuschlag erteilt werden, für läppische 400 000 Euro. Zuvor hatten die Hennefer sogar nur die Hälfte geboten, da war die Schmerzgrenze dann doch überschritten. Der ursprüngliche Schätzwert lag bei rund drei Millionen.

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Bürgermeister Mario Loskill hatte bis zuletzt gehofft, das Anwesen an einen Betreiber aus der Gastronomie oder Hotellerie loszuwerden. Das hätte ein Stück kostbare Infrastruktur in der Gemeinde gehalten. Aber letzten Endes, ließ der Rathauschef durchblicken, sei jede ordentliche Nutzung besser als eine ewige Brache.
Die neuen Besitzer wollen im früheren Hotel-Restaurant ein Gemeindezentrum für Versammlungen und Gottesdienste einrichten. Vor allem für die Arbeit mit den rund 300 Jugendlichen, für Seminare, Feiern und Singkreise brauchen sie Platz. Eine eigene Schule sei jedoch nicht geplant.
Nach ihrer Vorstellung müssen sich die vier Männer im Rat aber erst einmal kritische Fragen nach ihren Glaubensgrundsätzen gefallen lassen: Die freikirchliche Evangeliums-Christengemeinde gilt als streng konservativ. CDU-Fraktionschefin Rita Winkler kommt sogleich zum Punkt: „Ich habe in Ihrer Satzung gelesen: »Der Mann ist das Oberhaupt der Familie, die Frau muss sich unterordnen.« Was soll das heißen?“ Das sei nicht die Satzung, sondern das Glaubensbekenntnis, korrigiert Wittenberg sanft – was die Sache nicht besser macht. Erneutes Nachhaken ist die Folge. Nach einigen ausweichenden Antworten machen die Gäste dann doch klare Ansagen: Keine Frauenunterdrückung, keine Gewalt gegen Kinder, kein Fernhalten des Nachwuchses von Regelschulen und kein offensives Missionieren von Andersgläubigen.
„Wir sind keine Fundamentalisten, keine Sekte, keine gefährlichen Leute. Wir sind konservativ“, wirbt der Vorsitzende David Kopp um Vertrauen. Die Ratsherren und -frauen wirken noch nicht vollends überzeugt, aber beruhigter. „Es wirkt auf uns ein bisschen suspekt, dass Sie da draußen Seminare geben wollen, dass Sie nichts mit katholischer oder evangelischer Kirche zu tun haben, aber für uns auch nicht ganz klar ist, was Sie dort eigentlich machen“, bemüht sich Harald Jarkulisch (FDP) diplomatisch, die Vorbehalte des Rates deutlich zu machen. Die Männer jedoch betonen, sie wollten friedlich ihrem Glauben nachgehen und Besucher seien willkommen. Ob auch die Räume der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen werden, steht noch nicht fest. Wann der Betrieb aufgenommen wird, ist noch offen. Ein bis zwei Familien sollen vor Ort wohnen. Bewirtschaften wollen die neuen Besitzer das Haus selbst.