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Streit um Netflix-Abo und BrotMucher Rat will die Grundsteuern nicht erhöhen

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Das Wort Grundsteuer erscheint auf einem Computerbildschirm auf der Seite des Online-Steuerportals Elster.

Die Rathausspitze im Much muss neu rechnen: Der Rat stimmte mehrheitlich gegen die eingeplante Erhöhung der Grundsteuer. (Symbolbild)

Die Bürger können aufatmen, im Rathaus muss neu gerechnet werden: Der Gemeinderat entschied, die Grundsteuer B nicht zu erhöhen.

Die magische Marke von 1000 Prozent sollte der Grundsteuersatz nicht überschreiten. Das war die Mehrheitsmeinung im Gemeinderat vor der Kommunalwahl. Doch die Belastung der Bürger, ob Eigentümer von selbst genutzten Wohnhäusern oder Mieter, ist vom Tisch. Die Politik entschied sich mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und AfD gegen die von der Verwaltung bereits in den Haushalt eingepreiste Erhöhung.   

Es bleibt also im Jahr 2026 bei 890 Prozent, der Anstieg auf 990 Prozent hätte 500.000 Euro zusätzlich in die leere Kasse der Kommune gespült. Das bedeute im Einzelfall eine unzumutbare Belastung für die Bürger, so das Argument. Katja Ruiters, Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, nannte die Umkehr der CDU „ein gutes Signal vor Weihnachten“.

Mehrheit im Rat will die Mucher Bürger nicht mehr belasten

Die geplante Erhöhung hätte den Haushalt in Much, der seit Jahren in Schieflage ist, auch nicht retten können, sagte sie: „Dafür hätten wir 2000 Prozentpunkte gebraucht.“ Peter Steimel, Fraktionschef der Christdemokraten nannte als Rechenbeispiel ein Zweifamilienhaus, für das 240 Euro mehr pro Jahr fällig würden.   

Die Grünen stimmten als einzige Fraktion für den Verwaltungsvorschlag, also die Erhöhung. Die Gemeinde brauche ein Sanierungskonzept für den Haushalt, sagte Ralf Barsties, der Steimels Beispiel als zu extrem kritisierte. Für viele Hausbesitzer gehe es nur um fünf Euro Mehrkosten pro Monat, im Jahr also um 60, „so viel kostet das allerbilligste Netflix-Abo“. 

Der Erweiterungsbau für die Grundschule Klosterstraße, für den acht Millionen Euro im Haushaltsplanentwurf standen, wird verschoben.

Für den Erweiterungsbau der Grundschule Klosterstraße standen ursprünglich acht Millionen Euro im Haushaltsplanentwurf.

Ruiters konterte: „Wir sollten nicht von Netflix, sondern besser von Brot und anderen Sachen reden.“ Die Grundsteuer belaste auch Mieterinnen und Mieter mit kleinen Einkommen, die jetzt schon am Limit seien.

Bürgermeister Karsten Schäfer versuchte, die Wogen zu glätten. „Es gibt unterschiedliche Meinungen, und alle haben recht“, sagte er. Die Gemeinde habe nur Steuern und Abgaben als Einnahmequelle. „Es gibt viele Ausgaben, an denen wir nichts ändern können.“ Andere seien bereits „auf das Nötigste reduziert“.  

Auch über die Gewerbesteuern müsse man nachdenken, meinte Schäfer. Am besten mit der Nachbarkommune Neunkirchen-Seelscheid, da es gemeinsame Gewerbegebiete gebe. Weil dort der Satz nicht erhöht wurde, stünden auch in der Hebesatzung von Much unverändert die 515 Prozent.

Den Haushalt liquide zu halten, sei ein Spagat. Seit Jahren steckt Much im Haushaltssicherungskonzept, muss sich die Finanzplanung vom Rhein-Sieg-Kreis als Kommunalaufsicht genehmigen lassen. Dort würden klar die Grenzen aufgezeigt, so Schäfer, um eine Überschuldung zu verhindern. Bereits 2025 gab es keinen genehmigten Finanzplan, daher liegt nun ein Entwurf für einen Doppelhaushalt 2025/2026 vor.

Im Sommer stehen die Kinder vor der Tür
Bürgermeister Karsten Schäfer, Much, zur Raumnot in der Grundschule Klosterstraße

Der Druck ist hoch, das zeigt auch das Beispiel Grundschule Klosterstraße. Der Anbau ist längst beschlossen, die Summe - ursprünglich waren acht Millionen Euro veranschlagt - aber nicht aufzutreiben. Nun stehen als Kompromiss 2,1 Millionen Euro für Modulbauten im Haushaltsplan, darin seien aber auch mögliche Regresszahlungen enthalten, erläuterte der Bürgermeister. 

Die Gemeinde müsse schnell handeln, die Schule habe zu wenig Platz, und im Sommer stehen die Kinder vor der Tür. Peter Steimel (CDU) regte rasche Gespräche mit dem Kreis an. Für Katja Ruiters (SPD) „der einzige Weg, den wir gehen können“. Sie bewertete das Ringen um Einnahmen und Ausgaben pragmatisch: „Es geht keiner davon aus, dass dieser Haushalt genehmigt wird.“