56-Jährige klagt nach dem Unfall auf Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Der Fall wird vor dem Bonner Landgericht verhandelt.
B56 in Neunkirchen-SeelscheidTwingo gerät in tiefes Schlagloch – Fahrerin verklagt Land NRW

90 Zentimeter lang und 50 Zentimeter breit soll das Schlagloch auf der B56 bei Pohlhausen in Neunkirchen-Seelscheid gewesen sein.
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Es war dunkel, es regnete, und die Bundesstraße 56 in Richtung Pohlhausen war an diesem frühen Abend des 8. Februar 2024 stark frequentiert. Kurz vor dem Ortseingangsschild geriet ein Renault Twingo in ein Schlagloch: „Es schepperte furchtbar“, erinnerte sich die 56-jährige Autofahrerin vor dem Bonner Landgericht. „Ich dachte, eine Achse ist gebrochen.“
Das rote Stoppschild im Auto leuchtete auf, aber die Fahrerin konnte weder ausweichen noch anhalten, da es rechts von der Fahrbahn abschüssig ist. Also rollte sie noch einige Hundert Meter weiter, bis sie vor einem Haus zum Halten kam. Dann stellte sie fest: Der rechte hintere Reifen war geplatzt. Ein Abschleppwagen wurde gerufen. Der Schlagloch-Unfall landete jetzt vor dem Bonner Landgericht.
Das Schlagloch auf der B56 soll 90 Zentimeter lang gewesen sein
Die Autofahrerin hat das Land NRW auf insgesamt 550 Euro Schadensersatz verklagt: 372, 22 Euro für zwei ersetzte Hinterreifen und 78 Euro fürs Abschleppen. Das Schlagloch sei immerhin 90 Zentimeter lang gewesen und 50 Zentimeter breit, erzählte die Klägerin den Richtern der 1. Zivilkammer. Sie war an dem Abend noch zur Unfallstelle zurückgelaufen, um zu schauen, was ihr Auto so ausgebremst hatte. Auf ihrem Beweisfoto ist zu sehen, dass das Schlagloch eine geschätzte Tiefe von circa 15 Zentimetern hatte.
Dieser Straßenschaden, so die klagende Angestellte im öffentlichen Dienst, „kann nicht von heute auf morgen entstanden sein; den muss es schon länger gegeben haben“. Dem Straßenbetreiber NRW wirft sie Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor. Tatsächlich ist die B 56 an diesen Streckenabschnitten – auch wegen des sehr hohen Verkehrsaufkommens – schadensanfällig. Die Asphaltdecke sei „ein Flickwerk an Ausbesserungen“.
Alle vier Tage, so versicherte es das beklagte Land, seien Straßentrupps unterwegs, um eventuell neu entstandene Löcher zu stopfen. Belegt ist auch, dass bei den Begehungen an dieser Strecke jedes Mal um die 15 neue Schäden festgestellt würden. Und: Eine Woche vor dem Unfall, am 29. Januar 2024, seien zuletzt die Schlaglöcher beseitigt worden, heißt es in der Klageerwiderung, für die wetterbedingten weiteren Ereignisse könne das Land nichts.
Aber zu all dem kam das Gericht im Gütetermin gar nicht, auch nicht zu der vom Kammervorsitzenden Stefan Bellin gestellten, nicht unbrisanten Frage, ob bei einer derart stark befahrenen Straße eine viertägige Kontrolle eventuell zu wenig gewesen sein könnte. Mittlerweile sei die B56, berichtete die Klägerin, an der Unfallstelle komplett asphaltiert.
Einen Vergleich über eine Zahlung von 150 Euro lehnte die Klägerin ab
Der Anwalt des beklagten Landes bestreitet, dass die Klägerin auch die Eigentümerin des Autos war, das sie mittlerweile verkauft hat. Denn den Twingo hatte sie vor sechs Jahren nicht gekauft, sondern er war von einer Bank finanziert worden. Die „offene Frage der Legitimation“ konnte die Klägerin laut Kammer im Termin nicht ausreichend belegen. Damit stagniert das Verfahren an dieser Stelle.
Ein Vergleichsvorschlag der Kammer, um aus dem Klagefall „keine unendliche Geschichte“ zu machen, lehnte die Klägerin ab. 150 Euro, das wäre nun doch wirklich zu lächerlich gewesen. Immerhin hätte das „prozessgegenständliche Schlagloch“, für das das Land NRW verantwortlich sei, noch ganz andere Unfälle als einen geplatzten Reifen verursachen können. Damit geht die Geschichte in eine weitere Prozessrunde.
Aktenzeichen: LG Bonn 1O 327/24

