Bekannt aus „Mord mit Aussicht“Seelscheid fürchtet nach Verkauf des Gasthofs Röttgen dessen Abriss

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Ein Fachwerkhaus liegt an einer Straße, im Hintergrund ist eine Kirche zu sehen.

Gasthof Röttgen soll verkauft werden, danach könnte der Abriss folgen.

Die Seelscheider Kulturstätte Gasthof Röttgen steht zum Verkauf. Betreiber und Gemeinde fürchten um den Bestand des Gasthofs.

Hat der historische Gasthof Röttgen noch eine Zukunft? Der schmucke Fachwerk-Bau im Dorf Seelscheid steht für knapp 700.000 Euro zum Verkauf.

Der Käufer könne ihn abreißen und dort ein Mehrfamilienhaus errichten, heißt es in der Offerte des beauftragten Immobilienmaklers. Damit würde der Ort ein gut laufendes Restaurant verlieren, einen Treffpunkt für Vereine und einen Ort für Kultur.

Gemeinde will Abriss des alten Fachwerkhauses verhindern  

Das etwa 130 Jahre alte Bauwerk steht nicht unter Denkmalschutz, liegt aber laut Gemeindeverwaltung im Denkmalbereich des malerischen alten Ortskerns unterhalb der evangelischen Kirche, der durch das schwarz-weiße Fachwerk geprägt ist.

„Jede Veränderung bedarf einer Erlaubnis“, teilt Wirtschaftsförderer Thomas Maffei auf Anfrage der Redaktion mit, „da das Erscheinungsbild schützenswert ist.“ Dazu gehöre auch ein Abbruch.

Wie die Gemeinde einen Abriss verhindern könnte, darüber werde man „zu gegebener Zeit mit der Politik beraten“. Es gebe hierfür baurechtliche Instrumente wie eine Veränderungssperre, eventuell sei auch ein Vorkaufsrecht möglich.

Für solche Schritte sei es aber noch zu früh, so Maffei: „Der Verwaltung ist aktuell nicht bekannt, was ein potenzieller Käufer mit dem Gebäude vorhaben könnte.“ Grundsätzlich sei es sehr bedauerlich, „wenn ein solcher Betrieb aufgegeben würde“. Vor allem in Hinblick auf die kulturellen Angebote.

Haus Röttgen in Seelscheid finden viele Veranstaltungen statt

Das Seelscheider Ehepaar Sabine und Andreas Rogawski hat den Gasthof 2019 gepachtet, sie habe nur eine erste Information erhalten und die Hoffnung, dass es weitergehe, sagt die Wirtin. Zumindest dieses Jahr sei gesichert: „Bis Ende 2023 läuft unser Vertrag.“

Sie beobachte mit Sorge, dass alte Häuser für Neubauten abgerissen würden, unter anderem, um teure Eigentumswohnungen zu schaffen „für betuchte Leute, die aus der Stadt aufs Land ziehen“.

Ihr Veranstaltungskalender ist gut gefüllt, mit Jazzsessions, Rockmusik, einer Tanzparty, mit einem Mitsing- und einem Dinnerkonzert. Auch Lesungen und Vorträge, Comedy und Kabarett gab es schon. Der Saal im ersten Stock des Hauses Röttgen bietet 199 Plätze und ein Ambiente, das wohl nicht mehr oft zu finden ist.

Seit Jahrzehnten befindet sich der Gasthof im Familienbesitz, war wohl schon immer eine Restauration. Ein Foto von 1915 zeigt eine Biergartenszene, ein anderes die Senior-Wirtin Lotte Haas hinter der Theke. Als sie starb, vererbte sie das Anwesen an Tochter und Sohn.

Klaus Haas führte mit seiner Frau Jutta die Gaststätte 37 Jahre lang bis 2019. Was er von einem möglich Abriss hält, ist unklar. Der 69-Jährige war telefonisch für die Redaktion nicht erreichbar.

Aktuelle Betreiberin des Gasthofs sieht schwarz für die Gastronomie

Die Kommunalpolitiker haben von den Verkaufsplänen gehört. Sie hoffe, dass das Haus so erhalten bleibe, sagte die CDU-Fraktionsvorsitzende Anke Nolte, „das ist meine private Meinung“, in der Fraktion oder im Ausschuss stand das Thema noch nicht auf der Tagesordnung. Ob es eine Handhabe gegen einen möglichen Abriss gebe, könne sie nicht einschätzen.

Für Guido Demmer von der Bürgerfraktion gehört das Gebäude „zu Seelscheid dazu“. Falls es verschwindet, soll die Kultur in Seelscheid nicht sterben, heißt es aus dem Rathaus. „Die Gemeinde plant derzeit die Errichtung einer ,KulTurnhalle’, die mit Mitteln aus der Städtebauförderung umgesetzt werden soll“, teilt der Wirtschaftsförderer mit.

Die Zukunft der Gastronomie sieht Sabine Rogawski insgesamt düster, nicht nur in Seelscheid, dabei seien die Restaurants gut ausgelastet. Doch auf den Betreibern lastete der Mindestlohn sowie die steigenden Preise für Lebensmittel und Energie. „Wenn der Wirt am Ende des Tages derjenige ist, der am wenigsten verdient, machen wohl etliche Lokale dicht.“


Der Gasthof Aubach in Hengasch

Millionen kennen Haus Röttgen aus der Kult-Fernsehserie „Mord mit Aussicht“, 2014 der meist geschaute TV-Mehrteiler in Deutschland, darin heißt der „Gasthof Aubach“. Auch Menschen aus Seelscheid spielten mit, so hatte der Männerchor Mohlscheid einen großen Auftritt.

Sophie Haas (Caroline Peters, M.) trifft sich mit Andreas Zielonka (Max Gertsch, l.) und dessen Vater Hans (Michael Hanemann, r.) im Gasthof.

An der Theke des „Gasthofs Aubach“: Kommissarin Sophie Haas (Caroline Peters) zwischen Andreas Zielonka (Max Gertsch, l.) und dessen Vater Hans (Michael Hanemann).

Das Haus wurde zur Pilgerstätte. Fans aus ganz Deutschland reisten zu Treffen an, es gab einen Fan-Stammtisch. Fotos von den Dreharbeiten und den Schauspielern und die „Hengasch-Stube“, bekannt nach dem fiktiven Serien-Ort, erinnern an diese Zeit.

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