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Ein SchwerverletzterFahrer flüchtet nach Unfall mit Traktor in Much – jetzt ist er verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Ein demolierter VW Scirocco steht am Straßenrand. Mehrere Feuerwehrleute sind an der Unfallstelle auf der Wahnbachtalstraße im Much.

Demoliert blieb der VW Scirocco nach dem Unfall zurück, der 24 Jahre alte Fahrer wurde schwer verletzt.

Zwei junge Männer hatten in der „Lichternacht“ mit einem Traktor ein Auto gerammt. Einen 24-Jährigen ließen sie schwerverletzt zurück.

Ein schwerer Unfall mit einem Traktor auf der Wahnbachtalstraße in Much beschäftigte jetzt das Siegburger Amtsgericht. Auf der Anklagebank: zwei junge Männer, die in der „Lichternacht“ am 4. Dezember 2021 mit einem drei Meter breiten und vier Meter hohen Heuschwader einen entgegenkommenden Pkw gerammt hatten. Dabei war das Dach des VW Scirocco aufgeschlitzt und ein 24-Jähriger aus Neunkirchen-Seelscheid schwer verletzt worden.

Die Männer hatten sich nicht um das Opfer gekümmert, den demolierten Landwirtschaftsanhänger abgestellt und waren mit dem Traktor davongefahren. Und mehr noch: Der Fahrer hat am nächsten Tag seinen Heuschwader bei der Polizei als gestohlen gemeldet, als er von dem Unfall erfuhr. Drei Tage später aber drückte ihn und seinen Kumpel doch das Gewissen, und sie gingen zur Wache.

Angeklagte können sich schweren Unfall in Much nicht erklären

Die beiden bislang unbescholtenen Angeklagten gaben sowohl bei der polizeilichen Vernehmung als auch im Prozess an, den Crash nicht bemerkt zu haben. „Ich dachte, wir sind gegen einen Bordstein gefahren“, sagte der 28-Jährige, der damals am Steuer saß. Es habe einen Knall gegeben, der Traktor schaukelte sich auf, der Schwader, ein Gerät, mit dem Heu auf dem Feld zusammengeschoben wird, kippte um. „Es war ein Funkenmeer“, sagte der 27-jährige Beifahrer.

Wie der Unfall passieren konnte, dafür hätten sie keine Erklärung. Sie hätten den entgegenkommenden Pkw nicht gesehen. Der Beifahrer hatte auf sein Handy geschaut, er wollte online ein Kälbchen kaufen.

Nach Unfall in Much: Angeklagte würdigten sich keines Blickes

Ein Sachverständiger für Unfallrekonstruktion hatte zunächst vermutet, dass die Leitungen des Schwaders unsachgemäß mit der Zugmaschine verbunden waren, so dass die Hydraulik nicht funktionierte und das Gerät nach links auf die Gegenspur geriet. Wer den Heuschwader angehängt hatte, ob allein der Fahrer oder dieser mit dem Beifahrer, blieb in der Hauptverhandlung im Dunkeln.

Der Beifahrer bestritt jede Mitverantwortung. Die früheren Kumpel würdigten sich keines Blickes, sie hatten nach dem Geschehen den Kontakt abgebrochen. Im Prozess nannte der Sachverständige einen Bedienfehler oder einen technischen Defekt als weitere mögliche Unfallauslöser. Alle drei Varianten seien indes nicht nachzuweisen.

Der Heuschwader, ein Gerät mit dem Heu zusammengeschoben wird, blieb am Unfallort zurück.

Der angehängte Doppelschwader schlitzte das Dach des entgegenkommenden  Autos auf.

Dank der Ersthelfer, darunter ein 28-Jähriger, der mit seinem geschmückten Traktor an der Lichterfahrt teilgenommen hatte, wurde das bewusstlose Unfallopfer schnell in die Klinik gebracht. Der Mann lag dort erst einmal auf der Intensivstation, allerdings nicht wegen der stark blutenden Platzwunde und dem Verdacht auf Gehirnerschütterung, sondern wegen seines angeborenen Herzfehlers.

Unfallfahrer zu Geldstrafe verurteilt – Beifahrer kommt davon

Im Zeugenstand bedauerte der damals schwer Verletzte nur den Totalschaden des Sciroccos: „Das war mein erstes Auto.“

Der Beifahrer, ein Berufskraftfahrer, dessen Eltern einen Bauernhof haben, wurde freigesprochen, ihm war kein Verschulden nachzuweisen. Der Traktorfahrer, ein gelernter Dachdecker und Zimmermann, der auf dem Hof der Familie mithilft, wurde wegen Unfallflucht und Vortäuschens einer Straftat verurteilt. Richter Michael Krah blieb allerdings weit unter der Forderung der Staatsanwältin, die auf eine Geldstrafe von 7800 Euro plädiert hatte (130 Tagessätze à 60 Euro), die auf dem polizeilichen Führungszeugnis aufgetaucht wäre.

Der 28-Jährige muss nun nur 4500 Euro zahlen (75 Tagessätze). Sein Führerschein, den er nach dem Unfall abgeben musste, bleibt weitere drei Monate gesperrt. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen, wobei das Gutachten mit mehreren Hundert Euro der größte Posten ist.