Kippa heruntergeschlagenMann in Bonn wegen Angriffs auf jüdischen Professor angeklagt

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In Bonn ist ein jüdischer Professor angegriffen worden (Symbolbild).

Bonn – Fast ein Jahr nach demantisemitischen Angriff gegen einen jüdischen Professor im Bonner Hofgarten am 11. Juli 2018 hat die Bonner Staatsanwaltschaft den 21-jährigen Angreifer angeklagt, wie Gabriele Wester, Sprecherin des Bonner Amtsgerichts, am Donnerstag auf Anfrage mitteilte. Demnach muss sich der Angeklagte wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung, Nötigung und Körperverletzung vor einem Jugendgericht verantworten.

Mit seinem Anti-Kippa-Angriff, so der Ankläger, habe der 20-Jährige den öffentlichen Frieden gestört, indem er die Menschenwürde eines anderen angegriffen und ihn wegen seiner Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe beschimpft habe. So der rechtliche Vorwurf, für den Strafen bis zu fünf Jahren verhängt werden können.

Als Cannabis-Dealer unterwegs

Laut Anklage soll der damals 20-Jährige, der offenbar als Cannabis-Dealer im Hofgarten unterwegs gewesen war, gegen 14.25 Uhr auf den Gast-Professor Jitzchak Jochanan Melamed zugegangen sein, ihn als Juden beleidigt („I fuck jews“), ihm wiederholt die Kippa vom Kopf geschlagen und gesagt haben: „Kein Jude in Deutschland!“. Nachdem der Hochschulprofessor seine Kippa aufgehoben und wieder aufsetzt hatte, soll der Angeklagte ihn geschubst, geboxt und auch gegen dessen Bein getreten haben; der 50-Jährige wehrte sich und trat zurück. Als die Polizei auftauchte und eingreifen wollte, rannte der Junkie davon, der Professor ihm hinterher. Eine Verfolgungsszene, die zu einem folgenschweren Missverständnis geführt hatte.

Denn die Streifenbeamten hatten Melamed irrtümlich für den Angreifer gehalten, ihn verfolgt, zu Boden geworfen und - als sich der 50-Jährige gegen seine Festnahme wehrte - auch geschlagen. Das Ermittlungsverfahren gegen vier Bonner Polizeibeamte jedoch wurde bereits im März 2019 wegen eines „Irrtums in einer unübersichtlichen Lage“ eingestellt. Professor Jochanan Melamed, der sich damals wegen eines Gastvortrags in Bonn aufhielt, hat die Einstellung scharf kritisiert.

Der Angeklagte, der mit 13 Jahren mit seiner Familie aus Jordanien nach Deutschland eingereist ist, soll gegenüber den Ermittlern erklärt haben, dass er bei dem Vorfall „völlig stoned“ (mit Drogen zugedröhnt) gewesen sei. Der Professor, der damals in Begleitung einer Mitarbeiterin der Uni Bonn unterwegs gewesen war, hatte zudem zu Protokoll gegeben, dass ihm der Angeklagte bereits vor der feindlichen Attacke aufgefallen sei, weil er mehrere Leute angesprochen und ihnen Cannabis angeboten habe.

Der Angeklagte ist justizbekannt: Im September 2018 war er vom Bonner Landgericht wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er war Mitglied der sogenannten Edeka-Bande, die zwei Supermärkte in Bonn und Königswinter überfallen hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Professor reist zum Prozess aus Baltimore nach Bonn

In dem jetzt anstehenden Prozess um die Kippa-Affäre sollen weitere Vorwürfe gegen den Angeklagten mitverhandelt werden, in sechs Fällen soll er Fremde attackiert, beleidigt und auch verletzt haben.

Professor Melamed, der eigens aus Baltimore anreisen wird, will in dem Verfahren als Nebenkläger auftreten. Weitere neun Zeugen sind geladen, die die Szene im Hofgarten gesehen haben sollen; auch zwei Gutachter sind beauftragt, unter anderem zu der Frage, ob der Angeklagte zur Tatzeit vermindert schuldfähig gewesen ist. Das Verfahren ist noch nicht terminiert.

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