Wegen versuchten Totschlags angeklagtJugendbande greift Opfer in Bonn brutal an

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Symbolbild

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Bonn – Anfangs ging es wohl um Abzockereien: Eine Jugendgang aus dem Bonner Norden – vor allem aus Tannenbusch und Auerberg – zog seit 2020 in wechselnden Besetzungen nachts los, um nach Raubopfern zu suchen. Später ging es der Bande, zu der Ermittler mittlerweile 20 Mitglieder zählen, oft nur noch um rohe Gewalt. In Mannschaftsstärke suchten die Jugendlichen meist in die Bonner Altstadt rund ums Stadthaus grundlos nach Streit, provozierten und griffen brutal an, bis ein Fall fast tödlich endete.

Die Staatsanwaltschaft hat, wie Gerichtssprecherin Gerlind Keller auf Anfrage bestätigte, jetzt drei Mitglieder der Jugendgang – heute 18 und 19 Jahre alt – wegen schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und den ältesten sogar wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Homosexuelle laut Anklage in Falle gelockt

Angeklagt worden war das befreundete Trio zunächst am Amtsgericht: Auf einer Dating-Plattform für Homosexuelle hatten sie sich als junge Männer ausgegeben, die nach Sexpartnern suchten: Im ersten Fall meldete sich laut Anklage ein 42-jähriger Kölner, der mit einem Mietwagen zum Treff in der Bonner Altstadt erschien. Die Angeklagten empfingen ihn mit Messern und forderten Geld. Dann soll ihm mit einer Holzstange gegen den Kopf geschlagen worden sein. Der Freier gab ihnen Bargeld und flüchtete im Fahrzeug. Zum Abschied zerschlug das Trio mit einer Metallstange noch die Heckscheibe.

Bei einem zweiten Rendezvous erging es einem Freier noch übler: Im August 2020, nachts um 2 Uhr, wurde der 44-Jährige in die Nähe des Sportparks Nord gelockt, wo er von dem 19-Jährigen und einem Unbekannten derart mit einem Gegenstand geschlagen worden sein soll, dass er bewusstlos zu Boden ging. Die Täter nahmen ihm Handy und Portemonnaie ab und ließen ihn schwer verletzt liegen. Erst am nächsten Morgen, gegen 9 Uhr, wurde er von Spaziergängern gefunden.

Zahlreiche Handy-Videos gesichert

In einem zweiten Anklagekomplex geht es um gewalttätige Angriffe in sechs Fällen. Es habe eine Weile gedauert, bestätigte Sebastian Buß, Sprecher der Anklagebehörde, bis klar gewesen sei, dass die „Romeo-Tätergruppe“ mit der Stadthaus-Gang identisch ist. Bei der Aufklärung seien die Angeklagten ungewollt hilfreich gewesen: Bei der Durchsuchung von 20 Wohnungen im Januar wurde auf ihren Handys zahlreiche Videos gesichert. Die Täter hatten ihre brutalen, mit Schlagstöcken durchgeführten Überfalle gefilmt und damit unfreiwillig zahlreiche Taten aufgeklärt.

In einem Fall ist das Opfer bis heute unbekannt geblieben. Gesucht wird immer noch nach einem jungen Mann „mit sportlicher Statur und schwarzen Nike-Schuhen“, er wurde von einem Passanten gerettet, der gegen die prügelnden Angreifer eingriff.

Auf am Boden liegendes Opfer eingestochen

Am 22. Januar 2022 kam es schließlich zu dem fast tödlichen Verbrechen. Die Gang um das Trio war mit rund 20 Kumpels in der Altstadt unterwegs gewesen; als sie laut Staatsanwaltschaft auf zwei junge Männer stießen, mit denen sie in Streit gerieten. Einer der Angeklagten soll dabei von einem der beiden Kontrahenten einen „leichten Schubser ins Gesicht bekommen“ haben.

Das sollte an dem 23-Jährigen später übel gerächt werden: Als dir Gruppen wieder aufeinander trafen, wurde er von der Gang bis zur Heerstraße verfolgt, wo er von vielen brutal zusammengeschlagen wurde. Während Passanten sich bereits um den Verletzten kümmerten, soll laut Anklage der 19-Jährige erschienen sein und vor den Augen aller drei Mal ein Messer in die Flanke des bereits am Boden Liegenden gestochen haben. Der Verletzte kollabierte und musste von Rettungskräften noch vor Ort intubiert werden.

Der 19-Jährige wurde eine Woche später festgenommen; die beiden 18-jährigen Mitangeklagten folgten Ende Februar in die Untersuchungshaft. Bis zum Prozess vor dem Bonner Jugendschwurgericht, der im Spätsommer starten soll, werden sie hinter Gittern bleiben. Gegen weitere Gangmitglieder wird noch gesondert ermittelt. 

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