Pfarrdienst-ReformNeuordnung unter den Kirchtürmen

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Die Evangelische Kirche Alfter beging ihr 25-jähriges Jubiläum mit einem Festgottesdienst.

Bornheim – Grillfest und bunte Nachmittage der Seniorengruppe, ein Vortrag über Beethovens Streichquartette, ein Besuch in der Gedenkstätte Bonn, Teilnahme an einem „Aktionstag für eine atomwaffenfreie Welt“ am Fliegerhorst Büchel/Eifel – und schließlich die Lebensmittelausgabe für Bedürftige sowie die „5-Euro-Initiative“ in Hemmerich, die mit den Mitgliedsbeiträgen von fünf Euro im Monat unter anderem einen interkulturellen Treff im Ort einrichten will: In der Evangelischen Kirchengemeinde Vorgebirge war viel los in diesem Sommer.

All das gilt es vorzubereiten; gleichzeitig steht das Presbyterium vor einer besonderen Aufgabe: Bis zur Synode am 11./12. November muss das Leitungsgremium über eine Reform des Pfarrdienstes entscheiden. So hat es die jüngste Sommersynode des Evangelischen Kirchenkreises Bonn beschlossen. Sie folgte damit einer Vorgabe der Landeskirche, kreiskirchenweit die Zahl der Pfarrstellen auf 14,5 und damit um die Hälfte zu verringern. Betroffen sind alle Gemeinden, auch die im Vorgebirge müssen Personal abbauen.

Das Besondere in der Region: Die Grenzen der Kirchspiele sind nicht identisch mit den kommunalen Grenzen. So werden die evangelischen Christen in der Bundesstadt von drei Kirchenkreisen betreut: im Stadtbezirk Bad Godesberg vom Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel, im rechtsrheinischen Stadtbezirk Beuel vom Kirchenkreis An Sieg und Rhein mit Sitz in Siegburg und linksrheinisch vom Kirchenkreis Bonn, der zwölf Gemeinden umfasst und der, auch das ist außergewöhnlich, noch nach Alfter und Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis auskragt.

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Eckhard Altemüller ist für den Bezirk Hemmerich zuständig.

Kleinräumige Aufteilung

Vor Ort wird es noch kleinräumiger: Die Stadt Bornheim ist aufgeteilt in die Kirchengemeinden Hersel mit Hersel, Sechtem und Buschdorf, einem Ortsteil von Bonn sowie Vorgebirge mit dem von Pfarrer Dieter Katernberg betreuten Bezirk Bornheim (mit Brenig und Roisdorf) und dem Bezirk Hemmerich (mit Dersdorf, Waldorf, Kardorf, Rösberg und Merten), für den Pfarrer Eckhard Altemüller zuständig ist. Dritter Pfarrbezirk ist Alfter-Ort mit Pfarrer Rafael Fermor. Aber Achtung: Die Alfterer Ortsteile Witterschlick, Volmershoven, Heidgen, Impekoven, Oedekoven und Gielsdorf sind der Kirchengemeinde Am Kottenforst, zu der auch die Bonner Stadtteile Röttgen und Ückesdorf zählen, zugeschlagen worden. Um die Dörfer in Alfter kümmert sich Pfarrer Andreas Schneider. Die Protestanten in Bornheim-Walberberg sind der Kirchengemeinde Brühl zugeordnet; sie feiern ihre Gottesdienste in der katholischen Walburga-Kirche, nachdem ihr eigenes Gotteshaus abgerissen worden ist.

Es gibt zwei Modelle

Diese Gemengelage hatte die Kirchenkreisleitung um Superintendent Dietmar Pistorius im Blick, als sie – unterstützt von 14 Arbeitsgruppen mit 85 Personen – daran ging, der Sommersynode Vorschläge für den künftigen Pfarrdienst vorzustellen. Das Konzept sieht zwei Modelle mit unterschiedlichen Kooperationsräumen vor. Modell 1 orientiert sich an den bisherigen Gemeindegrenzen, wobei jede Gemeinde mit mindestens einer anderen zusammenarbeiten muss. Modell 2 passt sich den kommunalen Gegebenheiten an. Übertragen aufs Vorgebirge sieht das so aus:  Bei Modell 1 bilden die Gemeinden Hersel und Vorgebirge im bisherigen Zuschnitt einen Kooperationsraum mit 9150 Gemeindemitgliedern und 2,4 Pfarrstellen, eine weniger als heute. Bei Modell 2 werden die Stadt Bornheim (außer Walberberg) und die Gemeinde Alfter kirchlich zusammengelegt; die Kirche hätte dann 10 704 Mitglieder und drei Pfarrstellen (zwei weniger als zurzeit). Der zur Bundesstadt gehörende Sprengel Buschdorf (823 Mitglieder) käme zum Bonner Norden. Die Kirchengemeinde Vorgebirge muss nach den Berechnungen der Synodalleitung bis 2030 auf jeden Fall eine Dreiviertel-Pfarrstelle abgeben. Für die Statistik kommt der Weggang von Pfarrer Fermor (halbe Stelle) aus Alfter daher möglicherweise ganz recht. Er wechselt zum 1. September als Schulpfarrer an die Liebfrauenschule in Bonn und übernimmt ein Kooperationspfarramt an der Kreuzkirche. Seine ehrenamtliche Nachfolgerin in der Kirche am Herrenwingert ist Prädikantin Sybille Thon, die Mitte August ins Amt eingeführt wurde. Die Pfarrer Altemüller und Katernberg (jeweils eine volle Stelle) scheiden aus dem Dienst, bevor in acht Jahren die Reform greift: Der eine geht voraussichtlich 2026, der andere 2027 in den Ruhestand.

Unsichere Zukunft

Die Diskussion um das Pfarrstellenrahmenkonzept für 2030 „kann für uns in Bonn und der Region ein Zeichen des Aufbruchs“ sein, meinte Pfarrer Uwe Grieser von der Trinitatisgemeinde Bonn und stellvertretender Superintendent. Sein Bornheimer Kollege Katernberg sieht es ähnlich: „Bei uns wird vor Ort entschieden, und wenn das gut geschieht, kann man die Menschen besser mitnehmen,“ sagte er auf Anfrage. Unter den Festangestellten trifft die Neuordnung vor allem die jetzt unter 40 Jahre alten Vikare und Pfarrer. Sie können nicht sicher sein, ihre Stelle zu behalten. Vikar Niels Wey forderte namens seiner Kolleginnen und Kollegen in der Synode unter anderem, dass pro Kooperationsraum mindestens zwei Pfarrstellen existieren, dass Familie und Beruf vereinbar seien und dass im Pfarralltag vor allem Zeit für Verkündigung, Seelsorge und Lehre bleibe. Pfarrpersonen müssten daher von Verwaltungsarbeiten entlastet werden.

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