Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Bogensportler in WindeckIn der Ruhe liegt die Treffsicherheit

Lesezeit 3 Minuten

Norbert Meier nimmt Augenmaß, konzentriert sich, atmet tief ein und dann wieder aus.

Windeck – Norbert Meier atmet tief ein und wieder aus. Er hebt den Bogen und verharrt einen Moment, dann lässt er den Pfeil los. Der jagt auf das Ziel zu, 50 Meter entfernt zwischen ein paar Tannen in seinem Garten: ein Wildschwein aus Styropor. Ob er ins Herz getroffen hat, kann Meier nicht sehen. Aber er ist sich sicher: „Meine Muskeln wissen, wie sich ein Treffer anfühlt, manchmal lassen sie den Pfeil schon los, bevor ich das will“, sagt er, „das sind die besten Schüsse.“ Meier muss es wissen. 25-mal wurde er deutscher Meister. Der 62-Jährige betreibt ein Fachgeschäft für Bogensport, ist Vorsitzender der Bogengilde Windeck und hat Tausenden Menschen die ersten Griffe am Bogen gezeigt. Wer Meier besucht, der sieht sofort, dass er für das Bogenschießen lebt. Familie hat er nicht. „Pfeil und Bogen“, sagt Meier, „sind meine Kinder.“

Sein Geschäft befindet sich im Erdgeschoss seines Privathauses und sieht eher aus wie ein Wohnzimmer: Auf dem Boden ein Teppich, in der Ecke ein Kaminofen, an den Wänden Fotos. Am Tisch in der Mitte hat Wolfgang Winterhoff Platz genommen. Der hat vor zwei Jahren seinen ersten Bogen bei Meier gekauft, und dieser hat ihn für das Schießen begeistert. „Ich war bestimmt drei Stunden im Laden, und Norbert hat mir viel erklärt“, sagt Winterhoff, der sogleich in Meiers Verein eingetreten ist. „Jetzt bin ich froh, von ihm lernen zu können.“ Meier selbst hat schon als kleines Kind gern mit Pfeil und Bogen gespielt. Mit 20 Jahren las er dann Karl May und fand auf der letzten Seite eines Buchs Reklame für Sportbögen. Prompt kaufte er seinen ersten Bogen – und konnte seitdem nicht mehr davon lassen. „Ich schieße auch noch in 20 Jahren“, sagt Meier, „ich verbessere mich ja immer noch.“ Mit seinen 25 Meistertiteln könnte er sogar einen Rekord halten. Genau weiß er das nicht, weil in Deutschland zwei Verbände eigene Titel vergeben. „Aber ich bin sicherlich vorne mit dabei“, sagt er – und grinst. Außerdem ist er einer der wenigen, die in allen gängigen fünf Disziplinen antreten. Bei einer davon, im sogenannten „3 D-Bogenschießen“, wird auf Plastiktiere gezielt, die täuschend echt aussehen. Doch so sehr die Disziplin der Jagd ähnelt: Auf lebende Tiere würde Norbert Meier nie schießen. Ihm geht es um den Sport.

Sieg mit dem letzten Schuss

Und dafür möchte er seit Jahren andere begeistern. Rund 100 000 Menschen habe er das Schießen schon erklärt, sagt Meier, ob bei Ritterfestspielen auf Burg Satzvey oder in Schulen. Er bietet Kurse an und legt viel Wert darauf, die Technik zu erklären. „Schießen macht nur Spaß, wenn man trifft“, sagt Meier, „und dafür braucht man zunächst einmal eine saubere Ausführung.“ Konzentration und Ruhe sind genauso wichtig. Das hat Meier bei seinem 24. Meistertitel bewiesen. Erst mit dem letzten Schuss konnte er den Wettbewerb für sich entscheiden.

Wer ihm nacheifern will, kann bei Meier auch gleich die richtige Ausrüstung kaufen – für rund 230 Euro. Sein Fachgeschäft für Bogensport betreibt er seit 1996. Damals eröffnete er es, weil die meisten Geschäfte ihn seiner Meinung nach zu oberflächlich und falsch beraten hatten. „Bogen und Pfeile müssen zum Schützen passen“, sagt Meier, „teurer heißt dabei nicht immer besser.“

Norbert Meier schießt seit neun Jahren mit demselben Bogen. Seit sechs Jahren ist er im Vorruhestand. Für den früheren Bundesbank-Mitarbeiter bedeutet das: viel Zeit zum Bogenschießen. Jeden Tag schießt der 62-Jährige einige Pfeile, dreimal die Woche trainiert er mindestens drei Stunden. „Sonst“, sagt Meier, „fehlt mir etwas.“