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Obdachlosen getötetErneut Prozess um verbrannte Leiche im Wald bei Eitorf

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Die Ermittler suchten nach dem Leichenfund den Bereich um den Fundort mit Spürhunden ab.

Die Ermittler suchten nach dem Leichenfund den Bereich um den Fundort mit Spürhunden ab. (Archivbild)

Zweimal hob der Bundesgerichtshof das Urteil in dem Fall auf. Im neuen Prozess soll die Schuldfähigkeit der Angeklagten überprüft werden.

Noch immer beschäftigt sich das Bonner Landgericht mit dem gewaltsamen Tod eines Obdachlosen aus dem Jahr 2020. Der 46-jährige war zusammen mit zwei anderen Männern im Wald in Eitorf unterwegs und wurde dort brutal misshandelt, getötet und angezündet.

Warum und wer genau den 46-Jährigen getötet hat, versucht die Justiz seit Jahren zu klären. Am Mittwoch, 10. Dezember, begann vor dem Bonner Landgericht der dritte Prozess in diesem Fall.

Joggerin entdeckte teilweise verkohlte Leiche im Wald

Rückblick: Am 2. August 2020 entdeckte eine Joggerin im trockenen Mosbach unweit des Bahnhofs von Eitorf-Merten eine unter Buschwerk und Erde versteckte Leiche, die teilweise verkohlt war. Sie wurde mithilfe von DNA-Spuren als Körper eines 46-jährigen Obdachlosen identifiziert, der brutal misshandelt worden war.

Am 8. August wurden zwei Verdächtige festgenommen, der eine damals 20 Jahre alt, der andere 30. Die Anklage warf ihnen vor, den Mann, den sie aus der Drogenszene kannten, in dem Waldstück getötet und dann angezündet zu haben.

Angeklagte gaben sich im ersten Prozess gegenseitig die Schuld

Im ersten Prozess, der im März 2021 endete, gaben sich die beiden Männer gegenseitig die Schuld am Tod des 46-Jährigen. Laut Urteil soll es in einer Nacht im Juli 2020 unter den Dreien zum Streit gekommen sein. Dabei wurde der Älteste durch Schläge mit einem Ast und durch eine abgebrochene Bierflasche misshandelt, sein Gesicht wurde mit einer Schaufel zertrümmert.

Für die Kammer war es schwer, die Wahrheit zu finden, weil ein Angeklagter den anderen belastete. Ein Detail jedoch führte zur Verurteilung des Jüngsten: Er soll dem Opfer einen Gürtel um den Hals gelegt und dann zugezogen haben.

Die Version des Jüngsten, er habe mit dem Gürtel den bereits toten Mann aus dem Wald schleifen wollten, glaubten die Richter nicht. Der zur Tatzeit Heranwachsende wurde zu sechseinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt, der Mitangeklagte freigesprochen.

Bundesgerichtshof hob das Bonner Urteil zweimal auf

Nach der Revision von Staatsanwaltschaft und Verteidigung hob der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe das Urteil wegen „unzureichender Beweisführung“ auf. Im zweiten Verfahren im Jahr 2023 vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts gingen die Richter nun davon aus, dass beide Angeklagte gemeinsam den Plan gehabt hätten, das Opfer umzubringen. Der Jüngere erhielt wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sechs Jahre Haft, der Ältere wegen Körperverletzung mit Todesfolge sieben Jahre und drei Monate.

Wieder gingen die Verteidiger Martin Kretschmer und Peter René Gülpen in Revision – und erneut kassierte Karlsruhe das Bonner Urteil. Die Feststellungen zum Schuldspruch für beide Angeklagte ließen die höchsten Richter bestehen, er ist damit rechtskräftig, aber die 10. Große Strafkammer muss nun als Jugendkammer darüber befinden, ob die mittlerweile 25 und 35 Jahre alten Beschuldigten möglicherweise wegen ihres exzessiven Drogenmissbrauchs zur Tatzeit vermindert schuldfähig gewesen sind und ob sie in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden müssten. Deswegen wurde ein Sachverständiger hinzugezogen.

Schuldfähigkeit der Angeklagten soll überprüft werden

Beide Männer sind hochgradig alkohol- und drogenabhängig gewesen. Der jüngere, aus Troisdorf stammende Angeklagte, wuchs nach eigenen Angaben bei einer Mutter auf, in deren Haushalt Amphetamine und Schnaps herumlagen wie anderswo Brot oder Butter. Im Alter von sechs Jahren will er den ersten Alkohol, mit sieben die erste Droge probiert haben – und konnte dann als Jugendlicher die Finger nicht mehr davonlassen: Cannabis, Ecstasy, Medikamente, Heroin gehörten bis zu seiner Verhaftung im Sommer 2020 zur täglichen Dosis. Der Arbeitslose bezahlte den Stoff mit der Stütze vom Staat oder beklaute die Großeltern.

Der heute 35-jährige Mitangeklagte konsumierte ebenfalls alles, was es an Rauschgift gibt: Halluzinogene Pilze, Amphetamine, Kokain, Ecstasy, hochpotente Opiate und Heroin, das er sich spritzte und sich damit den Körper ruinierte: Hepatitis, ein Abszess am Fuß, ein durchgetrennter Nervenstrang an einer Hand sind in seiner Krankenakte verzeichnet. In der Untersuchungshaft in Siegburg nimmt der Hennefer am Methadonprogramm teil; offenbar erfolgreich, denn er hat im Gefängnis das Fach-Abitur mit der Note 1,2 bestanden.

Zur Tat machten beide Angeklagten keine Angaben; für den Prozess sind drei weitere Verhandlungstage angesetzt.