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Pianist Thomas PalmVon Schladern auf die Bühnen der Welt

Lesezeit 4 Minuten

An seinem häuslichen Flügel übt der gefragte Pianist täglich.

Windeck – Dass er ausgerechnet an der Oberen Sieg wohnt und nun auch nicht weit entfernt vom neuen Bürgerkulturzentrum in der Halle Kabelmetal, ist eigentlich ein Zufall. Denn als der Pianist Thomas Palm und seine Familie vor zwölf Jahren ein neues Zuhause suchten, waren sie für alles offen, was im Umkreis von 70 Kilometern um Köln lag. „Wir waren damals sehr flexibel“, erinnert er sich. Entscheidend war dann die Verkehrsanbindung.

Während in der Eifel die letzten Züge um 22 Uhr fahren, ist das Tor zur Welt in Schladern länger offen – das ist für Palm wichtig. Denn auch wenn er längst ein Windecker ist, spielt er dennoch auf internationalen Bühnen und unterrichtet in Düsseldorf.

In Aachen geboren, wurde der 61-Jährige schon während seines Studiums vom Deutschen Musikrat für die Bundesauswahl „Konzerte junger Künstler“ ausgesucht. Auszeichnungen bei internationalen Wettbewerben folgten. Er konzertierte als gefragter Liedbegleiter in Europa, Süd- und Nordamerika, im Fernen Osten. Ludwigsburg und Schwetzingen stehen ebenso auf der Liste der Auftrittsorte wie Osaka, New York oder Taipeh.

Meisterkurse, Lehraufträge und Gastprofessuren haben ihn um die Welt geführt. An der Musikhochschule Düsseldorf und daheim gibt er Einzelunterricht und ist auch in der Unterhaltungsmusik hie und da gefragt. Dass es den Pianisten ausgerechnet in ein einsam stehendes Haus im Schladerner Krummauel verschlug, hat auch berufliche Gründe.

Denn sogar Profis müssen üben, und das nicht zu knapp. „Ich übe natürlich Stücke, die ich nicht kann,“ verrät Palm. Und dass auch das schönste Klavier-Dauerkonzert von Nachbarn nicht mehr toleriert wird, konnte er sich schon vor zwölf Jahren ausmalen. „Wir hatten vorher nie eine Verbindung zu Windeck“, berichtet der Musiker. „Und für Autofahrten sind wir eigentlich viel zu weit draußen.“

Mit seiner Frau Irmelin Sloman stellte er dann aber fest, dass die Familie an der Oberen Sieg gar kein „Kindertaxi“ braucht. „Hier erledigen wir viel zu Fuß“, sagt er und erwähnt auch, dass seine Kinder inzwischen per Bahn nach Eitorf zum Gymnasium fahren.

Beim Spazieren im Dorf und vor allem über die beiden Kinder seien schnell auch die Verbindungen zu den Windeckern und anderen Zugezogenen gewachsen. Dabei habe er ursprünglich nur nach einer Wohn- und Schlafstätte gesucht. Pianisten seien meist komische Käuze. „Wir neigen zum Autismus“ – Selbstironie ist Palm nicht fremd. Acht Stunden am Tag mit sich und dem Instrument allein im Elfenbeinturm, da bestehe die Gefahr, „weltfremd und kommunikationsunfähig“ zu werden. Thomas Palm und seine Familie, die ihn immer wieder zurück in die Wirklichkeit holt, wählten einen anderen Weg. Sie griffen nahe liegende Kontakte in Kindergarten und Schule auf, und inzwischen hat sich der Pianist ins kulturelle Leben seiner Wahlheimat Windeck gestürzt.

Als nämlich bei den Proben des Männergesangvereins Germania Schladern der Mann am Klavier ausfiel, wurde Palm zum Vorspiel gebeten – und er blieb. Der 61-jährige leitet inzwischen neben dem Männer- auch den Frauenchor der Germania und tritt mit beiden Chören gemeinsam auf.

Sowohl bei seinen Sängerinnen und Sängern als auch beim Publikum hat Palm ein Vorurteil inzwischen erfolgreich bekämpft: „Gesangvereine können nur leichte Muse.“ Zum einen sei das vermeintlich Leichte in der Musik oft mindestens so schwer wie Beethoven, zum anderen fehle es vielen Chören einfach nur an Mut und Selbstbewusstsein, sich auch an das ernste Fach heran zu trauen.

Mit den Schladernern und einem Profi-Ensemble jedenfalls inszenierte Palms Frau Irmelin Sloman 2009 auf der Burgruine oben über dem Krummauel Lortzings Einakter „Die Opernprobe“. Seitdem weiß die Germania: „Oper? Können wir auch.“

Projekte wie dieses in Kooperation mit Kulturschaffenden von der Oberen Sieg und Profis können sich Thomas Palm und Irmelin Sloman auch für die Zukunft vorstellen. Ideale Voraussetzungen biete dafür nicht zuletzt die Halle Kabelmetal. Für das Gelingen dieses im September 2013 begonnenen Projekts in einer ehemaligen Industriehalle setzt sich Palm über die Bürgerkulturstiftung Windeck mit ein.

Von einem Nachbarn der Halle hat er kürzlich sogar einen Konzertflügel als Leihgabe bekommen und in der Halle aufgestellt. „Klassik tut nicht weh“, versichert er, und letztlich sei Mozarts Musik nichts anderes als hervorragende Unterhaltung gewesen – „gar keine ernste Sache.“