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HennefWarum sich Männer an Pfingsten in den Matsch werfen

Lesezeit 4 Minuten
In Striefen organisierte die Dorfgemeinschaft den Pfingst-Dreikampf mit vier Disziplinen.

In Striefen organisierte die Dorfgemeinschaft den Pfingst-Dreikampf mit vier Disziplinen.

Vielfältige Bräuche und Rituale praktizieren die zahlreichen Junggesellenvereine, Maiclubs und Männereihen an den drei Pfingsttagen - ein Streifzug.

Am Samstagmorgen sind sie noch alle fit, wenn sie sich treffen zu ihrem Zug durch die Dörfer. Eiersingen ist angesagt, ein uralter Brauch, der seine Ursprünge wohl im Bergischen hat, aber auch in Hennef weit verbreitet ist. Sogar in Siegburg zieht der Junggesellenverein und Männerreih „Eintracht“ Siegburg Alt Wolsdorf durchs Unterdorf, mit seinem Pfingsteierlied „Heh kumme de Jungjeselle, Heideroseblümelein...“ Exakt 523 Eier sollen sie am Ende zusammenbringen.

Beim Junggesellenverein Dambroich ziehen nur die Männer los, schellen an jeder Tür und, ja, manche nennen es singen, ihr kleines Lied. Und weil es ein Heischebrauch ist, erheischen, also erbitten sie Eier und Speck. Birgit Crämer hat die Zehnerpackung und das Päckchen Speckwürfel schon bereitgestellt, als die Gruppe in ihren Hof kommt. Außerdem steckt sie dem Vorsitzenden Valentin Becker noch einen Umschlag zu, das Fest am Abend kostet schließlich.

15 Vereine machen dem Maipaar in Hennef-Dambroich ihre Aufwartung

Der Junggesellenverein Dambroich zog durchs Dorf und sammelte Eier sowie Speck. Birgit Crämer empfing die Sänger in ihrem Hof und gab reichlich.

Der Junggesellenverein Dambroich zog durchs Dorf und sammelte Eier sowie Speck. Birgit Crämer empfing die Sänger in ihrem Hof und gab reichlich.

Zur Mittagszeit sitzen sie bei der „Käthe“ an ihrem Edeka-Laden zusammen und stärken sich mit Kartoffelgratin, Kasseler und Krautsalat - schon lange Tradition. Die Eier werden zwischendurch ins Festzelt gebracht, wo die Frauen sie aufschlagen. Denn am Abend gibt es Eierkuchen für lau, rund 15 Vereine machen dann dem Maipaar ihre Aufwartung.

Da sind auch die Happerschosser dabei, die vorher selbst mit ihrem Maiclub durch ihr Dorf ziehen. Hier geht es inzwischen paritätischer zu, auch die jungen Frauen und Mädchen sind dabei. Am Mittag kehren sie in der Linde ein, zum Gruppenbild werfen sie Kilian in die Höhe. „Kilian und das Fass“, heißt der kryptische Ruf, den sie laut erschallen lassen. Es hat was mit der Versteigerungsnacht zu tun, mehr wird nicht verraten.

Der Maiclub Happerschoß teilte sich in drei Gruppen auf, um das gesamte Dorf besuchen und mit Eiergesängen beglücken zu können.

Der Maiclub Happerschoß teilte sich in drei Gruppen auf, um das gesamte Dorf besuchen und mit Eiergesängen beglücken zu können.

An den Türen wird geschellt und dann wacker angestimmt: „Feuer Rose Blümelein, komme och en dösse Hof, schlöf die Ahl, dann weck se doch“, heißt es. Ein Pingsei, also ein Pfingstei, erbitten sie, lieber drei als zwei. Nicht immer gibt es nur Eier, Speck und Geld, auch so manchen Kurzen und manches Bier müssen sie nehmen. Was zur Folge hat, dass nicht alle am Abend mit nach Dambroich fahren können.

Am Sonntagmorgen auf dem Pützemich-Platz in Happerschoß sind die meisten aber wieder fit und fast ausgeschlafen. Crêpes und Rührei mit und ohne Speck gibt es in rauen Mengen, die Dorfbevölkerung ist eingeladen zum zweiten Frühstück. Die jungen Frauen aus dem Maiclub sind beim Braten im Dauereinsatz.

Der Junggesellenverein Geisbach verbrannte den Paias auf dem Baumplatz.

Der Junggesellenverein Geisbach verbrannte den Paias auf dem Baumplatz.

In der Geisbach sind die Bürgerinnen und Bürger ebenfalls zum Eierkuchen-Essen eingeladen. Plötzlich erklingt die kleine Glocke – das gute Stück stammt aus dem Jahre 1824 -, die „Pfarrer“ Lukas Nümm schwingt. Mit zwei Scharfrichtern, dem Fähnrich und der klagenden Witwe bringt er den Paias, die bekleidete Strohpuppe, in einer Schubkarre auf den Festplatz.

Am Pfingstmontag startet der Dreikampf um den Wanderpokal der Pfingstfestspiele

„Es ist die letzte Stunde des Lumpenhundes“, schimpft Nümm drauflos, während die Witwe lauthals schluchzt und wehklagt.  „Den Frauen hat er nachgestellt, für Korn und Bier hatte er immer Zeit.“ Seine Scharfrichter überantworten die Puppe schließlich dem Feuer. Am Ende schlägt die Stunde von Fähnrich Marco Schultz, der im Stehen, Sitzen und Liegen eine der schwersten Fahnen der Region schwenkt. 

Am Pfingstmontag richtet die Dorfgemeinschaft Striefen mit ihrem Orga-Team den früheren Sieben-, heutigen Dreikampf um den Wanderpokal der Pfingstfestspiele aus. Im vergangenen Jahr haben die Striefener gewonnen, dürfen oder müssen also diesmal den Wettkampf vorbereiten. Acht Teams haben sich angemeldet, aus Bierth, Büllesbach, Hanfmühle, Hollenbusch, Hossenberg, Hüchel, Lichtenberg und Wellesberg. 

Die Teilnehmer beim Dreikampf in Hennef-Striefen mussten unter anderem Ganzkörper-Twister hinlegen.

Die Teilnehmer beim Dreikampf in Hennef-Striefen mussten unter anderem Ganzkörper-Twister hinlegen.

Die Dreiergruppen haben hart zu arbeiten. Vom Moderatorenduo Jessica Beyert und Alex Knoll angetrieben, müssen sie einen Hindernis-Parcours durchlaufen. Das heißt: an den Beinen zusammengebunden eine Stange zehnmal umkreisen und, mit leichtem Schwindel, 30 Meter laufen, um erstmal Dosenbier zu konsumieren, bevor sie ihre Mitstreiter abklatschen und auf die Reise schicken. Sie spielen Ganzkörper-Twister und suhlen sich im Matsch, um Münzen zu finden, immer scharf bewertet von Schiedsrichtern.

Die Teilnehmer haben sichtlich mindestens so viel Spaß wie die Zuschauer, viele Fans, die aus den Dörfern angereist sind. Die feuern an, zünden Rauchkerzen, schreien sich die Kehle aus dem Leib. Es ist, wie es der erste Vorsitzende der Dorfgemeinschaft Striefen, Philipp Krämer, sagt: „Du brauchst das ganze Dorf dafür.“