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„Mawis Care“-ZentraleHelfer aus dem Umfeld gebraucht

Lesezeit 3 Minuten

Margit Wisser (links) und Wilfried Müller unterzeichneten den Kooperationsvertrag, den Sonja Sturm, Clarissa Libowski und Petra Knipp (stehend, v.l.) im Alltag mit Leben füllen.

Hennef – „Wir fördern zu Hause bleiben.“ Mit diesen Worten umriss der Regionaldirektor der AOK Rheinland/Hamburg, Wilfried Müller, die Strategie seines Unternehmens zur Pflege Demenzkranker. Seine Mitarbeiterin Petra Knipp hat einen Kooperationspartner für die Betreuung im Rahmen der Nachbarschaftshilfe gesucht, die seit dem 1. Januar diesen Jahres neu geregelt ist. Mit der „Mawis Care“-Zentrale fand sie in Hennef den bislang einzigen Pflegedienst im Kreis, der die Voraussetzungen für einen solchen Kooperationsvertrag komplett erfüllt. Mawis-Inhaberin Margit Wisser und Müller unterschrieben jetzt die notwendigen Dokumente.

Das gerade in Kraft getretene Pflege-Neuausrichtungsgesetz ermöglicht neue Leistungen für die häusliche Versorgung Demenzkranker über die Pflegeversicherung. Ziel ist es, dass Patienten möglichst lange zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können – respektive möglichst schnell aus Krankenhäusern zurückkehren können. Dafür sollen neue Wege der Nachbarschaftshilfe beschritten und Netzwerke geschaffen werden.

Dabei spielen ambulante Pflegedienste eine wichtige Rolle. Zunächst vermittelt der Pflegedienst interessierten Nachbarn oder Bekannten das nötige Wissen im Umgang mit dem Kranken. Die Schulung, die mindestens zwei Stunden umfasst, wird von der AOK bezahlt. Anschließend gibt es ein Zertifikat, das bei der Krankenkasse hinterlegt wird. Je nach Pflegeaufwand werden aus der Pflegeversicherung 100 oder 200 Euro finanziert, die zunächst an den Patienten gehen, der sie an den Nachbarn weitergeben soll.

Dabei geht es nicht darum, Konkurrenz zu schaffen, sondern um eine Entlastung des Hauptpflegenden. Meist sind es Ehefrauen oder Kinder, die eingebunden sind in eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. „Die Angehörigen sollen die Chance bekommen, mal in Ruhe zum  Arzt, zum Friseur oder einkaufen zu gehen mit einem guten Gefühl und ohne schlechtes Gewissen“, beschrieb Knipp die Idee hinter der Kooperation.

Das Thema werde immer wichtiger, erklärte AOK-Regionaldirektor Müller. Denn auch hier im Rhein-Sieg-Kreis gebe es immer mehr alte Menschen und damit auch immer mehr Demenzkranke. Deshalb müsse auch sein Haus Modelle entwickeln, um eine gute Pflege sicherzustellen.

Pflegedienstmanagerin Wisser wies darauf hin, dass demenzkranke Menschen oft zu spät in eine Betreuung kommen. „Ich appelliere an Neurologen und Hausärzte, möglichst früh die Zusammenarbeit zu suchen“, sagte sie. Aus den Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre – seither ist sie in Hennef am Markt – weiß sie, dass Patienten, auch diejenigen mit „Weglauf-Tendenzen“, durch ihre Mitarbeiterinnen sieben bis acht Jahre zu Hause gepflegt werden können. Dafür sei es aber wichtig, die Demenz früh zu erkennen. „Wir müssen uns entscheiden, ob wir diese Menschen in eine Schublade stecken oder uns dieser Krankheit offen stellen und eine hochwertige Versorgung organisieren“, so Wisser. Die Angehörigen, Nachbarn und Bekannten seien die Garanten für einen möglichst langen Verbleib zu Hause. Sie plädierte zudem für Demenzberater in Krankenhäusern, älteren Menschen eine Rückkehr nach einer Behandlung zu erleichtern.

Die jetzt ausgehandelten Summen von 100 und 200 Euro verstehen sich als finanzieller Anreiz und Anerkennung, nicht als Bezahlung. Diese Entschädigung kann auch ohne Pflegestufe gezahlt werden oder mit der neuen Pflegestufe 0. Dafür schulen Profis Amateure, das ersetzt keine Ausbildung. Damit sollen die Interessierten zum Beispiel in die Lage versetzt werden, einen Spaziergang mit einem Demenzkranken sicher zu gestalten, so Pflegedienstleiterin Sonja Sturm, die diese Kurse mitorganisieren wird.