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„Kopflosigkeit“Kind missbraucht und gewürgt – 15-Jähriger zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt

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Vor dem Landgericht Bonn war ein 15-Jähriger wegen Missbrauch eines Kindes angeklagt. (Symbolbild)

Vor dem Landgericht Bonn war ein 15-Jähriger wegen Missbrauch eines Kindes angeklagt. (Symbolbild)

Der 15-Jährige hatte die Siebenjährige in einen Wald gelockt und dort missbraucht und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt.

Eine Dreiviertelstunde lang begründete die Vorsitzende des Bonner Jugendschwurgerichts hinter verschlossenen Türen das Urteil für einen 15-Jährigen, dem ein versuchter Mord an einer Siebenjährigen vorgeworfen worden war.

Als sich die Türen des Gerichtssaals öffneten, wurden erste Einzelheiten bekannt. Zu einer Einheitsjugendstrafe von dreieinhalb Jahren haben die Richter den jungen Angeklagten in Haft geschickt – wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung, wie der Sprecher des Landgerichts, Stephan Schulz, anschließend mitteilte, da das Urteil – wie das gesamte Verfahren – unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte.

Tötungsabsicht wurde beim 15-Jährigen nicht festgestellt

Wegen versuchten Mordes jedoch wurde der Jugendliche nicht verurteilt. Die Richter der 8. Großen Strafkammer, so hieß es, hätten nicht feststellen können, dass der Angeklagte in Tötungsabsicht gehandelt habe, als er das Mädchen eine Minute lang würgte. Vielmehr könne es sein, dass er aus „Kopflosigkeit“ gehandelt habe, weil er Angst gehabt habe, dass sie ihn wegen des Missbrauchs verraten könnte.

Am 5. Mai 2025 waren sich der Angeklagte und das Mädchen zufällig auf der Straße begegnet. Als der 15-Jährige mit seinem Fahrrad an dem spielenden Kind vorbeigefahren war, war sie neugierig geworden und ihm mit ihrem Fahrrad nachgefahren.

Unter einem Vorwand soll er sie schließlich in ein nahegelegenes Waldstück gelockt haben, wo er von ihr Sex verlangte. Sie soll ihn abgewehrt haben. Er aber machte weiter – bis er das Mädchen eine Minute lang würgte, bis es bewusstlos wurde.

Angeklagter beteuert vor Gericht, dass er das Kind nicht habe töten wollen

Laut Urteil, so die Überzeugung der Kammer, habe er das Mädchen nur „einschüchtern“ wollen, damit sie nicht erzähle, was passiert sei. In der konkreten Situation habe der junge Angeklagte nicht mit der Möglichkeit gerechnet, dass sie dabei zu Tode kommen könnte. Auch der Angeklagte hatte im Prozess beteuert, dass er das Mädchen zwar missbraucht habe, aber niemals töten wollte.

Für die Vertreterin der Nebenklage, Dagmar Schorn, ist das Urteil „völlig unverständlich“. Sie hatte wegen versuchten Mordes für eine Jugendstrafe nicht unter sechs Jahren plädiert: „Auch wenn der Angeklagte erst 15 Jahre alt ist, weiß er doch genau, dass man einen Menschen töten kann, wenn man ihm eine Minute lang den Sauerstoff abdrückt“, sagte sie nach dem Urteil.

Auch wenn der Angeklagte erst 15 Jahre alt ist, weiß er doch genau, dass man einen Menschen töten kann, wenn man ihm eine Minute lang den Sauerstoff abdrückt.
Nebenklage-Vertreterin Dagmar Schorn

Nicht zuletzt auch sei der Angeklagte ein nicht ungefährlicher Täter, der wiederholt schon wegen Gewalttätigkeiten und Beleidigungen aktenkundig geworden sei. Auch die Jugendgerichtshilfe soll von einem schwierigen Kandidaten gesprochen haben, der durch aggressives Verhalten, Regelverstöße, Alkohol- und Nikotinkonsum seit früher Kindheit aufgefallen sei.

Zahlreiche Maßnahmen des Jugendamtes hätten nicht zu einer sozialen Umkehr geführt. Dagmar Schorn: „Ich vermisse bei diesem Schuldspruch, dass angesichts der Gefährlichkeit des Angeklagten das Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft im Auge behalten wurde.“

Für die Siebenjährige sei die Attacke auf ihr Leben durchaus traumatisierend, so Schorn. Bis heute leide sie an Albträumen, unter anderem von Monstern, die sie fressen wollten. Es sei ein großes Glück, dass die Pflegemutter des Kindes möglicherweise Schlimmeres verhütet hat.

Da sie ihre Tochter abends gegen 18 Uhr vermisste, ging sie auf Suche und hatte laut nach dem Kind gerufen. Nicht auszuschließen, dass der 15-Jährige daraufhin von dem Mädchen abgelassen hatte. Jedenfalls kam er der Mutter aus dem Waldstück entgegen – und soll gesagt haben, im Wald liege ein Mädchen, dem es nicht gut gehe. Als sie ihre Tochter fand, soll die Siebenjährige wieder bei Bewusstsein gewesen sein.

Auch die Staatsanwältin war nicht mehr – wie in der Anklage – von einem versuchten Mord ausgegangen. In ihrem Plädoyer war sie überzeugt, dass der 15-Jährige von einer Tötungsabsicht zurückgetreten sei. Die Anklägerin hatte wegen gefährlicher Körperverletzung vier Jahre Jugendstrafe gefordert.