Schließung Ende des JahresWie das Sealife Königswinter 2000 Fische umsiedeln will

Lesezeit 4 Minuten
Ein Glastunnel führt durch das große Ozeanbecken, dessen Wasser blau und grün beleuchtet ist.

Der begehbare Glastunnel, der durchs 600 000 Liter Wasser fassende Ozeanbecken führt, ist das Highlight des Sealife Königswinter.

Mit dem 31. Dezember 2022 schließt das Sealife-Aquarium in Königswinter seine Pforten. Die Planung für Räumung und Umsiedlung läuft.

Katzenhai und Stechrochen zogen ganz entspannt ihre Bahnen in dem oben offenen Wasserbecken, während eine Gruppe Kinder und Jugendlicher mehr oder minder konzentriert die Tiere beobachtete oder die kleinen Infoschilder studierte. „Die kommen nach Oberhausen“, sagte Martin Lind über Katzenhai und Rochen.

Im 600.000 Liter fassenden Ozeanbecken – mit der begehbaren 360-Grad-Glasröhre eines der Highlights des Sealife Königswinter – werden die Tiere Anfang 2023 durch Taucher eingefangen und in speziellen Transportboxen nach Oberhausen gefahren. „Nach einer Stunde sind sie wieder im Wasser“, betonte der General Manager Cluster NRW von Merlin Entertainments, der für die Sealife-Aquarien in Königswinter und Oberhausen zuständig ist.

Für rund 98 Prozent der Tiere ist klar, wo sie in Zukunft unterkommen

Noch läuft der Betrieb in dem Rundbau an der Rheinallee in Königswinter ganz normal, doch hinter den Kulissen wird bereits die Räumung des Gebäudes vorbereitet. Ein paar kleine Aquarien sind sogar schon leer. Denn zum 31. Dezember 2022 schließt das Sealife Königswinter seine Pforten. Bis April hat Merlin Entertainments dann noch Zeit, sich um die Tiere zu kümmern, die Technik auszubauen und das Gebäude am Ende an die Stadt zu übergeben.

Für rund 98 Prozent der etwa 2000 Tiere sei inzwischen klar, wo sie unterkommen, betonte Martin Lind am Mittwochmorgen. Merlin greift dabei vor allem auf seine sieben weiteren Aquarien in Deutschland zurück, aber auch nach Scheveningen oder Paris würden Fische gebracht. Man versuche, möglichst kurze Wege zu schaffen. Und für die wenigen Fische, für die es noch keine Lösung gebe, werde sie bis April gefunden, betonte der Sealife-Manager, dass dem Unternehmen das Wohl der Tiere am Herzen liegt.

2005 hatte das prominent an der Rheinpromenade gelegene Sealife Königswinter – nach langem Streit in der Stadt – eröffnet. Seither haben „mehrere Millionen“ Menschen das Aquarium besucht, sagte Martin Lind, der genaue Besucherzahlen nicht verraten mag. Über die Jahre sei der Trend bei den Gästezahlen aber sinkend gewesen.

„Das liegt auch an der Stadt Königswinter“, sagte Martin Lind. Vor 20 Jahren habe die Drachenfelsstadt noch stärker im „Schatten“ der Bundeshauptstadt Bonn gelegen, die Nähe auch nach Köln hat sich damals mehr ausgewirkt. Und das Sealife Königswinter werde „nicht der einzige Leerstand“, spielte der Manager auf die Zustände in Teilen der Altstadt an.

Gleichzeitig habe das Sealife Königswinter einen besonderen Stellenwert im Konzern, versicherte er. „Schauen Sie sich um, wir gucken hier direkt auf den Rhein“, sagte Lind im kleinen Bistro des Hauses. Allein wirtschaftliche Aspekte hätten denn auch zur Schließungsentscheidung geführt.

Das Haus habe „ein gewisses Alter“ erreicht, Investitionen in siebenstelliger Höhe wären notwendig gewesen. „Wir haben ein Jahr lang hin und her gerechnet“, betonte der Manager, dass Merlin sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe.

Hat sich das Sealife als Freizeitangebot vielleicht überholt? „Da bin ich gänzlich anderer Meinung“, betonte der Merlin-Manager. Nach seiner Einschätzung bieten die Aquarien Familien mit Kindern ein gutes Angebot, um eine unbeschwerte Zeit zu verbringen. Vor allem könne aber man viel erreichen bei den Themen Natur- und Umweltschutz. Im Sealife werde beispielsweise „erlebbar und nahbar“ aufgezeigt, wie wichtig Haie in der Natur sind.

Verständigung mit allen Mitarbeitern erzielt

Große Stücke hält der Manager auf das rund 30-köpfige Team, das den Betrieb im Sealife Königswinter sicherstellt, und zwar bis zum letzten Tag. „Solch eine Verbundenheit mit dem Haus habe ich selten erlebt.“ Man habe sich mit allen Mitarbeitern verständigt und ihnen beispielsweise Angebote in anderen Merlin-Aquarien gemacht. Ein Großteil verlasse aber das Unternehmen. Die Abfindungen lägen weit über dem Üblichen.

Und die Technik? Eine große Hauptpumpe könne man nicht ausbauen, kleinere Filter und Pumpen nehme man mit und nutze sie in anderen Merlin-Aquarien. Auch die Mitbringsel, die Besucher am Ausgang in einem kleinen Shop kaufen können, gehen mit in andere Häuser. „Wir werfen nichts weg.“

Mit der anstehenden Umsiedlung der Fische werden vor allem auch die vier Aquaristiker des Sealife Königswinter – das sind laut Lind Tierpfleger und Diplom-Biologen – befasst sein, Unterstützung komme aus Konstanz und Oberhausen. Schwierig, sagt der Manager an einem kleinen Aquarium, sei zum Beispiel der Umzug einiger Korallen: So sind Clownfische und Anemonen eine derart enge Symbiose eingegangen, dass sie nur gemeinsam umziehen könnten.

Die insgesamt eine Million Liter Wasser werden nach und nach abgelassen

Die insgesamt rund eine Million Liter Wasser aus den Aquarien – das ständig gefiltert werde und völlig frei von jeder Chemie sei – werden am Ende laut Martin Lind nach und nach abgelassen. Das werde man eng mit den zuständigen Behörden in der Stadt Königswinter abstimmen, um die Kanalisation nicht zu überlasten.

KStA abonnieren