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Weinlese im SiebengebirgeWinzer Bernd Blöser aus Königswinter rechnet mit guter Ernte

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Ernte im Siebengebirge: Winzermeister Bernd Blöser und sein Team lesen die Trauben per Hand – ein arbeitsintensiver, aber traditionsreicher Schritt auf dem Weg zum neuen Jahrgang.

Ernte im Siebengebirge: Winzermeister Bernd Blöser und sein Team lesen die Trauben per Hand – ein arbeitsintensiver, aber traditionsreicher Schritt auf dem Weg zum neuen Jahrgang.

Das warme Wetter im Sommer sorgt dafür, dass alle Sorten gleichzeitig reif sind. Hohe Verluste 2024 könnten nun ausgeglichen werden.

Winzermeister Bernd Blöser ist mit der aktuellen Weinlese 2025 zufrieden. „Wir gehen davon aus, dass wir um die 60.000 Liter bekommen“, schätzt er. Im vorigen Jahr war die Ernte gering ausgefallen, es hatte Probleme mit dem Wetter gegeben. Ein Frosteinbruch im April 2024 hatte die Reben stark beschädigt. Nur 9000 Liter Wein war nach der Lese in seinen Fässern. Den Ausfall konnte er mit älteren Jahrgängen ersetzen. Doch sein Keller ist mittlerweile fast leer.

„Wir freuen uns, dass wir unsere Regale bald wieder auffüllen können“, so Blösers Schwester Ursula Adrian, die ihn beim Verkauf im Hofladen unterstützt. „50 Prozent des Umsatzes wird dort generiert. 30 Prozent der Weine gehen an Restaurants, 15 Prozent ist bei Edeka in den Regalen zu finden und fünf Prozent wird bei Weinfesten ausgeschenkt“, so Blöser über die Vermarktung seiner Weine.  

Vor drei Wochen begann die Lese auf den Weinbergen im Siebengebirge

7,2 Hektar Weinberge im Siebengebirge werden von ihm bewirtschaftet. Die Familie betreibt den Weinbau bereits seit 1696 in Oberdollendorf. Vor drei Wochen begann die Lese auf diesen Flächen. Die Hälfte der Trauben ist schon eingebracht und wird verarbeitet. „Durch das gute Wetter im Sommer hatten wir wenig Probleme mit Pilzbefall“, berichtet der Winzermeister über den guten Ertrag. Und noch etwas ist dieses Jahr ganz besonders. Alle Sorten sind fast gleichzeitig erntereif.

„Eigentlich beginnt die Lese mit dem Riesling und hört nach sechs Wochen mit dem Müller-Thurgau auf“, so Blöser. Doch wegen des guten Wetters konnten alle Reben optimal wachsen. So haben die 20 Erntehelfer auf dem Laurentiusberg, Rosenhügel oder Sülzenberg einiges zu tun. Sie kommen alle aus der näheren Umgebung.

96 Grad Öchsle misst Winzermeister Bernd Blöser beim Muscaris mit dem Refratometer.

96 Grad Öchsle misst Winzermeister Bernd Blöser mit dem Refratometer beim Muscaris.

„Für mich ist die Lese ein kleines Abenteuer“, so Stefan Küster aus Hennef. Der 55-Jährige nimmt sich extra drei Wochen Urlaub, um dabei zu sein. Sein Freund Werner Endris habe ihn vor drei Jahren angesprochen, ob nicht mitmachen wolle. Gerne habe er zugesagt. Das Team erntet zurzeit die weißen Trauben des Muscaris. Auch Emilia Matissek ist dabei; sie war in den letzten zwei Jahren Weinkönigin in Oberdollendorf. „Meine Oma und Mutter sind auch immer bei der Lese gewesen“, berichtet die 23-Jährige über die Familientradition. Schon als Elfjährige habe sie gerne spielerisch mitgemacht. 

Blöser misst den Öchslegrad des Muscaris mit dem Refraktometer. Im Allgemeinen liegt das Mostgewicht eines mittleren Jahrganges in Deutschland zwischen 70 und 80 Grad Oechsle. Er zeigt sich zufrieden. „96 Grad Oechsle bringt die Traube vor dem Pressen. Das werden danach bestimmt 100 werden“, prognostiziert er die Auslesequalität. Im Jahr 2022 wurde eine Muscaris-Spätlese von Blöser mit der Goldmedaille der Landwirtschaftskammer ausgezeichnet. 

Frischer Federweißer kann für sechs Euro die Flasche gekauft werden

Die Trauben werden am Weinberg in 700-Liter-Behälter geschüttet, 350 Kilogramm Gewicht hat der rechteckige Behälter, der mit dem Traktor zum Hof gebracht wird. Dort kommt er in eine Maschine, die Stiele und Stängel der Reben entfernt. „Sie könnten bitter sein und den Geschmack des Weines negativ beeinflussen“, erklärt Blöser diesen Arbeitsgang. 

Die Technik hat auch beim Pressen Einzug gehalten. Mit hohem Luftdruck werden die Trauben in einer geschlossenen Kammer bearbeitet. So wird die Grundflüssigkeit gewonnen, aus dem später der Wein wird. Nicht alles kommt jedoch in die Fässer. Frischer Federweißer Jahrgang 2025  kann für sechs Euro die Flasche direkt beim Winzer gekauft werden. 

Absatzprobleme haben die Winzer im Siebengebirge nicht. „Aber wir müssen bei der Vermarktung dran bleiben“, so Blöser. So gebe es dieses Jahr auch während der Lese Weinproben, was früher nicht üblich gewesen sei. „Wenn sich Menschen für unsere Produkte interessieren und extra vorbeikommen, möchten wir sie nicht abweisen.“ 

Jede Traube muss raus. Emilia Matissek leert ihren Sammelkorb. Sie war in den letzten zwei Jahren Weinkönigin in Oberdollendorf.

Jede Traube muss raus. Emilia Matissek leert ihren Sammelkorb. Sie war in den letzten zwei Jahren Weinkönigin in Oberdollendorf.

Halbtrockener Portugieser mit dem Namen „Der süffige Rosé“ würde von jüngeren Kunden geschätzt. Es gibt inzwischen auch alkoholfreien Riesling im Hofgeschäft für 7,30 Euro die Flasche. „Das ist ein neuer Trend“, berichtet Blöser über das aktuelle Angebot von 350 Flaschen, die gut verkauft würden. 

Nicht nur beim Alkoholgehalt des Rebensaftes zeichnet sich ein neuer Trend ab. „Durch die stetige Erhöhung des Mindestlohns müssen wir unsere Preise im Weinverkauf anpassen“, so Blöser über die Kosten der Handarbeit. Erntemaschinen würden schon in anderen Regionen Deutschlands eingesetzt. Mit ihnen wäre die Lese zwei Drittel preiswerter. Noch aber haben Lohnunternehmen, die diese Arbeiten ausführen, den Weg ins Siebengebirge nicht gefunden. Für Blöser ist das aber nur noch eine Frage der Zeit.

Die modernen Erntemaschinen könnten sogar die Hänge mit bis zu 70 Prozent Steigung erklimmen. 1,5 Hektar wird von ihnen am Tag bearbeitet. „Die Lese per Hand dauert für einen Hektar drei bis fünf Tage“, so Bernd Blöser über die Zeitersparnis. „Das ist ja alles gut und schön“, so Josef Blöser, der das Weingut schon lange an seinen Sohn abgegeben hat. „Doch diese Menge von Trauben an einem Tag angeliefert, muss auch schnell verarbeitet werden.“  Und dazu brauche man dann vielleicht mehr Personal.