Grundschule WahlscheidEin Multitalent geht in den Ruhestand

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Lange Beine, lange Haare, lange Dienstzeit: Grundschulleiter Werner Kueffner (rechts) geht mit 67 Jahren in Pension. Neben ihm im grünen Klassenzimmer sitzt sein Nachfolger Tobias Vogdt.

Lange Beine, lange Haare, lange Dienstzeit: Grundschulleiter Werner Kueffner (rechts) geht mit 67 Jahren in Pension. Neben ihm im grünen Klassenzimmer sitzt sein Nachfolger Tobias Vogdt.

Lohmar – Eigentlich wollte er längst weg sein. Und nun geht er erst in dem für Lehrer und Schulleiter ungewöhnlichem Alter von 67 Jahren in den Ruhestand.

Das hat mit einem großen Feuer zu tun. Werner Küffner hatte den Antrag auf Altersteilzeit und Abschied mit 63 längst gestellt, als im Januar 2011 wegen einer defekten Lampe an der Außenfassade die Grundschule Wahlscheid abbrannte.

Der Mann, der viel auf einmal kann, früher Karate-Kampfsportler war, Gitarre auch bisweilen in einer Band spielt, neben der Schulleitung noch engagierter Flüchtlingshelfer und Gewerkschafter ist, setzte sich mit seinem Lehrerkollegium hin und plante.

Denn mit dem Neubau kam den Pädagogen die Idee, man könne die Schule auch gleich von Grund auf behindertengerecht gestalten. Der Stadtrat ließ sich parteiübergreifend überzeugen.

Wegen des Wiederaufbaus als Inklusionsschule ließ der Pädagoge dann die Altersteilzeitpläne sausen und verlängerte seine Lebensarbeitszeit schließlich sogar um zwei Jahre. Denn es gab viel zu tun. Sehr engagiert für den Neubau arbeitete der kürzlich gestorbene und nur schwer ersetzbare Hochbauamtsleiter Wenzel Kindl (61) mit.

Die in Neuhonrath gelegene Grundschule Wahlscheid, mittlerweile im ersten Jahrgang sogar fünfzügig, ist die größte Grundschule im Rhein-Sieg-Kreis. Entsprechend viele Container als Ersatzklassen mussten auf- und der Unterricht im Provisorium sichergestellt werden.

Zugleich wurde das Inklusionskonzept entwickelt mit individueller Förderung und baulicher Ausstattung. Dazu gehört auch für jede Klasse ein angeschlossener Gruppenraum, Transparenz, also Einsicht vom Flur sowie ein flexibles Tafelsystem, weil es keinen Frontalunterricht gibt.

Seit Sommer 2012 sind die Kinder in der wiederaufgebauten Schule. In diesen Sommerferien wird nun aber wieder ein Container aufgestellt, weil erneut fünf erste Klassen gebildet werden und der Platz dafür fehlt. Voraussichtlich im September wird der Stadtrat beschließen, ob es wegen des Schülerandrangs einen Erweiterungsbau geben soll.

Dann muss sich Küffner als Schulleiter damit nicht mehr befassen, sondern sein Nachfolger Tobias Vogdt. Küffner wird aber trotzdem darüber mit entscheiden. Denn seit drei Jahren ist er auch noch Stadtverordneter der Grünen im Lohmarer Rat.

Ebenso in anderen Funktionen wird man ihn weiter erleben. So ist er seit 26 Jahren Sprecher der Flüchtlingsinitiative Lohmar-Siegburg sowie mit Pfarrerin Barbara Brill-Pflümer und Sozialamtsleiter Michael Klein in der dreiköpfigen Steuerungsgruppe der Willkommenskultur Lohmar.

Küffner hatte in den 1970er Jahren noch die Ausbildung zum Grund- und Hauptschullehrer gemacht. Nach Stationen in den Hauptschulen Köln-Vingst und Much kam er 1996 als Konrektor an die Wahlscheider Grundschule, die er seit 1998 kommissarisch und ab 1999 offiziell leitet.

Wie er sich in die Dinge reinknien kann, zeigt diese Episode: Als für Küffner in den 1990er Jahren keine Schulleiter-Fortbildung frei war, wollte er „Rechtssicherheit“ bekommen, wie er sagt, und zwar auf höchst persönliche Weise. Der Pädagoge besuchte neben seiner Arbeit in der Schule acht Semester lang Jura-Vorlesungen in Bonn, ohne Studienabschluss. Das Gelernte war nicht für die Katz. Küffner wurde mit seinen Kenntnissen NRW-Rechtsobmann der Lehrergewerkschaft GEW und ist es bis heute.

Große Pläne für den Ruhestand hat Küffner wegen seiner Ehrenämter nicht. Vielleicht wieder mehr Gitarre spielen. Aber zunächst fährt der dreifache Vater mit seiner 14-jährigen Tochter nach Holland, er hat auch noch zwei bereits erwachsene Kinder. In das Nachbarland, wo er im Wohnwagen urlaubt, fährt er seit der Kindheit hin, wegen Asthma kam er damals auf die Insel Terschelling.

Auf die Frage, was er denn im Urlaub am meisten braucht, sagte Küffner direkt: „Mein mobiles Büro, das reist immer mit.“ Es besteht aus Laptop, externer Festplatte und Drucker, ein Internetanschluss muss auch da sein. Neu-Pensionär Küffner kann halt das Arbeiten und Planen nicht lassen.

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