Von Blutwurst bis SalamiLohmarer Metzger exportiert Wurst-Wissen in ferne Länder

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Elefanten in freier Wildbahn zu erleben war für den Metzgermeister aus Lohmar ein besonderes Erlebnis.

Elefanten in freier Wildbahn zu erleben war für den Metzgermeister aus Lohmar ein besonderes Erlebnis.

  • Bis zu vier Mal im Jahr reist der Ruheständler an entlegene Orte, um sein Wissen im Verwursten weiterzugeben.
  • Otmar Rochulus betrachtet seine Einsätze als Völkerverständigung und Abenteuer zugleich.

Lohmar – Unter Palmen kostete Otmar Rochulus ein exotisches Gulasch in dicker, dunkelroter Soße. Hauptbestandteil: Schweineblut. Da müsste den Menschen auf den Philippinen doch auch unsere Blutwurst schmecken, dachte der Metzgermeister aus dem Rheinland. Der 63-Jährige ist in besonderer Mission unterwegs. Für den Senior-Experten-Service (SES) exportiert er sein Wissen im Verwursten in Schwellen- und Entwicklungsländer.

„Der europäische Stil ist in“, erzählt der umtriebige Ruheständler und betont, dass er nur auf Anfrage tätig wird. Anderen Kulturen die deutschen Essgewohnheiten überzustülpen, liege ihm fern. Der SES setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe.

Dicker Auftrag fürs Kloster

Wie in einem christlichen Kloster in Sri Lanka, wo die Don-Bosco-Stiftung Priester ausbildet; dort sollte die Schweinezucht ausgebaut werden, plus Zerlegung und Vermarktung, Verpackung und Versand. Doch fehlte noch ein Abnehmer. Rochulus vereinbarte einen Termin mit einer einheimischen Supermarktkette mit 320 Filialen. Und motivierte das Team, vor dem Treffen klar Schiff zu machen. „Die Spinnweben mussten weg.“ Der Deal mit 150 Schweinen pro Woche klappte, der Lohmarer prüfte, wieder daheim, den Vertrag: „Für uns nicht viel, fürs Kloster ein dicker Auftrag.“

Peinlich genau achtet Otmar Rochulus darauf, dass in den Betrieben die Hygienevorschriften eingehalten werden.

Peinlich genau achtet Otmar Rochulus darauf, dass in den Betrieben die Hygienevorschriften eingehalten werden.

Otmar Rochulus war, nach einer ersten Lehre als Großhandelskaufmann und einer zweiten als Metzger in einem Handwerksbetrieb in der Eifel, fast sein ganzes Berufsleben bei Rewe tätig, Jahrzehnte in leitender Stellung. Er bezeichnet sich selbst als Qualitätsfanatiker: „Bei mir kommt nur Fleisch in die Wurst.“ Mit billigen Sojazusätzen in Fernost konnte er sich nicht anfreunden. Preiswert produzieren gehe auch anders. Die Blut- und die Leberwurst sind auf den Philippinen schon in vieler Munde.

Unverzichtbar bei hohen Temperaturen: die Hygiene

Das A und O sei die Hygiene, unverzichtbar vor allem bei tropischen Temperaturen. Fleischbetriebe mit offenen Türen, Hunde davor und Rabenvögel im Innern, da sträubten sich seine Nackenhaare. Jetzt wird mit Kittel und Mundschutz gearbeitet, und eine Kühlung ist installiert.

„Ich gebe nur Empfehlungen“, sagt er. Die kommen offenbar gut an, wie die Berichte der Entwicklungshilfe-Empfänger belegen, in denen auch immer wieder von „Dankbarkeit“ die Rede ist. So wird in einer Fertigung für Hähnchen-Nuggets aus den Fleischresten nun eine Geflügelwurst nach Rochulus-Rezept gemacht. Im überwiegend muslimischen Aserbaidschan experimentierte er mit „halal“ geschlachtetem Rind und Lamm. Als Ersatz für den Schweinespeck nahm er Margarine: „Es klappte. Die Wurst hat Konsistenz und Geschmack.“

Die Einsätze sind für ihn Völkerverständigung und Abenteuer zugleich. So sah er Elefanten in freier Wildbahn, flanierte am Kaspischen Meer, besuchte mit seinen Gastgebern Gegenden, wo sonst kein Tourist hinkommt, und betrat auch den berühmten Zahntempel, in dem angeblich ein Backenzahn Buddhas aufbewahrt wird: „Da wurde mir das erste und einzige Mal mulmig. Vor dem Tempel musste ich mir die Schuhe ausziehen, in der Nähe eines drei Meter langen Warans.“

Am vergangenen Montag ging’s los nach Argentinien, er soll eine neue Maschine für die Nahrungsmittelproduktion ans Laufen bringen. Im Gepäck hatte er ein Salamirezept und Zutaten – und konnte einen Traum seines südamerikanischen Kollegen erfüllen. Das Ziel im Juli heißt Vietnam. Bis zu vier Einsätze pro Jahr sind geplant, dazwischen verbringt er einige Wochen daheim in Weegen und mit seiner Tochter, die in Köln lebt. Komplett Pause macht Rochulus aber nicht: Auch während unseres Gespräches klingelt immer wieder sein Handy, erreichen ihn Nachrichten aus Fernost. Der Experte aus dem Rheinland ist gefragt.

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