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Stichwahl in LohmarWieja (Grüne) und Schmitz (CDU) trommeln auf der Straße und auf Social Media

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Hauptstraße Lohmar

Die Hauptstraße in Lohmar.

Amtsinhaberin Claudia Wieja (Grüne) und Matthias Schmitz (CDU) gehen in die Stichwahl. Am 14. September hatte Wieja 1000 Stimmen mehr bekommen als ihr Herausforderer. 

Dass es in Lohmar zu einer Stichwahl gekommen ist, hat nach eigener Aussage den Herausforderer am meisten überrascht: „Ich habe nicht damit gerechnet. Das Ergebnis von Frau Wieja ist dem Amtsbonus geschuldet, unter dem Aspekt erfüllt es mich mit Freude und Stolz, dass 6594 Menschen für mich gestimmt haben“, sagt Matthias Schmitz (CDU). Bürgermeisterin Claudia Wieja (Grüne) hatte noch am Wahlabend gehofft, es ohne Stichwahl in eine zweite Amtszeit zu schaffen. Sie bekam zwar mit 7518 Stimmen mehr als die beiden anderen Kandidaten, für eine absolute Mehrheit reichte es aber nicht.

Die Amtsinhaberin holte 45,90 Prozent der Stimmen, Schmitz 40,26 Prozent und Marco Baumgarten (AfD) 13,85 Prozent. „Damit musste man bei drei Kandidaten rechnen“, sagt Wieja. „Nun müssen die Menschen noch einmal zum Wählen animiert werden, denn wir fangen im Grunde wieder bei Null an."

Beide Bewerber setzen auf sachlichen Umgang mit der AfD im Lohmarer Stadtrat

Beide Bewerber trommeln in den letzten Tagen vor der Stichwahl für sich, auf der Straße, in den sozialen Medien. Der 51-Jährige favorisiert persönliche Begegnungen: „Menschen, die mich kennen, sagen: ,Matthias Schmitz ist kein Schaumschläger, man muss ihn erst kennenlernen.' Ich war viel unterwegs und werde es auch weiterhin sein.“ Er wolle gegen die Überschuldung arbeiten, gegen eine drohende „spürbare Erhöhung der Grundsteuer“. Die Förderung von Vereinen sei ihm wichtig, die Betreuung in Kitas und an Schulen. „Weg von Prestigeprojekten, hin zu einer pragmatischen Betrachtung“, das könne die Situation verbessern.

Er wolle den Wohnraum für junge Familien sowie Seniorinnen und Senioren fördern, „aber in Häusern, die zum dörflichen Charakter passen“. Bisher habe es keine Gesamtplanung für die Stadt, gegeben, sondern nur für einzelne Orte.

Wie geht Schmitz mit der AfD um? Deren unterlegener Bürgermeister-Kandidat hatte auf Facebook dazu aufgerufen, nicht Claudia Wieja zu wählen – also indirekt den CDU-Bewerber. „Wahlempfehlungen sind Angelegenheiten der Parteien“, kommentiert das Schmitz. Im Rat werden fortan auch sechs Vertreterinnen und Vertreter der AfD sitzen. „Wir haben das Wahlergebnis zu respektieren. Die Präsenz ist auch kein Lohmar-spezifisches Problem.“ Ausgrenzung helfe nicht weiter. „Wir schließen eine Zusammenarbeit aus, sondern wollen inhaltlich und mit guter Arbeit überzeugen, damit die Menschen in fünf Jahren eine andere demokratische Partei wählen.“

Die Amtsinhaberin sei für ihn „eine Kommunalpolitikerin, die mit ihrem Ehemann mit großem Einsatz für ihre Position eintritt“, ohne die CDU aber gehe im künftigen Rat nichts, eine Koalition mit der SPD sei denkbar. Die SPD und die UWG rufen indes zur Wahl von Wieja auf. Schmitz sagt: „Die bisherige Koalition ist abgewählt. Jetzt ist es wichtig, dass dieser Aufbruch auch mit mir als künftigem Bürgermeister im Rathaus ankommt.“

Claudia Wieja setzt weiterhin auf ihre Expertise: „Ich habe Erfahrung als Bürgermeisterin und Volkswirtin, die vorher für den Kreis gearbeitet hat. Mit Einsatz und Herz würde ich gerne für Lohmar weiter machen.“ Als Bürgermeisterin müsse sie bereit sein, Entscheidungen zu treffen, die nicht jedem gefielen. „Ich werde keine Versprechen machen, von denen ich weiß, dass ich sie nicht halten kann: Zum Beispiel Gewerbegebiete auszuweisen, wenn ich weiß, dass wir gar keine Flächen dafür im Regionalplan haben.“

Claudia Wieja (Grüne)

Bürgermeisterin Claudia Wieja (Grüne) zieht in die Stichwahl ein.

Die 60-Jährige, Mutter von vier Kindern, hebt den Neubau der Grundschule in Birk während ihrer Amtszeit hervor. „Natürlich macht man damit Schulden, das ist beim privaten Hauskauf auch nicht anders. Es ist aber besser, zu investieren, als die Infrastruktur verrotten zu lassen – so machen wir das seit vielen Jahren in Lohmar.“ Das Problem der fehlenden Refinanzierung trügen viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen. „Wir müssen leider immer mehr Gelder aufbringen, für die wir keinen Ausgleich bekommen – das ist aber ein allgemeines Problem, auf das alle kommunalen Spitzenverbände immer wieder hinweisen.“

Matthias Schmitz (CDU)

Matthias Schmitz (CDU) hat ebenfalls die Stichwahl erreicht.

Mit der AfD im Rat will Claudia Wieja professionell umgehen. „So wie mit allen anderen Fraktionen auch, auch wenn es im Rat wohl zu mehr Reibung führen wird.“ An Matthias Schmitz schätze sie, dass er genau wie sie Fan des 1. FC Köln sei. Sie versuche, die Lohmarer durch Inhalte zu überzeugen, „da wird es auch Leute geben, die beim ersten Mal gar nicht wählen waren“.

Die Wählerinnen und Wähler sollten auf die Person schauen, denn eine Bürgermeisterin sei nicht nur Vorsitzende des Rats, sondern auch Chefin der Verwaltung und Repräsentantin nach außen. „Die Verbindungen zum Kreis und zum Land werden angesichts der schwierigen Haushaltslage immer wichtiger. Da sollte man überlegen, ob die Partei oder die Person im Amt wichtig ist, von der ich als Bürger vertreten werde.“

Die Grünen-Kandidatin war schon 2020 in die Stichwahl eingezogen

Wieja hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung. Problem: Die Briefwahlunterlagen bekomme nur automatisch zugesandt, wer das bei der ersten Stimmabgabe angekreuzt habe. Alle anderen müssten mit ihrem Personalausweis ins Wahllokal gehen. „Eine Wahlinformation an alle zu senden, ist für die Verwaltung in den zwei Wochen nicht möglich.“

Claudia Wieja war schon 2020 in die Stichwahl eingezogen, sie hatte im ersten Wahlgang mit 39,71 Prozent noch schlechter als Tim Salgert (CDU, 41,98) abgeschnitten, ihn aber in der Stichwahl mit 53,29 zu 46,71 Prozent hinter sich gelassen und wurde die erste grüne Bürgermeisterin Lohmars.


Koalition verliert die Mehrheit

Im künftigen Stadtrat hat die CDU erneut die meisten Sitze (17, derzeit 16), danach folgen die Grünen mit 11 (bislang 14) und die AfD mit sechs, stabil blieben die SPD mit 5 und die UWG mit 2 Sitzen, die FDP ist nur noch mit einem Ratsmitglied vertreten (bislang 2). Die Volksabstimmung, die nach der Kommunalwahl 2020 ein Mitglied entsandte, ist nicht mehr im Rat vertreten.

Die Koalition aus Grünen, SPD und UWG hat ihre Mehrheit verloren, unter anderem durch den Einzug der AfD. Der neue Stadtrat wächst von 40 auf 42 Mitglieder.

Die CDU hat angekündigt, mit der SPD über eine Zusammenarbeit sprechen zu wollen. Gemeinsam hätte man mit 22 Stimmen die absolute Mehrheit.