Prozess„Musste um mein Leben kämpfen“ – Lohmarerin schildert Attacke auf Joggingrunde

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Eine Frau läuft eine Straße entlang.

Eine Joggerin aus Lohmar wurde auf einem Waldweg Opfer einer brutalen Attacke. (Symbolbild)

Ein bewaffneter 21-Jähriger soll die fünffache Mutter auf einem Waldweg angegriffen haben. Ihm wird sexuelle Nötigung zur Last gelegt.

Der 21. April veränderte die Welt einer Familie aus Lohmar für immer: Die Ehefrau, Mutter von fünf Kindern, wurde an jenem Tag überfallen. Wegen dieser Tat muss sich seit Montag ein 21-Jähriger vor dem Bonner Landgericht verantworten, die Staatsanwaltschaft wirft ihm sexuelle Nötigung mit Waffen und Körperverletzung vor.

Der Ehemann des späteren Opfers, ein 39-jähriger Industriemanager, war von einer Geschäftsreise zurückgekommen, während seine Frau, 40 Jahre alt und selbstständige Kinderbetreuerin, auf ihre Joggingrunde ging.

Prozess um sexuelle Nötigung: 39-Jährige rief in ihrer Not ihren Mann an

Sie setzte die Kopfhörer auf, schaltete Musik ein und lief auf einem Waldweg entlang der Naaf, als sie gegen 19 Uhr unweit einer Sitzbank einen Mann bemerkte, schwarz gekleidet, mit Kapuze über dem Kopf und einer Hand in der Hose, der ihr Angst machte. Es war der Angeklagte. Dieser behauptete vor Gericht, er habe die Joggerin gegrüßt und gefragt: „Stimmt was nicht mit mir?“

Die Frau beschleunigte das Tempo, doch der Unbekannte packte ihre Schulter von hinten, sie schrie: „Lass mich in Ruhe!“, riss sich los und rief ihren Mann per Handy an. Der 39-Jährige verstand wegen der schlechten Verbindung nur bruchstückhaft: „Hier ist ein Typ, komm nach Kreuznaaf!“ „Es war solch eine Verzweiflung und Angst in der Stimme“, erinnerte der Ehemann sich im Zeugenstand. Er rief zurück, habe „nur große Not“ gehört und sei mit dem Motorrad losgefahren.

Unterdessen verfolgte der Fremde die Frau, versuchte mit ihr zu reden: „Was ist los? Hast du ein Problem?“ Sie antwortete nochmals: „Lass mich in Ruhe!“ und tat dann so, als rede sie über ihr Handy mit der Polizei. „Das hat den aber nicht gestört.“

Mann soll sich auf Joggerin gelegt und ihr den Mund zugehalten haben

Sie strebte nun Richtung Bonner Straße, wo sie auf Hilfe hoffte, doch da wurde sie zu Boden geschubst, der Fremde legte sich auf sie. Er soll ihr den Mund zugehalten haben, sie boxte ihn ins Gesicht: „Ich musste um mein Leben kämpfen.“ Während dieses Satzes wurde es im Gerichtssaal so still, dass man nur das Weinen der Frau hörte, die sich mit einer Hand auf dem Zeugentisch stützte und mit der anderen ein Taschentuch zwischen den Fingern zerknüllte.

Wegen der Gegenwehr soll ihr der Angreifer noch fester den Mund zugehalten haben, sie bekam kaum noch Luft, dabei er soll er versucht haben, in ihre Hose zu fassen. Als sie schon „alles über mich ergehen lassen wollte, um zu überleben“, hörte sie das Motorrad. Ihr Mann lief zu ihr, schlug den schwarz Gekleideten, der ließ von der Frau ab, rannte weg, der Ehemann hinterher, bekam ihn zu fassen und konnte sich auf ihn setzen und niederdrücken.

Die Polizei stellte zwei Messer und ein Klebeband sicher, die aus der Jacke des Angeklagten gefallen waren. Die 40-Jährige leidet seitdem unter einer schweren Angststörung, sie kann ihren Beruf nicht mehr ausüben. Die Nebenklagevertreterin Dagmar Schorn hat für ihre Mandantin ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro sowie die Übernahme aller Folgekosten beantragt.

Die Lauf-App der Lohmarerin ist ein wichtiges Beweismittel im Prozess

Wichtiges Beweismittel ist die Lauf-App, die den gesamten Vorfall aufzeichnete. Der Angeklagte hat sich nur diffus zu der laut Richterin Isabell Köhne „sehr plausiblen Anklage“ geäußert; die Frau habe ihn geschlagen und geschubst, behauptete er. Das Jugendamt hatte seiner drogensüchtigen Mutter 2003 wegen Verwahrlosung und Kindeswohlgefährdung die Vormundschaft entzogen.

Danach lebte er zeitweise in einer Pflegefamilie sowie in Jugendhilfeeinrichtungen, aus denen er immer wieder ausbüxte. Er hat keinen Schulabschluss und keine Berufsausbildung.

Der Prozess wird fortgesetzt; für die angeklagte Tat sieht der Gesetzgeber eine Mindeststrafe von drei Jahren vor.

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