Nach Explosion in RatingenBei Polizei und Feuerwehr im Rhein-Sieg-Kreis fährt die Sorge mit

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Die Polizei steht vor dem Hochhaus in Ratingen, in dem am Donnerstag etliche Polizisten und Feuerwehrleute verletzt wurden.

Die Polizei steht vor dem Hochhaus in Ratingen, in dem am Donnerstag etliche Polizisten und Feuerwehrleute verletzt wurden.

Nach dem Attentat auf Rettungskräfte in Ratingen, wird bei Feuerwehr und Polizei im Rhein-Sieg-Kreis über die Gefahren des Jobs diskutiert.

Der Angriff auf Feuerwehrleute, Polizistinnen und Polizisten in Ratingen ist auch Gesprächsthema im Rhein-Sieg-Kreis. Am Donnerstag hatte ein 57-jähriger Mann Einsatzkräfte in einem Hochhaus mit einer brennenden Flüssigkeit attackiert. Die Feuerwehr und die Polizei wollten die Tür aufbrechen, um nach einer womöglich hilflosen Person zu sehen. Sie erlitten bei dem Angriff schwerste Verletzungen und schweben zum Teil in Lebensgefahr.

Ein Ereignis, das nicht nur die Rettungskräfte selbst bewegt. Auch im Umfeld von Lars Gödel, Leiter der Troisdorfer Feuerwehr, meldeten sich besorgte Freunde und Verwandte. „Ich wurde gefragt, ob das auch bei uns passieren kann“, berichtet er. „Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit umso geringer, je kleiner die Stadt ist, aber ausgeschlossen ist so ein Szenario nie.“

Man hofft schon, dass alle gesund und munter wiederkommen
Lars Gödel, Leiter der Troisdorfer Feuerwehr

Ratingen ist mit rund 90 000 Einwohnerinnen und Einwohner größer als Troisdorf, die Feuerwehr hat mehr Einsätze. Doch auch in Troisdorf gehören Türöffnungen zum Tagesgeschehen. Häufig kommt es vor, dass eine Person – etwa nach einem Herzinfarkt – die Wohnungstür nicht mehr selbstständig öffnen kann. „Der Auslöser kann ganz unterschiedlich sein, die Türöffnungen selbst sind Routine“, sagt Gödel.

Er persönlich denke nun schon mehr darüber nach, wenn er das Einsatzstichwort „P.Tür“ auf seinem Melder lese. „Da hofft man schon, dass alle gesund und munter wiederkommen“, schildert er. „Dieses Ereignis in Ratingen ist absolut ungewöhnlich, wir sprechen da auch in der Feuerwehr drüber, wenn fünf Kameraden auf der Intensivstation liegen. Es ist erschreckend, dass jemand solche Gedanken hat und sie auch umsetzt.“

Derart angegriffen worden seien die Troisdorfer Feuerwehrleute bisher noch nicht. Doch vor rund zwei Wochen habe ein unbekleideter Mann versucht, in ein Notarztfahrzeug zu steigen und damit wegzufahren. Auch müssten sich Angehörige des Rettungsdienstes immer wieder in den Rettungswagen zurückziehen, um sich vor gewalttätigen Patientinnen und Patienten zu schützen, berichtet Gödel.

Es wird einem bewusst, dass die Polizeiarbeit gefährlich oder sogar lebensgefährlich sein kann
Thomas Holdschlag, Erster Polizeihauptkommissar

Unter den Opfern des Angriffs in Ratingen sind auch eine junge Polizeibeamtin und ihr Kollege. „Mich persönlich hat das sehr betroffen gemacht. Ich bin nun 40 Jahre bei der Polizei, und das zeigt, was alles passieren kann“, sagt Thomas Holdschlag, Erster Polizeihauptkommissar bei der Polizei im Rhein-Sieg-Kreis.

„Wenn ich auch an die beiden erschossenen Beamten in Rheinland-Pfalz denke, wird einem bewusst, dass die Polizeiarbeit gefährlich oder sogar lebensgefährlich sein kann.“ Mit vielen Kolleginnen und Kollegen habe er noch nicht gesprochen, er gehe aber davon aus, dass alle das Thema beschäftige, wenn sie auf Streife seien: „Wir gehen nun noch wachsamer in die Einsätze und sind in Gedanken bei den Verletzten von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst.“

Wir fahren raus, um den Menschen zu helfen. Deswegen werden wir auch weiterhin zu Türöffnungen fahren
Timo Pleuger, Feuerwehr Lohmar
Ein junger Mann steht vor einem Löschfahrzeug der Feuerwehr Lohmar.

Timo Pleuger, Pressesprecher der Feuerwehr Lohmar.

Auch bei den Feuerwehrleuten in Lohmar sei das Attentat Thema gewesen, erzählt Pressesprecher Timo Pleuger. „Man mag jetzt bei den ersten Malen ein mulmiges Gefühl haben, wenn dieses Einsatzstichwort kommt, aber wir fahren raus, um den Menschen zu helfen. Deswegen werden wir auch weiterhin zu Türöffnungen fahren.“

Seine Kameradinnen und Kameraden gingen immer sehr behutsam vor. „Es gilt ja zunächst einmal die Unverletzlichkeit der Wohnung. Da verlassen wir uns auf die Begleitung der Polizei und richten uns nach denen“, erläutert Pleuger. „Wenn etwas Ungewöhnliches passiert, geht die Polizei zuerst rein.“ Doch da Lohmar keine Großstadt ist, sei das Risiko geringer, vermutet auch er.

Der 22-Jährige macht eine Ausbildung zum Berufsfeuerwehrmann, in die Lohmarer Feuerwehr trat er mit 15 Jahren ein. Seiner Einheit in Scheiderhöhe ist er verbunden geblieben, obwohl er inzwischen in Wahlscheid lebt. Und er betont: „Es gibt in diesen Tagen niemanden, der ehrenamtlich in der Feuerwehr ist, der den Betroffenen und ihren Familien nicht alles Gute wünscht.“

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