Nur Verlust gemachtBrüder aus Niederkassel zeigen sich aus Angst vor Großdealer selbst an

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Kokain, ein weißes Pulver, liegt auf einer grünen Folie und auf der Spitze eines Taschenmessers.

Mit Kokain wollten zwei Brüder aus Niederkassel das große Geld machen. Das misslang.

Aus Angst vor ihrem Lieferanten zeigten sich zwei Brüder selbst bei der Polizei an – und den Großdealer aus Köln gleich mit. Der sitzt bereits in Haft, nun mussten die Niederkasseler sich vor Gericht verantworten.

Das schnelle Geld wollten die Brüder machen, ein Möbelpacker und ein Lieferdienst-Mitarbeiter aus Niederkassel. Doch der Kokainhandel im Dorf lief nicht so recht, zudem wuchs bei den Zwischenhändlern die Angst vor ihrem Lieferanten. Sie gingen schließlich zur Polizeiwache, wo sie sich selbst anzeigten und den Großdealer gleich mit.

Der große Fisch aus Köln sitzt mittlerweile in Haft, die Brüder nahmen auf der Anklagebank des Schöffengerichts Platz. Hinten im Saal bangten die Eltern mit den beiden. Die Söhne, 36 und 30 Jahre alt, wohnen noch bei ihnen. Die Mutter sagte: „Wir hatten zwischendurch kein Essen mehr.“ Den letzten Cent hätten sie zusammengekratzt, um die Forderungen des Großdealers zu bedienen.

Bei ihm hatten die Brüder Schulden. Sie hatten den Stoff auf Kommissionsbasis gekauft und ihn in ihrem Bekanntenkreis vertickt, angeblich ohne Gewinn, „um einen Kundenstamm aufzubauen“, erklärte der Ältere.

Kunden zahlten nicht sofort

Weil ein Teil der Käufer das Geld nicht sofort auf den Tisch legte – 80 bis 90 Euro pro Gramm –, konnten sie die Drogen bei ihrem Lieferanten nicht bezahlen. Der ging nicht mehr auf ihre Vertröstungen ein, sondern berechnete ihnen Verzugszinsen und vermöbelte den Möbelpacker, als erste Warnung. Demnächst seien die Eltern an der Reihe, drohte der bullige Mann aus der Domstadt.

Von August 2019 bis Mai 2021 dauerte ihr missglückter Ausflug in die Halbwelt. Diesen Zeitraum gaben die Brüder bei der Vernehmung auf der Wache zu Protokoll. Vor dem Schöffengericht wollten sie ihre Aussage revidieren und bezogen sich auf die Angaben des Großdealers. Der hatte in seinem Prozess vor dem Kölner Landgericht nur von einigen Monaten gesprochen.

Für das Strafmaß war das zwar nicht entscheidend, weil auch in dieser Zeit die „geringe Menge“ an Betäubungsmitteln deutlich überschritten worden war. In der Hauptverhandlung in Siegburg ging es aber auch um die „Einziehung von Wertersatz“. Werden Einnahmen aus illegalen Geschäften erzielt, kann der Staat diese abschöpfen, unabhängig vom Gewinn. Dabei macht es einen Unterschied, ob die Brüder an 630 Tagen Drogen verkauften oder nur an 300, wie es das Gericht zu ihren Gunsten annahm.

Strafmildernd wirkte sich aus, dass sie die Ermittler auf die Spur des Großdealers und ihn für fast fünf Jahre hinter Gitter gebracht hatten. Das Schöffengericht verhängte gegen die beiden nicht vorbestraften Angeklagten jeweils 14 Monate Haft auf Bewährung und die Einziehung von 15.000 Euro Wertersatz.

Wenn der Staat keine Möglichkeit sehe, das Geld einzutreiben, könnten die Anwälte einen Antrag auf Aussetzung stellen, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand: „Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen.“

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