Einzelhandel in Rhein-SiegSo geht Schlussverkauf im Lockdown

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Abholstation Ladentür: Coccinella-Chefin Margarita Albanidou überreicht einem Kunden die telefonisch bestellte Ware.

Abholstation Ladentür: Coccinella-Chefin Margarita Albanidou überreicht einem Kunden die telefonisch bestellte Ware.

  • Grabbeltische gab’s früher, der Winter-Schluss-Verkauf wurde längst vom „Sale“ abgelöst, doch nun prangen 50-Prozent-Plakate an geschlossenen Ladentüren.
  • Wie bringen die Händler im Lockdown die Saisonware aus den oft noch vollen Lagern an den Mann und die Frau? Cordula Orphal hat sich umgesehen.

Rhein-Sieg – Kleidung für 80 000 Euro hängt noch bei Coccinella in Troisdorf. „Uns haben vor allem die zwei Wochen vor Weihnachten gefehlt“, sagt Margarita Albanidou. Zum halben Preis bietet sie die hochwertige Mode jetzt an per „Call and Collect“. Kunden bestellen per Telefon und vereinbaren einen Abholtermin in der Kölner Straße.

Die Frühjahrsware ist längst geordert, bald beginne die Auslieferung und die Zahlungsfrist. Albanidous Angestellte sind zwar in Kurzarbeit, sie selbst arbeitet im Hauptberuf in der Reproduktionsmedizin. Doch ohne Umsatz ließe sich das Geschäft, das sie kurz vor Pandemiebeginn im Januar 2020 wieder eröffnete, nicht halten.

Zwischen erstem und zweiten Lockdown öffnete Anja Deptner den „Kleekäfer“. Corona brachte viele Kundinnen an die Nähmaschine.

Zwischen erstem und zweiten Lockdown öffnete Anja Deptner den „Kleekäfer“. Corona brachte viele Kundinnen an die Nähmaschine.

Das vom Wirtschaftsminister prophezeite „Jahr des Aufschwungs“ sehe sie für ihre Branche nicht, „ich rechne eher mit schwindender Kaufkraft“. Wie es weiter geht? Sie zuckt die Achseln: „Ende des Monats muss ich die Mode für den nächsten Winter 2021/22 bestellen.“

Dessous-Verkauf über den Messenger

Bis zu zehnmal täglich geht Brigitte Morgenschweis ihren Schaufensterpuppen an die Wäsche, fotografiert sie in Dessous und stellt die Bilder in eine Messenger-Gruppe, bestückt aus ihrer Kundendatei. Unterwäsche an Unbekannte zu verschicken, die dann vielleicht benutzt als Retoure wieder im Lädchen in Sankt Augustin-Hangelar landet, das sei ihr zu riskant, sagt die 55-Jährige.

Wir im Rheinland

In der großen Umfrage „Wir im Rheinland – die große Wirtschafts-und Verbraucherstudie“, die Kölnische Rundschau und „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit der Unterstützung der Sparkasse Köln-Bonn und der Kreissparkasse Köln durchführen, befragen wir die Menschen im Rheinland: Wie verändert die Digitalisierung Ihr Leben, Ihre Arbeit und Ihr Einkaufsverhalten? Und wie blicken Sie in die Zukunft? Die Befragung hat am 4. Januar begonnen und endet am 31. Januar. Das Ausfüllen des Fragebogens dauert etwa zwölf bis 15 Minuten.

Gewinnen Sie mit etwas Glück 500 Euro oder andere Geld- und Sachpreise. Die Teilnahme am Gewinnspiel ist ab 18 Jahren möglich. Wir gehen bei allem sehr sorgfältig mit Ihren Daten um und freuen uns auf Ihre Antworten.

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So hofft sie, dass die reduzierten BHs, Bodys und Slips in den Winterfarben Gold und Bronze doch noch weggehen an der Ladentür auf der „Kö“ (der Kölnstraße) oder per persönlicher Lieferung. „Ich kassiere in bar oder mit einem Easy-Cash-Gerät, das ist zum Glück erlaubt.“

Zum halben Preis: Die Winterware muss auch im Lockdown raus.

Zum halben Preis: Die Winterware muss auch im Lockdown raus.

Wäsche in Weiß, Schwarz und Rot seien hingegen zeitlose „Basics“. Die Order neuer Ware habe sie gestoppt, „das Lager ist noch voll, mein Budget erschöpft“. Vor siebeneinhalb Jahren machte sie ihren Traum wahr und eröffnete die zwei benachbarten Boutiquen „Hautnah“ und „Marie Luise“ (Damenmode), so Morgenschweis: „Das ist mein Baby, ich weiß nicht, wie lange es noch lebt.“

Ohne Bummel fehlen die Spontankäufer

Wer kauft jetzt noch Weihnachts- und Winterdeko, sei es auch nur zum Bruchteil des Preises? „Nur wenige“, bedauert Mona Vassiliadis vom Siegburger Absolut Designhaus. Der Bestell- und Abholservice bringe höchstens fünf Prozent des üblichen Umsatzes. „Die Fußgängerzone ist leer, niemand bummelt, das ist ja auch so gewünscht“, sagt die Chefin. Doch so fehlten die Spontankäufer, die bei Sonderangeboten zugriffen, so Vassiliadis. „Wir räumen die Sachen ins Lager – für die nächste Saison. Hoffentlich ohne Corona.“

Mehr Muße zum Schneidern in der Pandemie

Zwischen zwei Lockdowns hat Anja Deptner im Juni 2020 ihr Stoffgeschäft „Kleekäfer“ in Much-Marienfeld an den Start gebracht. Optimistisch und vorsichtig zugleich. Die 32-jährige verdient ihre Brötchen hauptberuflich bei einer Bank.

Eintritt verboten: Nur das Schaufenster darf Kauflust wecken.

Eintritt verboten: Nur das Schaufenster darf Kauflust wecken.

In Corona-Zeiten hätten viele Hobby-Schneiderinnen mehr Muße, sich an die Nähmaschine zu setzen und brauchten Stoff und Kurzwaren. Die Winterware hat sie noch nicht reduziert, Deptner bietet einen Abhol- und Lieferservice, kostenlos im Umkreis von 15 Kilometern. Bestellt werden kann über alle Kanäle.

Schuhe und Wollpullis müssen raus

Erstmals seit der Geschäftsgründung hat Stefanie Hiller die Preise heruntergesetzt: vor allem für Winterschuhe und Wollpullover. Eigentlich ließe sich ihre Mode das ganze Jahr über kombinieren, sagt die Inhaberin des Lädchens an der Siegburger Mühlenstraße. Doch sie brauche Platz für die Frühjahrs- und Sommerkollektion.

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Das Schaufenster ihres Geschäftes dekoriert Stefanie Hiller oft um, Samstag ist Abholtag. Viele Kundinnen brauchten nicht unbedingt was Neues, berichtet die Inhaberin. Hiller: „Sie wollen sich selbst mal wieder etwas Gutes tun – und auch uns Händlern.“

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