Große Liebe zu alten FliegernOldtimer-Treffen zum 100. Geburtstag von Alfons Pützer

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Bob Brimstead gehört zu den besten Kunstfliegern Europas, gerade steigt er in seine RF 4 ein.

Bob Brimstead gehört zu den besten Kunstfliegern Europas, gerade steigt er in seine RF 4 ein.

Sankt Augustin – Dr. Hanns Jakob Pützer hat es zum 100. Geburtstag seines Vaters Alfons richtig krachen lassen. Aus ganz Deutschland, Italien, Frankreich und der Schweiz waren Flugzeuge zum Flugplatz nach Hangelar gekommen, die der Visionär aus Bonn in den Jahren 1954 bis 1978 gebaut hatte.

Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs nannten die Fournier RF 4 die Messerschmidt für Arme, ein besonderes Kompliment für Motorsegler.

Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs nannten die Fournier RF 4 die Messerschmidt für Arme, ein besonderes Kompliment für Motorsegler.

Vor allem zahlreiche Exemplare seines größten Verkaufserfolges waren darunter: die Maschinen der RF-Serie, die er gemeinsam mit dem französischen Konstrukteur René Fournier entwickelt hatte. Der Mann aus dem Nachbarland wollte sich das Ereignis nicht nehmen lassen. Obwohl 97 Jahre alt, war er der Einladung gefolgt und berichtete über die außergewöhnliche Partnerschaft zwischen einem Deutschen und einem Franzosen.

„Es war die Freundschaft meines Lebens“

Konstrukteur im Cockpit

Noch immer eng verbunden: Dr. Hanns-Jakob Pützer (l.) ist Patenonkel von Pascal Fournier, in der Mitte der 97 Jahre alter Vater René.

Noch immer eng verbunden: Dr. Hanns-Jakob Pützer (l.) ist Patenonkel von Pascal Fournier, in der Mitte der 97 Jahre alter Vater René.

Alfons Pützer, am 3. August 1918 geboren, stammt aus einer Bonner Handwerkerfamilie. Mit zehn Jahren sah er die DO-X, ein großes Wasserflugzeug und wurde von der Fliegerei gepackt. Mit den Brüdern Horten arbeitete er an Nur- und Deltaflüglern. Im Zweiten Weltkrieg studierte und konstruierte er bereits, wurde von der Front zurückgeholt.

Aus der Doppelraab, einem Segelflugzeug, baute er die Moora und startete damit am ersten Tag der eigenen Lufthoheit 1955 zu einem Motorflug. Er entwickelte 1956 die Pützer Elster und bekam einen Auftrag der Bundeswehr für ein Schulungsflugzeug. Seine Grundlagenforschung finanzierte er durch Forschungsaufträge.

Die RF-Serie mit René Fournier war die weitaus erfolgreichste. Sein letztes Modell war die viersitzige RS-180. Danach ging seine Firma Sportavia in der VFW Fokker auf. Pützer starb am 1. August 1993. (rvg)

„Es war die Freundschaft meines Lebens, wir waren verbunden durch unseren Humor“, erzählte der Senior, der eigentlich „was mit Kunst machen“ wollte. Er hat zehn Jahre Geige gespielt und war Keramikkünstler, bis er kleine Flugzeuge gezeichnet hat: „Un avion pour le poet“.

Sein erster Entwurf war die RF01; die RF 3 war das erste Modell, das Pützer nach Deutschland importierte. Das Original war zum Treffen gekommen, die D-KIKI.

Die Haltung der beiden Flugzeugbauer passte zusammen. Sie wollten sparsame, einfache, gleichsam schicke und elegante Flieger bauen, für junge Leute vor allem. Wer beim „Fly In“ nur Veteranen erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt.

Schon am Freitag schwebte eine RF 5, der weiter entwickelte Motorsegler als Doppelsitzer, für den Pützer die eigene Zulassungsklasse K durchsetzte, ein.

Forschung an Hybrid-Triebwerken

Am Steuerknüppel saß Merlin Bülgershausen, der mit Freundin Andrea Homberg gekommen war. Er ist gerade mal 25 Jahre alt, aber schon Fluglehrer. Die Maschine gehört zur Flugwissenschaftlichen Vereinigung an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule, quasi der Burschenschaft für Flieger. Die Mitglieder bauen und entwickeln Segel- und Motorflugzeuge, unterhalten einen eigenen luftfahrttechnischen Betrieb. Alte Damen und Herren ermöglichen vieles finanziell. Ehemalige Mitglieder sind heute leitende Ingenieure in großen Unternehmen der Luftfahrtindustrie. Derzeit forschen sie an Hybrid-Triebwerken.

Jona Keimer (l.) von der Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen fachsimpelt mit Michel Schmitt aus Nordholz.

Jona Keimer (l.) von der Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen fachsimpelt mit Michel Schmitt aus Nordholz.

Eine wunderschön restaurierte Pützer Elster brachte der gerade 19 Jahre alte Michel Schmitt sicher zu Boden. Er kam mit Ludolf Ungerer aus Nordholz, wo mehrere Pützer-Flugzeuge gepflegt werden. Mit der RF 4, dem Nachfolgemodell der RF 3, war Christian Zok aus Mittelhessen gekommen. „Das ist die poor man’s Messerschmidt“, sagte er, die Messerschmidt für Arme. Jagdpiloten des Zweiten Weltkriegs hatten diesen Begriff geprägt, nachdem sie das Fluggerät benutzt hatten. Alfred Scherer hat an seinem Modell sechseinhalb Jahre gebaut. „Da muss man verrückt sein, sonst geht das nicht“, meinte er.

Die zweisitzige RF 5 schwebt über dem Michaelsberg.

Die zweisitzige RF 5 schwebt über dem Michaelsberg.

Martin Birkmann hatte Pützer, Jahrgang 1952, das Gelände seiner Flugzeugwerft zur Verfügung gestellt, nachdem sie die Idee eines Fly-Ins zum 100. Geburtstags ausgebrütet hatten. Es entwickelte sich zu einem Treffen von Freunden und Begeisterten. Als sich neun Maschinen auf den Weg zum Start machten, war Pützer junior, der am Morgen noch vor großem Publikum einen Vortrag gehalten hatte, gerührt. „Mir stehen die Tränen in den Augen“, sagte er, als er die von seinem Vater gebauten Schönheiten zum Ausflug über die Eifel zum Take off rollen sah.

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