Abo

Vorwurf der VergewaltigungSankt Augustiner täuscht vor Gericht Krebs-Erkrankung nur vor

Lesezeit 3 Minuten
Ein Staatsanwalt sitzt im Landgericht hinter einem Stapel Akten.

Ein Stapel Akten vor Gericht: In Sankt Augustin hatte ein Angeklagter einige Dokumente gefälscht (Symbolbild).

Ein Familienvater aus Sankt-Augustin ist wegen Vergewaltigung angeklagt. Vor Gericht gab er an, todkrank zu sein. Das stellte sich nun allerdings aus Lüge heraus – es ist nicht die einzige des Angeklagten.

Er habe nur noch wenige Monate zu leben, beteuerte der Familienvater aus Sankt Augustin. Die Bonner Staatsanwaltschaft hatte ihn wegen zweifacher Vergewaltigung seiner Ehefrau sowie wegen gefährlicher Körperverletzung im Frühjahr angeklagt. Er leide an einem aggressiven Krebs im fortgeschrittenen Stadium, führte der 37-Jährige weiter aus.

Um dies zu belegen, hatte der Angeklagte zwei ärztliche Atteste der Uniklinik Bonn vorgelegt. Darin bestätigten die Mediziner, dass „die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt“ und seine Lebenserwartung kurz sei. Deshalb beantragte der Verteidiger des 37-Jährigen die Einstellung des Verfahrens. Sein Mandant sei schlichtweg nicht verhandlungsfähig.

Das Bonner Landgericht jedoch misstraute dieser Argumentation und fragte bei der Uniklinik nach. Die eindeutige Antwort lautete: Dieser Patient sei dort nicht bekannt, die ärztlichen Dokumente seien gefälscht. Der Anwalt des Angeklagten legte daraufhin sein Mandat nieder, weil er sich ebenfalls hinters Licht geführt fühlte.

Angeklagter aus Sankt Augustin ist seit Juli in Untersuchungshaft

Wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr wurde Haftbefehl gegen den Sankt Augustiner erlassen; seit Ende Juli 2022 sitzt der Mann hinter Gittern. Vor der zehnten Großen Strafkammer muss der 37-Jährige sich derzeit – mit neuem Verteidiger – dem Prozess stellen, vor dem er sich drücken wollte.

Die Anklage wirft ihm zwei brutale Vergewaltigungen im Herbst 2014 und im Februar 2021 vor. Beim ersten sexuellen Übergriff soll er die heute 34-Jährige im Kinderzimmer gewürgt haben, bis ihr schwarz vor Augen wurde. Im zweiten Fall soll er seine Ehefrau geschlagen, sie bäuchlings bis zur Atemnot in den Boden gedrückt haben; anschließend habe er sie mit einer Plastikkratzbürste in Form einer Skeletthand geschlagen und damit auch vergewaltigt.

Für den Sommer 2019 wird ihm noch eine weitere Körperverletzung vorgeworfen, bei der er den Kopf seiner Ehefrau mit Wucht gegen die Duschwand geschlagen haben soll.

Falsche Arzt-Atteste ursprünglich für Familienverfahren entwickelt

Nach der letzten angeklagten Vergewaltigung im Februar 2021 flüchtete die Frau eines Nachts mit ihren drei Kindern im Alter zwischen vier, acht und neun Jahren ins Frauenhaus. Alle Versuche des Mannes, wieder mit seiner Familie in Kontakt zu kommen, sind seither unterbunden.

Die Fälschungen der Arzt-Atteste habe er ursprünglich für das Familienverfahren entwickelt, um den Umgang mit seinen Kindern zu erzwingen, erklärte der Mann in seiner Einlassung vor Gericht.

Nicht nur als todkranker Mann war der Angeklagte aufgetreten. Auch seinen Lebenslauf soll der Mann manipuliert und sich mit einem gefälschten Fachabitur sowie Bachelor-Abschluss aufgewertet haben. Damit war es dem 37-Jährigen gelungen, einen steilen Aufstieg vom einfachen Mitarbeiter zum Abteilungsleiter einer großen Firma hinzulegen.

Die beiden ihm zur Last gelegten Vergewaltigungen bestreitet der 36-Jährige, seine Ehefrau habe sie frei erfunden. Deshalb muss die Mutter der drei Kinder die angeklagten Taten ausführlich als Zeugin schildern. Der Prozess wird fortgesetzt.

KStA abonnieren