Lieber shoppen als umtauschenErster Verkaufstag nach Weihnachten in Sankt Augustiner Shopping-Welt

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Eine Frau in der Sankt Augustiner Shopping-Welt steht im Dezember 2022 auf einer Rolltreppe.

Der erste Einkaufstag nach Weihnachten in der Sankt Augustiner Shopping-Welt verlief für die meisten Ladenverkäufer und -verkäuferinnen entspannt.

Nach Weihnachten ist in der Sankt Augustiner Shopping-Welt viel los. Verkäufer und Verkäuferinnen bemerken große Veränderungen im Konsumverhalten.

Die Weihnachtsgeschenke waren eine Punktlandung. „Man klopft ja vorher schon mal“, sagt Anja Breuer. Mit Tochter Annalena schlendert sie durch Geschäfte in der Sankt Augustiner Shopping-Welt.

Die beiden sind gern gemeinsam unterwegs, stöbern und schauen, schätzen das Erfühlen der Ware, bevor es damit an die Kasse geht. Umtausch ist daher für die beiden kein Thema, und die Auswirkungen der kostenfreien Retouren kennt Anja Breuer gut.

Zeit für den Umtausch: Freiwillige Leistung

In ihrem Bezirk in Holzlar sammelt die Zustellerin eines Logistik- und Paketdienstleisters Retouren ein. Ab heute rechnet sie allein in ihrem vergleichsweise kleinen Gebiet mit 50 bis 70 Paketen, die täglich zurück an ihren Absender gehen. Eine Höchstmarke und als solche typisch für die ersten Tage nach dem Weihnachtsfest.

Christina Lehser und ihre Kolleginnen hatten besonders wenig mit Umtauschgeschäft zu tun. Gerade einmal eine Kundin hatte bis Dienstagmittag das Juwelierfachgeschäft betreten, um kleine gegen größere Kreolen auszutauschen. „Das ganz große Umtauschen findet nicht statt“, sagt die erfahrene Fachverkäuferin.

Dabei hätte die Kundin, in diesem Fall, noch bis Ende Januar Zeit für den Umtausch gehabt. Denn bis dahin räumt der inhabergeführte Betrieb dieses Recht ein; übrigens – was viele Endkunden nicht wissen – eine rein freiwillige Leistung. „Je besser die Beratung, desto weniger Rückläufe“, diese Erfahrung hat Lehser in 14 Berufsjahren gemacht.

Ein Fazit, zu dem auch Lothar Kunz kommt. In der Sankt Augustiner Geschäftswelt gehört er mit mehr als 45 Berufsjahren zu den „alten Hasen“, und das im besten Sinn. Ansturm auf die Filialen in Sankt Augustin-Ort und Hangelar nach Weihnachten kennt er nicht.

Lothar Kunz, hier in seinem Laden in der Sankt Augustiner Shopping-Welt im Dezember 2022, setzt auf Beratung.

Je besser die Beratung, desto weniger Rücklauf, weiß Lothar Kunz.

Selbstbewusst vertritt der als „Mehrgenerationen-Optiker“ bekannte Sankt Augustiner seine Prinzipien: „Es ist nicht in Ordnung, wenn jemand eine kostenfreie Serviceleistung von uns erwartet für Sachen, die im Internet erworben wurden.“

Zeiten nach der Corona-Pandemie: „Alle schauen ein bisschen mehr aufs Geld“

Gar nichts hatte am Dienstag Valli Kosomi mit Kundinnen zu tun, die statt ihres Geschenks gern etwas anderes im heimischen Kleiderschrank sähen. Als Verkäuferin in der Damenboutique „La Strada“ setzt auch sie auf Beratung, „dann kommt nur wenig zurück. Und wenn, dann sind es meist jüngere Frauen, die die gesetzlichen Regeln nicht kennen“.

Dabei weise sie genau darauf stets hin, und auch auf einem Schild an der Kasse informiert über die Kulanzregel: „Nicht reduzierte Kleidungsstücke können bis zu zwei Wochen gegen Gutschrift oder Ware ausgetauscht werden.“

„Alle schauen ein bisschen mehr aufs Geld.“ Jutta Bornkessel wundert sich nicht über eine Konsumfreude, die längst nicht herankommt an Zeiten vor der Corona-Pandemie.

Jutta Bornkessel, hier in ihrem Laden in der Sankt Augustiner Shopping-Welt im Dezember 2022

Umtausch macht nur einen kleinen Teil von Jutta Bornkessels Geschäft aus.

Andererseits finde das klassische Umtauschgeschäft auch in Hennefer Fachgeschäften für Geschenkartikel nicht so statt wie wohl in Großstädten. So gibt’s in der „Wundertüte“ zwar einen Gutschein oder einen Ersatzartikel, aber das ist nur selten nötig. Im Gegenteil: „Viele kommen und kaufen ganz neue Dinge.“

Zwei Wollknäuel zurück in die Auslage. Das ist die Bilanz von Angelika Schmidt am ersten Geschäftstag nach Weihnachten. Seit 1985 eröffnete sie ein Fachgeschäft für Woll- und Strickwaren am Hamacher-Platz, zog 1987 an die Troisdorfer Kö.

Umtausch nach Weihnachten sei auch bei ihr ein nur kleines Thema, „wir haben sehr freundliche Kundschaft, die für gute Beratung dankbar ist“, berichtet Verkäuferin Özgul Türkmen. Inhaberin Schmidt bewegen vielmehr die Folgen der Corona-Krise: Zwar gingen die Menschen ohne Maske wieder mehr und entspannter einkaufen, „die Umsätze von 2019 haben wir aber nicht erreicht“.

Verband fordert, „den lokalen Einzelhandel zu stützen“

Schmidt bestätigt damit eine Aussage des Einzelhandelsverbandes Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen. Dessen Vorsitzender Jannis Vassiliou fordert die Städte und Gemeinden zum Handeln auf. Während die größeren Städte und ihre Einzelhandelsunternehmen zufriedenstellende Kundenfrequenzen und Umsätze vorweisen könnten, hätten es kleinere Kommunen schwerer, sagt der Vorstandsvorsitzende.

„Um so wichtiger ist es, und an dieser Stelle sind auch die Kommunen selber gefragt, den lokalen Einzelhandel zu stützen und zu stärken. Ohne den Einzelhandel keine vitalen und vollen Innenstädte.“ Doch was könnte den Handel stützen und stärken?

Schmidt und ihre Kollegin Silvia Beyer, Inhaberin des Feinkostgeschäftes Akzente, sehen es pragmatisch, gerade mit Blick auf das zurückliegende Weihnachtsgeschäft. Beide wünschen sich mehr Aufenthaltsqualität, dass die Stadt freundlich, sauber und einladend wirke. Lieblos herumstehende wie ungeschmückte Tannenbäume an Straßenlaternen seien dagegen keine Visitenkarte. Da müsse mehr passieren – alle seien gefragt.

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