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GenerationswechselSeit 100 Jahren gibt es preiswerte Wohnungen in der Baugenossenschaft Sankt Augustin

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Am Jesuitenhof 6 in Sankt Augustin-Niederpleis entstehen vier moderne Wohnungen der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Sankt Augustin.

Am Jesuitenhof 6 in Sankt Augustin-Niederpleis entstehen vier moderne Wohnungen der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Sankt Augustin.

Die Genossen zahlen einen Durchschnittspreis kalt von 6,26 Euro pro Quadratmeter. Jetzt steht ein Generationenwechsel an.

Ein Bürgermeister, Eberhard von Claer, ein Architekt, Fritz Becker, und ein Sägewerk-Besitzer, Peter Buchen, gründeten vor 100  Jahren die Gemeinnützige Baugenossenschaft Sankt Augustin (GBG). Ziel war es, wie es noch heute in der Satzung steht, „eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung“ für die Mitglieder zu schaffen. 

Inzwischen vermietet die GBG rund 500 Wohnungen an ihre Genossenschaftsmitglieder „zu einem Durchschnittsmietpreis von 6,26 Euro kalt pro Quadratmeter“, wie es Thilo Bremer mitteilt. Er ist seit 1. April dieses Jahres als Nachfolger von Ralf Baldauf geschäftsführender Vorstand der GBG. „Ich konnte eine wirtschaftlich gut aufgestellte Baugenossenschaft übernehmen“, betont er. Rund 40 Prozent des Wohnungsbestandes der GBG sind öffentlich gefördert. „Damit kann die GBG auch Personenkreise mit geringem Einkommen zu günstigen Mietkonditionen mit attraktivem Wohnraum versorgen.“

In Sankt Augustin zahlen die Mieter der Baugenossenschaft im Schnitt 6,26 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter

„Im Zuge von Mieterwechseln passen wir bei frei finanzierten Wohnungen die Miete an das aktuelle Marktniveau an“, erläutert Bremer. Ziel sei es, dass die Genossenschaft weiter wirtschaftlich stabil bleiben könne. Das sei der soziale Auftrag: wohnen zu angemessenen Bedingungen. Wer Mitglied werden will, muss für 300 Euro einen Anteil kaufen, um das Recht auf eine Wohnung zu erwerben. Rund 1000 Bewohner profitieren zurzeit davon. Fünf Vollzeitbeschäftigte arbeiten zurzeit im Büro am Kamillenweg 12.

Thilo Bremer ist seit 1. April 2025 geschäftsführender Vorstand der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Sankt Augustin.

Thilo Bremer ist seit 1. April 2025 geschäftsführender Vorstand der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Sankt Augustin.

Für den Bezug einer Wohnung müssen – je nach Wohnungsgröße – weitere vier Anteile gezeichnet werden. Der Anteilsgesamtwert für die Anmietung einer Wohnung entspricht damit 1500 Euro. Hinzu kommt eine einmalige Aufnahmegebühr von 20 Euro. Eine Wohnung bekommt man aber nur, wenn etwas frei wird. „Die Geschäftsanteile erwirbt man üblicherweise im Zuge des Mietvertragsabschlusses, der bei Genossenschaften übrigens Dauernutzungsvertrag heißt“, erklärt Bremer. Bei angemessener Anzahlung sind satzungsgemäß sogar Ratenzahlungen von mindestens 30 Euro pro Monat möglich, sofern der Vorstand das genehmigt. Eine Kaution, wie sonst üblich, müssen die Genossenschaftsmitglieder nicht entrichten.

Die meisten unserer Miethäuser wurden in den 1960er und 70er Jahren nach dem Motto quadratisch, praktisch, gut gebaut
Thilo Bremer, Vorstand der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Sankt Augustin

Eine Vielzahl der Mieter bei der GBG ist schon im Rentenalter, langfristig steht daher im Wohnungsbestand ein Generationenwechsel bevor. Kündigungen gibt es eher wenige. „Die Verweildauer in unseren Wohnungen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, sagt Bremer. Nach dem Auszug kommen meist die Handwerker, um den technischen Standard in den Wohnungen auf das heutige Niveau anzupassen. „Die meisten unserer Miethäuser wurden in den 1960er und 70er Jahren nach dem Motto quadratisch, praktisch, gut gebaut“, schildert Bremer. Die große Herausforderung liege daher darin, wie bei vielen Wohnungsgenossenschaften, die wirtschaftliche Sanierung des Wohnungsbestandes zu bezahlbaren Konditionen für die Mitglieder sicherzustellen.

Am früheren Bürostandort in der Uhlandstraße wurde diese Tafel zum 50-jährigen Bestehen der Genossenschaft platziert.

Am früheren Bürostandort in der Uhlandstraße wurde diese Tafel zum 50-jährigen Bestehen der Genossenschaft platziert.

Da müsse gut kalkuliert werden. „Gutes Wohnen zu fairen, aber auch unternehmerisch verantwortbaren Bedingungen, ist die Aufgabe der GBG“, betont Bremer. „Wir müssen auch noch im Jahr 2050 attraktiv für unsere Mieterinnen und Mieter sein.“ Deshalb gehe es in den kommenden Jahren um „kluge Investitionen. Erhaltung des Bestandes, aber auch Neubautätigkeit werden Kernaufgaben der kommenden Jahre sein“.

Vielleicht könne man durch Verdichtung im Bestand noch das ein oder andere Haus auf Grundstücken bauen, die schon im Besitz der GBG seien. Auch der Zukauf von Grundstücken könne eine Option darstellen, um den weiter hohen Bedarf an attraktivem und bezahlbarem Wohnraum auch in Zukunft bedienen zu können. Mit dem Neubauprojekt „Am Jesuitenhof 6“ wurde im August dieses Jahres begonnen. Dort entstehen vier frei finanzierte Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von rund 320 Quadratmeter. Bremer: „Wir gehen heute von einem Erstbezugstermin im Sommer 2026 aus.“ 

Ich bin selbst in einer öffentlich geförderten Wohnung groß geworden
Thilo Bremer, Vorstand der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Sankt Augustin

Bremer ist vom Modell des genossenschaftlichen Wohnens zu fairen Preisen überzeugt. „Ich selber bin in einer öffentlich geförderten Wohnung groß geworden“, erzählt der 44-Jährige. Nach der Schule folgte eine Ausbildung bei der Gewog Porzer Wohnungsbaugenossenschaft mit späterer Übernahme und einer Fortbildung zum Diplom Immobilienwirt. Nach dem Wechsel zur Strabag in Köln war er dort als Leiter für die Bestandsimmobilienverwaltung verantwortlich. Nach 17 Jahren wollte Bremer aber zurück in die Wohnungswirtschaft.

„Eher durch Zufall hatte ich die Stellenanzeige im Dezember 2024 gelesen und mich beworben“, berichtet er. Nach einem Vorstellungsgespräch mit der Aufsichtsratsvorsitzenden Anke Riefers und ihrem Stellvertreter Klaus Schumacher sei alles recht schnell gegangen. Bremer betont, er sei froh, nach dem gewinnorientierten Arbeiten in einem Weltkonzern jetzt bei der GBG eine „sinnstiftende Tätigkeit“ mit großem Gestaltungsspielraum zu haben.