Im Video festgehaltenSchock nach dramatischem Busunglück in Sankt Augustin sitzt tief

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Die Scherben der Schaufensterscheibe flogen bei dem Aufprall durch den gesamten Kioskraum in Sankt Augustin.

Die Scherben der Schaufensterscheibe flogen bei dem Aufprall durch den gesamten Kioskraum.

Ein Bus hat am Montag schwere Zerstörungen an einer Moschee und einer Ladenzeile in Sankt Augustin angerichtet. Auch am Tag danach sitzt der Schock bei den Betroffenen tief.

Am Tag nach dem dramatischen Busunglück in Niederpleis wird das Ausmaß der Schäden deutlich. Über Nacht wurden die Schaufenster der betroffenen Ladenlokale notdürftig mit Brettern verrammelt. Es wird lange dauern, bis alle Gebäudeteile wieder in Stand gesetzt sind. Trotzdem sind Ladeninhaberinnen und -inhaber froh, dass niemand schwer verletzt wurde.

Am Montag hatte ein Linienbus zuerst ein Taxi gerammt, dessen Fahrer sich im letzten Moment mit einem Sprung retten konnte, und danach zahlreiche Geschäfte in der Ladenzeile beschädigt.

Sankt Augustin: Bus drückte Fassade des Ladenlokals komplett ein

Die Gasse, durch die der Bus gerast ist, sieht wüst aus. Lange Alu-Verkleidungen liegen herum, ebenso Trümmer, Scherben,   ein Oberlicht des Busses. Passantinnen und Passanten begutachten die Schäden. Ein Stahlträger an der Ecke des Kiosks ist eingedrückt, ebenso die komplette Fassade eines Ladenlokals.

In Asllan Asllanajs Kiosk ist der Unfall noch immer Thema. Gestikulierend berichtet der 62-Jährige seinen Kunden, was er am Vortag gesehen hat, und zeigt das Video der Überwachungskamera. Darauf ist zu erkennen, wie der Bus Am Engelsgraben entlang fährt und mitten im Kreisverkehr plötzlich beschleunigt. Binnen Sekunden schießt das Gefährt über den Parkplatz, rammt ein Taxi und Asllanajs Transporter, bevor es in der Toreinfahrt einschlägt.

Der 62-Jährige stand gerade am Kaffeeautomaten neben der Tür. „Wenn der Bus gegen die Fensterfront gefahren wäre, hätte er mich voll getroffen. Ich wäre wahrscheinlich unter den Trümmern der Decke begraben worden.“

Neben der Moschee des Marokkanischen Kulturvereins liegt ein Schutthaufen

Asllanaj ist seit 20 Jahren an der Ecke tätig, erst im Frühjahr sei er in das jetzige Ladenlokal gezogen, erzählt er. Aufwendig hatte er renoviert. Jetzt ist die Ecke mit Brettern abgedichtet. Dies habe am späten Abend eine Firma im Auftrag des Vermieters erledigt. Der Kioskbesitzer ist froh, dass seine Waren wieder sicher sind. „Wenn wenigstens auch die Scheibe heil wäre – die Heizung ist ja auch kaputt, den ganzen Tag stehe ich hier mit Jacke.“ Er fürchtet eine lange Reparatur und hohe Kosten auch für ihn selbst.

In einem Durchgang neben der Moschee des Marokkanischen Kulturvereins liegt ein Schutthaufen, anderthalb Meter hoch. Die Arbeiter haben in der Nacht die   Wand herausgebrochen, um den Fenstersturz abstützen zu können. Wenn der Fuß der Wand nicht aus Beton wäre, wäre der Bus noch weiter im Gebäude gelandet, vermuten die Vereinsmitglieder.

Erst an der Frontwand einer Moschee eines Marokkanischen Kulturvereins in Sankt Augustin kam der Linienbus am Montag zum Stehen.

Erst an der Frontwand einer Moschee (hinten) kam der Linienbus am Montag zum Stehen.

Der Raum hinter der Wand ist nicht mehr nutzbar. Hier beteten die Frauen, es fand Unterricht statt, auch eine Küche gibt es. Alles das falle nun aus. In dem Raum liegt Werkzeug, die Heizkörper sind entfernt worden, der Teppich ist durch das geplatzte Heizungsrohr triefend nass. Der Gebetsraum war zum Zeitpunkt des Unglücks um 9.20 Uhr leer. Mittags wären dort Menschen gewesen.

Sankt Augustin: Busfahrer war nach dem Unfall völlig aufgelöst

Violetta Alieva arbeitet im Hundesalon ihrer Mutter und hat das Unglück miterlebt. Der Schock sitzt tief. „Meine Mutter hat das noch mehr mitgenommen. Ich stand am Fenster und habe mich nach vorne gebeugt, um zu sehen, wo der Krach herkommt. Da sah ich schon den Bus heranrasen, ich bin zur Seite gesprungen und habe meine Mutter weggeschubst.“

Die Fahrgäste hätten sich festgehalten, das habe sie sehen können. Der Busfahrer sei nach dem Unfall völlig aufgelöst gewesen. Alieva: „Der hat tausendmal gerufen, dass die Bremsen nicht gingen.“

Das Geschäft bleibt vorerst geschlossen. Vielleicht könne der Salon vorübergehend in ein Ladenlokal nebenan umziehen, das heil geblieben ist. Doch Mutter und Tochter müssten das Geschehen erst einmal verarbeiten: „Ich bin schwanger. Das war gestern einfach viel zu viel.“

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