270 ortsansässige Unternehmen wären betroffen – Bürgermeister Max Leitterstorf sieht neues „Bürokratiemonster“.
Vorlage für den AusschussVerpackungssteuer in Sankt Augustin nicht beliebt

Einwegverpackungen werden achtlos in die Umwelt geworfen - wie hier an der Einsteinstraße in Sankt Augustin.
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In Sankt Augustin wird es erst einmal keine Verpackungssteuer geben. Das schlägt die Verwaltung in einer Vorlage an den Finanzausschuss des Rates vor, der am 11. September 2025 im Technischen Rathaus tagt. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 22. Januar 2025 die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer als rechtmäßig bezeichnet. Deshalb hatte dies nun die Stadtverwaltung geprüft.
270 ortsansässige Unternehmen wären von der Steuer betroffen, die auf Einweg-Verpackungen und -Besteck erhoben werden könnte; auch von Tankstellen und Kiosken. Sie müsste zudem bei Festen und Brauchtumsveranstaltungen erhoben werden, so die von Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf als Verwaltungschef unterschriebene Vorlage. Nur mit einer entsprechenden Ausnahmeregelung könnten zum Beispiel Vereine davon befreit werden.
In Tübingen muss der Verkäufer die neue Verpackungssteuer an die Stadt abführen
Die Stadt Tübingen hatte diese Steuer im Jahr 2022 eingeführt. Für jede Einwegverpackung und Einweggeschirrteil sowie sonstige Einweglebensmittelverpackung wurden 0,50 Euro angesetzt, für ein Set Einwegbesteck 0,20 Euro. Zur Zahlung wurde der Endverkäufer von Speisen und Getränken verpflichtet, der diese Steuer auch auf seine Produkte umlegen kann.
Befreit von der Verpackungssteuer wurden in Tübingen Endverkäufer, die Einwegverpackungen und -bestecke am Ort der Abgabe zurücknehmen. Auch bei Märkten oder Festen und zeitlich befristeten Veranstaltungen, an denen Endverkäufer an nicht mehr als zehn Tagen im Jahr Speisen und Getränke verkaufen, wurde die Steuer nicht fällig. Das sind zum Beispiel Vereinsfeste, auf denen von Mitgliedern selbst gebackener Kuchen angeboten wird. Fahrende Händler, die dort auch Speisen anbieten, sind jedoch von der Steuer betroffen. Somit gäbe es zwei Regelungen auf einer Veranstaltung.
Da bereits andere Kommunen - auch in Rhein-Sieg-Kreis - beschlossen haben, keine Verpackungssteuer einzuführen, schlägt die Verwaltung vor, erst einmal abzuwarten. Das hat praktische Gründe. Da für das gleiche Produkt in der Nachbarkommune unter Umständen keine Verpackungssteuer bezahlt werden müsse. Zudem müssten die Anbieter Zeit für die Umstellung auf Mehrweggeschirr oder Besteck bekommen. Das koste ebenfalls viel Zeit.

Verpackungsmüll im Parkhaus unter dem Karl-Gatzweiler-Platz im Zentrum von Sankt Augustin.
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Abschließend weist die Verwaltung darauf hin, dass sie bis jetzt noch keine Studie kenne, dass die Verpackungssteuer tatsächlich eine Müllverminderung bewirke. Ein messbares Ergebnis hätte auch in Tübingen nicht bestätigt werden können. Da es sich um eine Steuer handelt und nicht Pfand auf die Verpackung erhoben werde, würden auch Einwegverpackungen vermutlich in gleicher Weise wie bisher von den Verbraucherinnen und Verbrauchern entsorgt werden.
Bürgermeister Max Leittersttorf sieht in der Steuer für Verpackungen ein neues „Bürokratiemonster“
Bürgermeister Leittersttorf hatte schon im Januar erklärt, dass die Verpackungssteuer für ihn „nicht vorstellbar“ sei. Gerade die Bäckereien litten unter den hohen Energiepreisen. Der Verkauf belegter Brötchen sei eine wichtige Zusatzeinnahme. Leitterstorf setzt auf Recup-Systeme. Einen Kaffee-to-go im Pfandbecher ist für ihn eine umweltfreundliche Lösung. Er könne zum Beispiel im Auto auf dem Weg zur Arbeit getrunken und der Becher beim nächsten Besuch in der Bäckerei umgetauscht werden.
Die Einführung der Verpackungssteuer würde zudem zwei neue Planstellen in der Verwaltung in Sankt Augustin nach sich ziehen. „Mindestens 100.000 Euro kostet das im Jahr“, rechnete Kämmerin Claudia Seidl vor. „Wir schaffen mit dieser Steuer ein neues Bürokratiemonster“, gab Leitterstorf zu bedenken. Er habe ausgerechnet, dass allein in den Kommunen von NRW rund 800 Stellen deswegen neu entstünden. Der Bürgermeister plädiert dafür, die Regelung gewissenhaft zu überdenken. Das soll im Ausschuss diskutiert werden.