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50 Jahre VHS Rhein-SiegRanga Yogeshwar nimmt die Zukunft der Bildung in den Blick

Lesezeit 3 Minuten
Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar (rechts) mit Holger Hansen, Leiter der VHS Rhein-Sieg, vor dem Rhein-Sieg-Forum.

Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar (rechts) mit Holger Hansen, Leiter der VHS Rhein-Sieg, vor dem Rhein-Sieg-Forum.

Der Wissenschaftsjournalist wird zur Jubiläumsfeier im Rhein-Sieg-Forum erwartet.

„Freu Dich auf Kaufhof Siegburg – Parken und Einkaufen mitten in der Stadt“, das war 1974 auf dem ersten Programmheft der VHS Rhein-Sieg zu lesen. Doch während es den Kaufhof nicht mehr gibt, feiert die Volkshochschule mit zwei Jahren Verspätung am 2. September ihr 50-Jähriges und blickt in die Zukunft: Zu Gast im Rhein-Sieg-Forum ist Ranga Yogeshwar mit dem Vortrag „Emils Welt – Eine Gesellschaft im Wandel“. Emil ist der Name eines der vier Enkelkinder des Wissenschaftsjournalisten.

„Wenn man lernt, bleibt man offen“, sagt Yogeshwar im Gespräch mit VHS-Leiter Holger Hansen, wobei gar nicht so wichtig sei, ob man sich dabei mit Sprachen oder Kalligrafie beschäftige. In der VHS ergebe sich in jedem Fall ein Gemeinschaftserlebnis und sogar eine Antwort auf die Frage „Was ist die Stadt“, wenn Einzelhandelsgeschäft nicht mehr den Stellenwert hätten wie noch vor einigen Jahren. Auch Bibliotheken könnten in dieser Hinsicht einen neuen Stellenwert bekommen.       

Lernbegleiter statt Wissensvermittler gefragt

Prägend wird nach Yogeshwars Einschätzung die Rolle von Künstlicher Intelligenz sein, eine der neuen Selbstverständlichkeiten, mit der die junge Generation aufwachse, neben sprechenden Apparaten, einer neuen Medizin sowie vernetzten Medien. In den Schulen werde sich die Rolle der Lehrer ändern, weg von Wissensvermittlern hin zu Lernbegleitern.

Yogeshwar kann der Künstlichen Intelligenz einiges an Positivem abgewinnen, macht aber auch auf einen Unterschied zwischen althergebrachtem Lernen und einer KI-Abfrage aufmerksam: Während das eine ein Prozess sei, mit der Möglichkeit aus Fehlern zu lernen, gehe es beim anderen, der KI, um ein Endergebnis. Auch die sei aber verbunden mit einer Riesenchance: die Angst zu verlieren, etwas nicht verstanden zu haben. Lernen könne seine reine Zweckorientierung verlieren und zu etwas werden, das schlicht Freude bereitet.       

50 Jahre VHS, 100 Programmhefte, Leiter Holger Hansen und Jenny Kowalczyk, zuständig für Digitale Bildung und Kommunikation

50 Jahre VHS, 100 Programmhefte, Leiter Holger Hansen und Jenny Kowalczyk, zuständig für Digitale Bildung und Kommunikation

„Die Generation, die jetzt geboren wird, wird als Gegenwart erleben, was wir jetzt als Zukunft sehen“, so Yogeshwar. Es werde Fragestellungen geben, die man derzeit noch gar nicht denken könne: etwa, wenn die medizinische Diagnostik dank KI so weit komme, dass es möglich werde, das eigene Todesdatum zu erfahren. „Was wird das mit uns machen?“, fragt Yogeshwar.

Bereits jetzt sei es üblich, dass KIs unter dem Stichwort Alignment nach Werten ausgerichtet werden, wobei eine zweite KIs als zusätzliche Instanz zugeschaltet werden. Das aber sei nicht transparent, und Werte zudem abhängig von ihrer jeweiligen Zeit und der dazugehörigen Kultur. Zu rechnen sei auch damit, dass die USA von Präsident Trump schlicht die digitale Infrastruktur ausschalten könnten: Europa müsse sich ein Bezug auf Digitalisierung und KI „auf die eigenen Füße stellen“, mahnt Yogeshwar.     

Schritt zurück nach vorn am eigenen Küchenherd

Bei Lernen und Bildung könne es aber auch eine Entwicklung nach dem Prinzip „Schritt zurück nach vorn“ geben, wie Yogeshwar sie beim Kochen verzeichnet: So liefere die Industrie zwar Convenience-Produkte jeglicher Art, gleichwohl aber schätzten immer mehr Menschen aber das Erleben und Spüren am eigenen Herd.

Ähnliches berichtet Holger Hansen. So habe die VHS in der Coronapandemie eine Hochzeit von Online-Angeboten erlebt, derzeit aber machten diese lediglich acht Prozent der Veranstaltungen aus. Töpferkurse seien stark nachgefragt, auch Kurse zu Achtsamkeit und Yoga, um die persönliche Resilienz zu stärken. Das sieht er nachgerade als Aufgabe der Volkshochschule: „Menschen in dieser verrückten Zeit stark zu machen.“   

Die Jubiläumsfeierlichkeiten waren durch die Sanierung des VHS-Studienhauses an der Humperdinckstraße verzögert worden. Holger Hansen geht davon aus, dass die neuen Räume zu Beginn des kommenden Semesters genutzt werden können. Auf den Abend mit Ranga Yogeshwar freue sich „das ganze VHS-Team“. 

Ranga Yogeshwar beginnt seinen Vortrag „Emils Welt – Eine Gesellschaft im Wandel“ am Dienstag, 2. September, um 18 Uhr. Vorgesehen sind zudem Grußworte und ein Musikprogramm. Karten zum Preis von fünf Euro gibt es bei Eventim und im Stadtmuseum Siegburg am Markt.